Steiermark: Jetzt kommen tiefgreifende Strukturmaßnahmen bei Spitälern

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Autor: Scho

Bei der steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) wird es in den kommenden Monaten zu tiefgreifenden Umstrukturierungen kommen: Aufgrund des Personalmangels sehe sich die Leitung dazu gezwungen, neue Verbünde zu gründen und Leistungen von manchen Krankenhäusern in benachbarte Spitäler zu verlegen. Zugleich tritt mit 1. September ein neues Gehaltsschema für sämtliche KAGes-Mitarbeitende in Kraft und bringt für viele Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich.

Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sprach bei der Präsentation der Pläne in Graz von einem „großen Wurf“ für die Steiermark. Hintergrund sind der zunehmende Personalmangel, vor allem im Bereich der Pflege. Dadurch kam es zu teils langen Wartelisten für planbare Operationen, verschobene OP-Termine und Unsicherheiten bei den Dienstplänen. Besonders prekär wurde die Situation nach der Corona-Pandemie und eine Aussicht auf Besserung sei aufgrund der demografischen Entwicklung nicht abzusehen.

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), Gesundheitslandesrätin: „Das ist die Zukunft der Medizin.“

Das Ziel der strukturellen Maßnahmen, die teilweise schon begonnen haben, sei Dienstplansicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Versorgungssicherheit für Patientinnen und Patienten sowie auch eine Qualitätssteigerung, so Bogner-Strauß. Grundsätzlich sollen die insgesamt 21 Spitalsstandorte der KAGes in Häuser für planbare Eingriffe und Krankenhäuser mit Angeboten für kaum planbare und akute Eingriffe aufgeteilt werden. „Wir haben dafür mehrere Werkzeuge gefunden“, sagte die Gesundheitslandesrätin. Zusätzlich will man in der Grünen Mark mehr als bisher auf Tageskliniken und Wochenkliniken setzen: „Das ist die Zukunft der Medizin“, so Bogner-Strauß.

Spezialisierung, höhere Auslastung der Standorte, mehr Expertise

Die Spitäler werden sich künftig spezialisieren und man hat Schwerpunkte an den Standorten gesetzt. Dadurch erreiche man höhere Fallzahlen, mehr Expertise und somit bessere Ausbildungsmöglichkeiten. Bei einer Reihe von Spitälern wird eine sogenannte zentrale ambulante Erstversorgung (ZAE) eingerichtet: Patienten ohne Termin erhalten dort von einem Allgemeinmediziner eine rasche Einschätzung der Dringlichkeit. So sollen Patienten gezielt entweder in eine spezialisierte Einrichtung oder in den niedergelassenen Bereich weitergeleitet werden. Spitalsambulanzen sollen dadurch nur noch für jene da sein, die wirklich in die Ambulanz müssen.

Für das Personal, das künftig durch die neuen Schwerpunkte möglicherweise zu einem benachbarten Krankenhaus pendeln soll, sind ab 1. September höhere Gehälter vorgesehen. Insgesamt werden pro Jahr 130 Mio. Euro mehr dafür ausgegeben, kündigte Personallandesrat Werner Amon (ÖVP) an. Bisher galt die KAGes als eines der Schlusslichter beim Gehaltsvergleich aller Bundesländer: „Das bringt uns nun in die vordersten Plätze“, so Amon. Es sei das „größte Personalinvestitionspaket in der Geschichte der KAGes“. Mit dem höheren Gehalt will man die Anerkennung der Leistungen und die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstreichen. „Das Paket wird über die Landesgrenzen hinaus ausstrahlen“, war sich Amon sicher. SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz meinte: „Die Loch-auf-Loch-zu-Politik hat damit ein Ende.“ Es sei wichtig, dass man die Wertschätzung nun auch monetär ausdrücke.

Gerhard Stark, KAGes-Vorstandsvorsitzender, sieht „viel Widerspruch und Skepsis“ aber auch „keine andere Wahl“.

KAGes-Vorstandsvorsitzender Gerhard Stark schilderte im Detail, welche strukturellen Maßnahmen teils bis Ende 2023, teils bis März 2024 auf die Spitalsstandorte zukommen und verheimlichte dabei nicht, dass es oft „viel Widerspruch und Skepsis“ gegenüber solchen Pläne gibt, „aber wir haben keine andere Wahl“. Schon bisher gab es in der Steiermark Spitalsverbünde, manche davon werden durch das Hinzuziehen eines weiteren Standorts vergrößert, andere Verbünde entstehen ganz neu. Entscheidend sei laut Stark, dass es bei den Verbünden ein zentrales Ressourcen- und Belegschaftmanagement geben wird, „wie ein kleines Logistikzentrum“.

Zufrieden zeigte sich der KAGes-Zentralbetriebsratsvorsitzende Michael Tripolt, der auch in die Gespräche eingebunden war: „Die Zeit, in der unsere Kolleginnen und Kollegen beim Gehalt auf andere Bundesländern aufblicken mussten, ist endlich vorbei.“ Mit den neuen Gehältern sei man dann „in allen Alters- und Berufsgruppen österreichweit an der Spitze oder zumindest am Stockerl“.

Die FPÖ Steiermark begrüßte die Gehaltserhöhungen ebenfalls, betonte aber, dass diese nur getroffen wurden, weil die Landesregierung „mit dem Rücken zur Wand stehe“, wie Arbeitssprecher Patrick Derler in einer Pressekonferenz am Dienstag schilderte. Auch würden sich durch die Neugestaltung in Verbünden die Wege für Patienten verlängern. Der „Verlierer“ sei demnach der „ländliche Raum“, so der Vizebürgermeister von Mürzzuschlag Arnd Meißl. FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek sagte indes in einer ersten Reaktion, dass „die Freiheitlichen den gesamten Prozess kritisch begleiten werden“. Außerdem seien die Reduktionen letztlich einem massiven Pflegenotstand zuzuschreiben, der von SPÖ und ÖVP maßgeblich zu verantworten sei, so Kunasek.

NEOS kritisieren „Kaschieren“

Ebenfalls kritisierten die NEOS in einer Aussendung, dass die Landesregierung Schließungen mit Zusammenlegungen umgehen will. „Hier kaschiert man die gravierenden Mängel nur, anstatt sie tatsächlich zu beheben“, so NEOS-Klubobmann Niko Swatek. Gleichzeitig fordern NEOS „einen Vollzeitbonus, Aufstockungen von Hilfsdiensten, Belastungszulagen und auch verstärktes Anwerben von qualifiziertem Personal“.

Die Grünen stehen dem Maßnahmenpaket laut einer Aussendung „vorsichtig positiv“ gegenüber. Auch sie begrüßten die Gehaltserhöhungen, betonten aber gleichzeitig, dass es abzuwarten bleibe, ob diese tatsächlich für mehr Dienstplansicherheit und bessere Behandlungsqualität sorgen werden, so Gesundheitssprecher Georg Schwarzl. Klubobfrau Sandra Krautwaschl forderte die Berücksichtigung von Entlastungsdiensten.

Auch seitens der KPÖ wurde kritisiert, dass es durch die präsentierten Maßnahmen zu einer „Versorgungsausdünnung“ komme. Dadurch entstehe für viele Menschen eine „schlechtere Versorgung in Wohnortnähe“, so Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler. Auch sorgte die fehlende Einbindung der Opposition bei der Entwicklung des Maßnahmenpakets für Kritik: „Ein so entscheidendes Paket wird zuerst im stillen Kämmerlein geschnürt, dem Landtag selbst auf Nachfrage nicht einmal Bericht über den Stand der Verhandlungen erstattet und schließlich der breiten Öffentlichkeit vorgestellt, bevor wir als Opposition überhaupt die Möglichkeit haben, im Rahmen eines kurzfristig eingeladenen ‚Hintergrundgesprächs‘ Fragen zu stellen. Das ist eine Missachtung demokratischer Prozesse“.

Zur steirischen Krankenanstaltengesellschaft geht es hier.

(APA/red.)

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