Die Digitalisierung ist der Treiber für die Zukunft der Medizintechnik – so eine zentrale Aussage auf der MedtecLIVE 2022. Medizinische Devices sind heute IT-Geräte; und Fortschritte bei Funktionalität, Workflow-Einbindung, Wartung und mehr basieren auf den Gesundheits- und Gerätedaten, die von diesen Geräten generiert werden. Potenziell sorgt dieses Datenvolumen für eine enorme Menge an Wissen – zum Vorteil der Behandler:innen und Patient:innen ebenso wie der Gerätehersteller. Gelingt es, aus den Daten Wissen zu extrahieren, so lassen sich Prozesse verschlanken, die Diagnose und Therapiestellung verbessern und auch neue Geschäftsmodelle in der Interaktion von Hersteller und Krankenhaus aufbauen.
Gesundheitsdaten sind die Grundlage des Internets der Dinge (IoT, oder Internet of Medical Things, IoMT). Zu den neuen Quellen zählen hier die Medizintechnik ebenso wie beispielsweise patientengetragene Wearables und Sensoren bei Patient:innen zu Hause. Damit sich Nutzenpotenziale ausschöpfen lassen, müssen die Daten bereinigt werden – und die Vielfalt der Formate muss beherrscht werden. Interoperabilität dank Standards wie FHIR ermöglicht hier das Zusammenspiel der Systeme und die Auswertbarkeit für die unterschiedlichsten Zielsetzungen.
Das IoMT steht für die Vernetzung von Daten, Anwendungen und Geräten. „Heute kommunizieren immer mehr Geräte untereinander, und auf Volumendaten basierende Anwendungen der künstlichen Intelligenz erleichtern die Aufgaben der Hersteller“, sagte in Stuttgart Jochen Scharafin von InterSystems. Die Überwachung nach der Inverkehrbringung bietet ein gutes Beispiel: Die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) und die Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR) geben hierzu einen proaktiven und systematischen Prozess vor. Aus Informationen über Medizinprodukten, die in Verkehr gebracht sind, lassen sich erforderliche Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen ableiten. Beim Sammeln und Generieren entsprechender Informationen sollen die Gerätehersteller weitere Marktbeteiligte einbeziehen; daher denken MedTech-Hersteller an den Aufbau von Ökosystemen, die den Austausch von Daten voraussetzen.
„Medizinsysteme erzeugen Daten und tauschen diese aus“, kommentierte in Stuttgart Andreas Bätzel vom ZVEI – Fachverband für Elektromedizinische Technik. „Geräte sind Teil einer Kette im Datenmanagement. Informationssicherheit stellt daher eine grundlegende Anforderung dar.“ Cybersecurity bildet inzwischen eine Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Devices, und sie ist im kompletten Lebenszyklus zu beachten – von der Entwicklung bis hin zur Pflege im Betrieb. Sie erfordert die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Nutzern ebenso wie die Offenheit, Schwachstellen klar anzusprechen und zu beheben.
Prädiktive Wartung ist ein weiteres datenbasiertes Szenario: Die kontinuierliche Abfrage von Leistungsdaten unterstützt die Früherkennung von Performance-Problemen – und ermöglicht es, Wartungsintervalle und -termine aus der Distanz auf die tatsächliche Nutzung hin abzustimmen.
Solche Potenziale sorgen für Aufmerksamkeit bei etablierten Herstellern ebenso wie bei Start-ups. Hier bieten sich attraktive Investitionschancen für den Mittelstand, betonte Vera Knauer vom Investor Rock B(r)and. „Mittelständler sollten bei Investitionen allerdings die Kulturfrage beachten: Scheitern ist bei Jungunternehmen ein reales Risiko“. Nicht nur Geld offerieren, sondern beispielsweise Kompetenz und Netzwerke als Mehrwert auf dem Weg in die Zukunft einbringen, so lautete auf der MedtecLIVE Knauers Vorschlag an Mittelstandsunternehmen.