Obwohl das KI-Textprogramm ChatGPT nicht auf Medizin spezialisiert ist, stellt es laut einer neuen Studie bei Patienten in der Notaufnahme mindestens genauso korrekte Diagnosen wie die Ärzte. Nach Angaben der niederländischen Studienautoren übertraf der Chatbot, der Künstliche Intelligenz (KI) einsetzt, in einigen Fällen sogar die Arbeit der Ärzte – war aber gleichwohl fehleranfällig.
Für ihre Studie untersuchten die Forscher 30 Fälle von Patienten, die im vergangenen Jahr in einer niederländischen Notaufnahme behandelt worden waren. Sie fütterten ChatGPT mit den anonymisierte Patientendaten, Labortests und den Beobachtungen der Ärzte und baten den Chatbot, fünf mögliche Diagnosen zu stellen. Diese verglichen sie dann mit der Diagnoseliste der Ärzte und glichen sie schließlich mit der jeweils richtigen Diagnose ab.
Bei den Ärzten fand sich die richtige Diagnose in 87 Prozent der Fälle unter den fünf Vorschlägen, bei der ChatGPT-Version 3.5 sogar in 97 Prozent der Fälle. „Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass ChatGPT in der Lage war, medizinische Diagnosen vorzuschlagen, ähnlich wie es ein menschlicher Arzt tun würde“, sagte der Notfallmediziner Hidde ten Berg vom Jeroen-Bosch-Krankenhaus in ’s- Hertogenbosch.
Oft „medizinisch wenig plausibel oder widersprüchlich“
Wie auf anderen Gebieten auch, zeigte der Chatbot aber auch einige Schwächen. Manchmal sei die Argumentation des Chatbots „medizinisch wenig plausibel oder widersprüchlich gewesen“, hieß es in der Studie. Dies könne zu „Fehlinformationen oder Fehldiagnosen“ führen – mit entsprechend schwerwiegenden Auswirkungen. Gleichzeitig räumten die Wissenschafter ein, dass die Zahl der untersuchten Fälle sehr niedrig sei. Zudem seien nur einfache Fälle untersucht worden, in denen der Patient nur über ein Hauptproblem geklagt habe.
Die Studie bedeute nicht, dass Computer eines Tages die Leitung der Notaufnahme übernehmen könnten, sagte Mitautor Steef Kurstjens der Nachrichtenagentur AFP. Doch könne Künstliche Intelligenz unter Druck stehende Ärzte bei der Diagnose unterstützen – etwa indem sie „Ideen liefern kann, an die der Arzt nicht gedacht hat“. KI habe das „Potenzial, Zeit zu sparen und damit die Wartezeiten in der Notaufnahme zu verkürzen“, sagte ten Berg.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Annals of Emergency Medicine“ veröffentlicht. Ihre Ergebnisse sollen in der kommenden Woche auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Notfallmedizin (Eusem) in Barcelona vorgestellt werden.
Die Fachpublikation finden Sie hier.
(APA/ag/red.)