Die Zahl der Suizide in Vorarlberg ist 2023 gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Suizidbericht des Arbeitskreises für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) hervor. Als mögliche Ursache für die Steigerung machten die Autoren Reinhard Haller und Albert Lingg sowie Autorin Isabel Bitriol-Dittrich die multiplen Krisen aus, die gerade Kindern und Jugendlichen zusetzen. So begingen 2023 zwei Kinder unter 14 Jahren Suizid.
Im vergangenen Jahr gab es mit 54 Fällen zehn Selbsttötungen in Vorarlberg mehr als im Vorjahr und damit das dritte Jahr in Folge eine Zunahme. Diese Entwicklung müsse aufmerksam beobachtet werden. Weiterhin seien Männer etwa viermal so gefährdet wie Frauen. In den vergangenen Jahren sei konstant die Zunahme von „Kurzschluss-Suiziden“ zu beobachten, gerade bei Männern. Selbsttötungen bei psychischen Vorerkrankungen kamen dagegen dank besserer Behandlung insgesamt seltener vor.
2023 gab es in Vorarlberg auch zwei Kindersuizide, in der Vergangenheit habe man solche Fälle nur alle drei bis vier Jahre zu beklagen gehabt. Gerade in Vorarlberg sei im Österreichvergleich eine deutlich höhere Betroffenheit junger Menschen zu beobachten. Anlaufstellen für Kinder- und Jugendpsychiatrie seien in den vergangenen Jahren verstärkt in Anspruch genommen worden. „Nach unserer Analyse spricht alles dafür, dass der Anstieg der Suizide im Vorjahr mit den Bedrohungsszenarien der letzten Jahre zusammenhängt“, so Studienautor Haller und meinte damit Pandemie, Umweltkatastrophen, Teuerung und Kriege. Politische, arbeitsbezogene und psychosoziale Maßnahmen könnten aber die Auswirkungen auf die Psyche und damit die Suizidzahlen wirksam abfedern. So sei etwa die politische und mediale Vermittlung von mehr Zuversicht wichtig.
Nach einem Höchststand Mitte der 1980er-Jahre hatte die Zahl der Suizide in Vorarlberg, wie in ganz Österreich, um die Hälfte abgenommen. Dazu trugen die Enttabuisierung sowie ein besseres Hilfsangebot bei. In ganz Österreich kam es 2023 zu 1.310 Suiziden, 2022 waren es 1.276, so der Bericht unter Berufung auf die Statistik Austria. Ungeklärt sei, bei wie vielen Fällen es sich um assistierte Suizide handelte, die seit zwei Jahren erlaubt seien. Dazu gebe es keine verlässlichen Daten, so Autor Lingg. Wo „Sterbehilfe“ legal sei, stiegen die Suizidzahlen bei gleichzeitigem Rückgang der nicht assistierten Suizide. So liege die Suizidrate in der Schweiz mit 25,6 deutlich über dem WHO-Ziel von unter 15. In Vorarlberg liege die Suizidrate bei 13,0, in Österreich bei 13,9. Der aks erstellt seit 1987 einen Suizidbericht, der sich auf Daten der Statistik Austria sowie das beim aks eingerichtete Suizidregister stützt.
(APA/red.)