Gefälschtes Diabetesmittel im deutschen Großhandel aufgetaucht

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Autor: Scho

Nachdem im deutschen Großhandel Fälschungen des Diabetesmittels Ozempic aufgetaucht sind, hat sich eine Bundesbehörde eingeschaltet und Deutschlands Apotheken zur Überprüfung der bei ihnen befindlichen Präparate aufgefordert. 199 gefälschte Medikamenten-Packungen sollen ursprünglich von einem österreichischen Großhändler stammen. Das Bundeskriminalamt bestätigte auf APA-Anfrage, dass es diesbezüglich auch in Österreich Ermittlungen gibt.

Vom heimischen Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) hieß es, dass bisher keine Erkenntnisse vorliegen, dass die Fälschungen in Österreich Patientinnen oder Patienten erreicht haben. Laut BASG seien die besagten Produkte für den Export außerhalb der EU gedacht gewesen, trotzdem sei nicht auszuschließen, dass sich derart gefälschte Arzneimittel auch in Österreich in den Vertriebsketten befinden.

Laut einer Anzeige des Regierungspräsidiums Freiburg kamen 199 Packungen ursprünglich von einem österreichischen Großhändler und seien Anfang September 2023 an einen weiteren Pharmahändler in Großbritannien geliefert worden. Dort seien die Arzneimittel als gefälscht erkannt worden. Auch in Deutschland lägen keine Erkenntnisse vor, dass Patienten Fälschungen bekommen hätten, teilte auch zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am Mittwochabend mit. Auch pharmazeutische Unternehmen und Großhändler sollen die Packungen öffnen und kontrollieren.

Kleine feine optische Unteschiede

Auf den Fotos der Behörde ist der Original-Stift hellblau und die Fälschung dunkelblau, zudem ist die Bauweise verschieden. Bei der Originalspritze ist etwa der Injektionsknopf am Ende der Spritze grau, bei der Fälschung ist er blau. Sollten auffällige Packungen gefunden werden, müssten die zuständigen Überwachungsbehörden informiert werden.

Im Zentrum der Ermittlungen steht ein Pharma-Großhändler im Südwesten Baden-Württembergs. Es gebe den Verdacht, dass die Firma aus dem Kreis Lörrach mit den Fälschungen gehandelt habe, teilte die Zweigstelle Lörrach der Staatsanwaltschaft Freiburg am Mittwoch mit.

Das deutsche Regierungspräsidium hatte Ende vergangener Woche vor den mutmaßlich gefälschten Präparaten gewarnt. Von den Fälschungen gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit „erhebliche Gesundheitsgefahren“ aus. Es sei nicht auszuschließen, dass sich mehrere gefälschte Packungen in Deutschland im Vertrieb befänden, berichtete das Regierungspräsidium. Es lägen zudem Hinweise vor, dass die Lieferkette auch andere Staaten betreffe.

Ob der Pharma-Großhändler im Südwesten das mutmaßlich gefälschte Medikament auch in Deutschland in Verkehr gebracht oder an dortige Firmen geliefert habe, werde noch ermittelt, berichtete nun die Staatsanwaltschaft. Dabei gehe es auch um die genauen Vertriebswege und innerbetriebliche Verantwortlichkeiten. In dem Fall laufe ein Ermittlungsverfahren – der Name des Unternehmens oder dessen genauer Sitz wurden nicht genannt. „Die strafrechtlichen Ermittlungen werden voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen“, hieß es in der Mitteilung.

In Österreich als Diabetes-Medikament zugelassen

„Ozempic“ ist ein auf dem Wirkstoff Semaglutid basierendes Präparat des Herstellers Novo Nordisk. Es ist in Österreich als Diabetes-Medikament zugelassen. Der Wirkstoff kann aber auch als Abnehmmittel insbesondere bei stark übergewichtigen Menschen eingesetzt werden. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) hatte bereits im Sommer einen Verschreibungsstopp von Diabetes-Medikamenten wie Ozempic für Abnehm-Therapien gefordert. Novo Nordisk teilte bereits am Dienstag auf Anfrage mit, dass es einen deutlichen Anstieg an illegalen Onlineverkäufen gebe.

Am Donnerstag warnte Novo Nordisk erneut. „Jeder Fall von Fälschungen, von dem wir Kenntnis erhalten, wird untersucht und den Behörden gemäß den geltenden Vorschriften gemeldet.“ Die begehrten Abnehmspritze Wegovy und die Diabetesmittels Ozempic enthalten beide den Wirkstoff Semaglutid, der zur Senkung des Blutzuckerspiegels beiträgt und den Appetit reduziert, Wegovy allerdings in einer höheren Dosierung.

Vonseiten des BASG wurde „nachdrücklich und eindringlich“ vor jeder eigenmächtigen Bestellung von Ozempic im Internet gewarnt. Echtes Ozempic könne nur über eine Verschreibung per Rezept und Abgabe durch eine öffentliche Apotheke erworben werden. Zudem wies das BASG Apotheken darauf hin, dass vor der Abgabe des Arzneimittels an Patienten die Sekundärverpackung anhand des elektronischen Sicherheitsmerkmals im Rahmen der Serialisierung und Verifizierung von Arzneimitteln immer auf seine Echtheit zu prüfen ist.

Die Informationsplattform Watchlist Internet warnte bereits Anfang September vor Ozempic, Wegovy & Co aus Fake-Shops im Internet. Obwohl die Medikamente verschreibungspflichtig sind, verlangt keiner der Shops ein Rezept. Im Gegenteil: Meist wird damit geworben, dass kein Rezept notwendig ist. Wer in einem dieser Shops bestellt, muss damit rechnen, dass die Ware entweder gar nicht verschickt oder vom Zoll beschlagnahmt wird. Doch auch wenn die Medikamente ankommen, könnten sie gesundheitsgefährdend sein, wurde gewarnt. Außerdem werden Medikamente verkauft, die in Österreich (noch) nicht zugelassen sind. Dies ist derzeit bei der Abnehmspritze Wegovy der Fall, warnte Watchlist Internet. Aufgelistet wurden auch einige Fakeshops, beispielsweise abnehmenapothekeonline.com oder medikamentonlinekaufen.com.

(APA/dpa/Reuters/red.)

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