Eine Schuhsohleneinlage ist in der Lage, die Druckverteilung beim Gehen unter den Füßen zu erfassen und zu akustischem Feedback zu verarbeiten. Eine Entwicklung der FH St. Pölten unterstützt Reha-Patienten und erkennt die erhöhte Sturzanfälligkeit ihrer Nutzer.
Wer hat schon mal die Fußdruckplatte bei der Ganganalyse auf Anhieb getroffen und ist dabei so natürlich gegangen wie auf der Straße? Wohl kaum jemand. Wer weiß, wieviel Belastung fünf kg wirklich sind? Und selbst beim Physiotherapeuten geht man nur in der Sprechstunde etwas besser als bei den Übungen daheim. Vor dieser Situation stehen viele Menschen, die nach OP und Reha zu Hause weitertrainieren sollen. Abhilfe kann direktes Feedback über eine intelligente Einlegesohle bieten. Akustische Informationsgestaltung, Auditorial Design oder Klangdesign nennt sich die Disziplin, die Tönen einen Sinn gibt. Das gibt es auch im Eisschnelllauf. Dort wurden die Winkel der Kufen am Eis in Töne umgewandelt, um so die optimale Geschwindigkeit zu trainieren.
Quietschende Sohlen. Das Biofeedback-System aus St. Pölten hilft, das Gangbild eines Patienten nach Verletzungen oder Operationen wieder zu normalisieren. Außerdem werden präventiv Veränderungen des Gehverhaltens festgestellt und vermessen.
Schnee unterm linken Fuß knirscht anders
Brian Horsak ist Leiter des Center for Digital Health and Social Innovation an der FH St. Pölten und leidenschaftlicher Forscher: „Eine instrumentierte Einlegesohle kann das messen und über eine App auch verständlich an die Patientinnen und Patienten kommunizieren, ob zu viel, zu wenig oder einseitig belastet wurde.“ Die preisgekrönte Sohle im Forschungsprojekt SONIGait der FH St. Pölten misst die Druckintensität, die Beschleunigung sowie Winkelgeschwindigkeit während des Ganges und errechnet unterschiedliche Gangparameter mit Fehlstellungen innerhalb der Gangphasen. In der App wurden verschiedene Klänge hinterlegt, die das Feedback akustisch wiedergeben. Schnee knirscht beispielsweise rechts und links anders, je nach Abrollverhalten.
Schneller zur Vollbelastung nach der OP
„Man kommt z.B. nach einer Hüft- oder Knieoperation schneller in die Vollbelastung, weil die Unsicherheit und eine mögliche zu frühe Überbelastung wegfällt“, so Horsak über die akustische Umsetzung sensorischer Messergebnisse. Unabhängig davon interessierte das Thema akustisches Feedback auch Peter Krimmer, Geschäftsführer eines Vorarlberger Medizintechikunternehmens. Er entwickelte ebenfalls eine Sensorsohle. „Nach langer Aufbauarbeit haben wir die Sensorsohle nun als Medizinprodukt zertifiziert und erreicht, dass in Österreich einige Rehakliniken und Physiotherapiezentren sowie die AUVA in vier Häusern und das Wiener AKH das Produkt im Einsatz haben.“ Gemeinsam mit der FH St. Pölten wird in neuen Projekten an der Weiterentwicklung gearbeitet. „Unsere Forschung hat nur einen Mehrwert, wenn sie auch direkt bei Patienten ankommt“, ist Horsak über die Zusammenarbeit erfreut. In der neuesten Version der Sensorsohle werden alle acht Gangphasen, vom initialen Bodenkontakt bis zur terminalen Schwungphase, in Echtzeit visuell oder auditiv dargestellt. In der Sohle sind Gyroskop, Magnetometer und Beschleunigungssensoren verankert, die diese Daten an eine App schicken und Feedback in Echtzeit geben können.
Erweiterung des Einsatzgebietes
Die Sohle eignet sich nicht nur für Patienten mit verändertem Gangbild nach Operationen oder Unfällen, sondern kann bei Ausweichbewegungen durch Muskelschwäche, kleiner werdenden Schritte oder Gangunsicherheiten wie sie bei Parkinson, Diabetes, Multipler Sklerose oder im Alter generell vorkommen können, eingesetzt werden. „Durch den Einsatz wird die Momentaufnahme der Ganganalyse an einem Tag wesentlich erweitert. Die Physiotherapeuten haben quantitative Daten in der Hand, die sie gezielt nutzen können“, meint Horsak.