Der 3D-Druck, auch als additive Fertigung bekannt, hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Im medizinischen Bereich verfügt die Technologie über ein enormes Potenzial. Ein wichtiger Vorteil des 3D-Drucks liegt in seiner Fähigkeit, komplexe Strukturen und Formen herzustellen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten werden können. Dies ist besonders bei der Herstellung von medizinischen Implantaten, Prothesen und Geräten von Vorteil, da diese individuell an die Anatomie des Patienten angepasst werden können und somit besser funktionieren. Ein weiterer Bereich, in dem der 3D-Druck immer mehr Anwendung findet, ist die Herstellung von medizinischen Modellen. Diese können Ärzten und Chirurgen helfen, die Anatomie des Patienten besser zu verstehen und komplexe chirurgische Eingriffe zu planen. Darüber hinaus erforschen Wissenschaftler den Einsatz von 3D-Druck zur Herstellung von künstlichem Gewebe und Organen. Es zeigen sich vielversprechende Ergebnisse in der Herstellung von Gewebemodellen für Arzneimitteltests, die klassische in-vitro Zellkulturtests ersetzen oder Tierversuche reduzieren können. In diesem Bereich gibt es noch technische Herausforderungen, die überwunden werden müssen. Ich bin aber überzeugt, dass der 3D-Druck zur Herstellung von funktionellen Geweben in nicht allzu ferner Zeit in der klinischen Anwendung eingesetzt werden wird.
Assoc. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Francesco Moscato
arbeitet am Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der Medizinischen Universität Wien. Eines seiner Hauptforschungsgebiete ist der 3D-Druck und dessen Auswirkungen auf Anwendungen im Gesundheitsbereich. Moscato ist Leiter des Projektes M3dRES (Additive Manufacturing for Medical Research), der zentralen Forschungsinitiative auf dem Gebiet des medizinischen 3D-Drucks.
Trotz der vielen Vorteile des 3D-Drucks wird die Technologie im Klinikbereich nur zögerlich transformiert. Ein Grund dafür ist der Mangel an Standardisierung. Im medizinischen Bereich existieren strenge Vorschriften und Normen für die Herstellung und Verwendung medizinischer Geräte. Aber es gibt noch keine etablierten spezifischen Richtlinien und Standards für den 3D-Druck. Da die Technologie nur am „Point-of-Care“ eingesetzt werden kann, fehlen den Krankenhäusern klare Strukturen und Vorgaben, die die Einhaltung der Vorschriften gewährleisten. Eine weitere Herausforderung für die Einführung des 3D-Drucks in der Medizin ist die Nachhaltigkeit der Kosten. Die Ausgaben für Geräte, Software und qualifiziertes Personal sind noch nicht durch die Routine-Patientenbehandlung abgedeckt.
Bislang können nur größere Krankenhäuser in die erforderliche Ausrüstung und Ausbildung qualifizierter Fachkräfte investieren. Auch bleiben die Anwendungen bis jetzt auf spezifische Bereiche eingeschränkt. Der Einsatz additiver Fertigungstechnologie in einem breiteren Gesundheitsspektrum ist noch nicht gegeben.
Der Durchbruch bleibt aber nur eine Frage der Zeit: Weltweit beginnen Kliniken, die 3D-Drucktechnologie zu nutzen. In Österreich betreiben die MedUni Wien im AKH Wien und die MedUni Graz im LKH-Universitätsklinikum seit einigen Jahren eigene 3D-Drucklabore. Das Allgemeine LKH Innsbruck und seine Medizinische Universität verfügen ebenfalls über ein 3D-Biodruck-Labor. Auch das Uniklinikum Salzburg setzt den 3D-Druck in klinischen Prozessen ein. Die Einrichtung dieser Labors ist primär durch die Forschungsförderung ermöglicht, mit Beteiligung von weiteren Forschungseinrichtungen, Universitäten und Akteuren aus der Industrie.
Krankenhäuser sehen das Potenzial der Technologie und sind bereit, Ressourcen zu mobilisieren. Voraussetzung aber bleibt, die Fragen der Standardisierung und Nachhaltigkeit zu lösen. Dies wird jedoch noch eine Koordinierung auf nationaler und internationaler Ebene sowie zusätzliche Mittel und Anstrengungen erfordern. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, die „Extrameile“ zu gehen und diese Technologie zum Nutzen der Patientenschaft einzusetzen. In Zukunft werden wir die 3D-Technologie mit der gleichen Selbstverständlichkeit betrachten, mit der wir heute an ein CT- oder MR-Gerät denken.