Gesundheitsdaten machen bis zu 30% der weltweit generierten und gespeicherten Daten aus. Bereits ein einziger Patient erzeugt jährlich bis zu 80 Megabyte an für eine Behandlung relevanten Gesundheits- und Behandlungsdaten. Bei allein in Österreich lebenden mehr als acht Millionen Menschen ist das in Summe eine enorme Datenmenge, wobei diese wertvollen Daten jedoch oft unzugänglich sind und auf nationaler Ebene isoliert bleiben. Um die PatientInnen-Versorgung zu verbessern, müssen diese Daten nutz- und vernetzbar gemacht werden. Ein „European Health Data Space“ soll dies zukünftig ermöglichen.
Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Till Voigtländer, Leiter des nationalen Büros zur Umsetzung und Weiterentwicklung des nationalen Aktionsplans für seltene Erkrankungen, ist der Ansicht, dass dieser „European Health Data Space“ einen wichtigen Rahmen bieten könnte, um die Behandlung Betroffener zu verbessern oder sie auch an Arzneimittelstudien teilhaben zu lassen.
Für einen solchen zentralen Datenspeicher wird derzeit auf europäischer Ebene ein Gesetzesentwurf erarbeitet. Dazu Voigtländer: „Öffentliche Forschungseinrichtungen und forschende Pharmaunternehmen arbeiten mit anonymisierten oder pseudonymisierten Daten, die derart verschlüsselt keine Rückschlüsse auf Personen zulassen und die Rechte der Betroffenen schützen. Über den European Health Data Space können derart generierte Daten gebündelt und breiter nutzbar gemacht werden.“
Mangelhafte Vernetzung
Die Vernetzung von nicht-personenbezogenen Daten ist schon bei häufig auftretenden Erkrankungen äußerst mangelhaft, geschweige denn im Bereich der seltenen Erkrankungen. Um Erkenntnisse zur Bekämpfung dieser Krankheiten zu gewinnen, ist das Zusammenführen von Daten in diesem Bereich umso wichtiger, zumal es über den Globus verteilt oftmals nur einige wenige Betroffene gibt.
Doch noch sind auch die Expertise bzw. Daten über den Verlauf und die Therapie von seltenen Erkrankungen so verstreut wie die PatientInnen, die mit einer dieser Krankheiten leben. Dem wirken neben einem zentralen europäischen Hub bereits seit längerem Expertisezentren entgegen, deren Zahl sowohl in Österreich als auch in Europa stetig wächst und die ihr gesammeltes Know-how bereits über europäische Netzwerke teilen.
Mit den Daten, die etwa im Zuge der Medikamentenentwicklung oder der Behandlung von Betroffenen in diesen Expertisezentren erhoben werden, soll der europäische Hub gefüttert werden. Somit sollen der Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten unter Wahrung des Datenschutzes erleichtert werden. Sobald der Gesetzesentwurf der EU-Kommission vorliege, sei es laut Voigtländer im Sinne einer besseren Gesundheitsdatennutzung wichtig, dass sich Österreich am weiteren Abstimmungsprozess engagiert beteiligt.
„Datennutzung als Chance“
Voigtländer sprach über das Thema „Datennutzung als Chance“ in einem Video-Interview im Zuge der Reihe „Rare Diseases Insights“, die von der PHARMIG produziert wird. Diese Videoreihe wurde ins Leben gerufen, um die Herausforderungen im Umgang mit seltenen Erkrankungen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Eine weitere Expertin, die bislang mit Dr. Christian Woergetter, dem Vorsitzenden des Standing Committees „Rare Diseases“ der PHARMIG ins Gespräch gegangen sind, ist Dr. Caroline Culen von der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Sie erläutert im Video-Interview, welche Herausforderungen es in der Versorgung gibt, wenn junge Menschen, die an einer seltenen Erkrankung leiden und in Behandlung stehen, ins Erwachsenenalter kommen. Ein weiteres Video widmet sich dem Themenkreis Therapeutische Zukunft bei seltenen Erkrankungen. DI Dr. Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), gibt darin ihre Expertise aus regulatorischer Sicht zur Zukunft und den Voraussetzungen für die Entwicklung von Therapien zur Behandlung seltener Erkrankungen ab.