Telediagnostik: fachgerechte Untersuchung ohne physischen Kontakt

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Um das Risiko einer Ansteckung mit COVID-19 für das medizinische Personal aber auch Patientinnen und Patienten gering zu halten, wurde vermehrt auf telemedizinische Anwendungen zurückgegriffen. Allerdings fehlt den Angeboten meist eine richtige diagnostische Option.

Damit Untersuchungen von potenziell infizierten Betroffenen gewährleisten werden können, arbeitete im Rahmen des vom Bund geförderten Projektes ProteCT ein interdisziplinäres Team an einer Lösung. Herausgekommen ist ein robotergestütztes Telediagnostiksystem, welches derzeit im Klinikum rechts der Isar der TU München in der Praxis eingesetzt wird. Wie genau es funktioniert, erklären Dr. Maximilian Wolfgang Berlet, Assistenzarzt im Klinikum, und MSc Jonas Fuchtmann aus der Forschungsgruppe.

Dr. Berlet, was ist das Besondere am robotergestützten Untersuchungssystem ProteCT?

Dr. Maximilian Wolfgang Berlet: Das Gesamtsystem ProteCT ermöglicht zum ersten Mal eine vollständige robotergestützte klinische Untersuchung von Patientinnen und Patienten, welche potenziell eine Infektion übertragen könnten. Das bedeutet, dass die Ärztin oder der Arzt und die Patientin oder der Patient zu keinem Zeitpunkt in physischen Kontakt miteinander kommen. Trotzdem können das Herz, die Lungen und das Abdomen untersucht sowie diverse Vitalparameter erhoben werden, als ob sich die beiden im selben Raum befinden würden. Damit wird ein Maximalmaß an Untersuchungsqualität mit der größten denkbaren Sicherheit bezüglich einer Infektion verbunden. Zudem wurde darauf geachtet, dass mittels moderner Video- und Audiotechnik die Patientin oder der Patient wirklich das Gefühl hat, dass die untersuchende Person anwesend ist.

Das System wird bereits in der Notaufnahme getestet – wie wird es von Personal und zu Untersuchenden angenommen bzw. welches Feedback gibt es – vielleicht auch für mögliche Verbesserungen?

Dr. Berlet: Von Patientinnen und Patienten wurde das System sehr gut aufgenommen. Die Teilnehmenden äußerten sogar, dass das Ambiente und die Informationsvermittlung über ihre Erkrankung in der Kabine deutlich besser gewesen sei, da hier wesentlich mehr Ruhe herrschte und der Arzt deutlicher zu verstehen war. Ein gehörloser Patient konnte sogar erst in der Kabine von den Lippen des Arztes lesen, da hier ja keine Maske getragen werden musste. Die Untersuchung mit den Robotern wurde insgesamt als vergleichbar angenehm empfunden, wie eine klassische Untersuchung. Verbesserungen wurden nur wenige angeraten. Sie bezogen sich mehr auf das optische Design der Kabine, welche als noch etwas „kahl“ empfunden wurde. Das Fachpersonal konnte alle geplanten Untersuchungen wie geplant durchführen. Das Feedback war hier sehr gut.

Herr Fuchtmann, bislang schien sich die Telemedizin noch nicht der Akzeptanz durch die breite Masse zu erfreuen. Hat sich das durch die Pandemie geändert – auch ProteCT wurde ja aufgrund dessen ins Leben gerufen?

Jonas Fuchtmann: Während der Pandemie zeigte sich ein merklicher Rückgang an Arztbesuchen. In der Tat konnte in der gleichen Zeit eine verstärkte Nachfrage nach telemedizinischen Diensten verbucht werden. Es ist davon auszugehen, dass viele Menschen diese technologischen Möglichkeiten auch zukünftig verstärkt nutzen werden. Aktuelle Dienste beschränken sich dabei jedoch primär auf eine reine Telekonsultation und es bestehen kaum diagnostische Optionen. Telemedizin ist daher in der Anwendung stark abhängig von der Art der Umsetzung. Das Projekt ProteCT schließt die bestehenden technischen Lücken, um eine, dem persönlichen Arztbesuch äquivalente, Telemedizin zu ermöglichen.

Das Projekt ist laut BMBF beendet, welche Zukunft hat das System über den Förderzeitrahmen hinaus?

Jonas Fuchtmann: Natürlich forschen wir auch über den Förderzeitraum hinaus weiter an dem Projekt und es bestehen bereits diverse Ideen, wie das System erweitert werden kann. Konkret sind wir dabei unter anderem in das BMBF Verbundprojekt „6G-life“ eingebunden. Ein zukünftiger Schritt stellt somit die Integration des Systems in eine 6G-Netzwerkinfrastruktur dar. 6G, als Nachfolger der gerade im Aufbau befindlichen 5G-Technik, erlaubt es uns, das System hinsichtlich des Datentransfers bezüglich Faktoren wie Latenz und Sicherheit weiter zu optimieren. Ein wichtiger Schritt, der gerade die Steuerung der Roboter noch einmal deutlich verbessern wird. Das äußerst positive Feedback bestärkt uns dabei, unser langfristiges Ziel einer Translation hin zur klinischen Routineanwendung auch weiterhin zu verfolgen.

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