Von "kleinen Schräubchen" und dicken Brettern

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Die 13 solle keine Unglückszahl sein, so Kongresspräsident Heinz Brock. „Wir sind unterwegs in unsicheren Zeiten“, so seine einführenden Worte zum 13. Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongress 2023. Aber wie Alois Sillaber, Geschäftsführer des Springer-Verlags, einführend eben auch sagt: „Klartext, Wissen, Standpunkte“ zu konkreten Lösungen zu verbinden, sei die Herausforderung. Denn: Ungewissheit biete auch die Chance, die Zukunft zu gestalten.

400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich im Hotel Savoyen in Wien eingefunden – zusammen mit 25 Ausstellern. Am Donnerstag und Freitag werden sie im Rahmen zahlreicher Podiumsdiskussionen zusammen mit 70 Referentinnen und Referenten eben über diese schwierige Themenlage debattieren.

Johannes Rauch, Gesundheitsminister: „Wir müssen aus dem Zustand herauskommen, dass es im österreichischen Gesundheitssystem nur zwei Aggregatzustände gibt: gesund und krank.“

Um seine Pläne für die Gesundheitsreform auszuführen, reiche die Zeit nicht, so Gesundheitsminister Johannes Rauch in seiner Rede zur Eröffnung. Es gelte an Schrauben zu drehen und zu justieren. Und es gelte nicht nur zu sparen, sondern auch gezielt zu investieren und zugleich Weichen zu stellen. Das sei zugleich eine Herkules wie auch eine Sisyphus-Aufgabe – überlagert von Hoffnungen und Ängsten. An „kleinen Schräubchen“ zu drehen, werde jedenfalls nicht reichen, um Österreichs Gesundheitssystem neu aufzustellen.

„Wir müssen aus dem Zustand herauskommen, dass es im österreichischen Gesundheitssystem nur zwei Aggregatzustände gibt: gesund und krank.“ Frisches Geld für den Bereich: Ja – aber nicht ohne Reformen. Das Zeitfenster sei offen – aber nicht ewig. Bis Jahresende müssten die Grundpfeiler des Systems stehen, so Rauch. Danach könne es nur Notreformen geben – und das sei nicht gut.

Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat Wien: „Wann haben wir die Weichenstellungen übersehen?“

„Wir brauchen solche Veranstaltungen“, so Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Denn es brauche die Auseinandersetzung mit brennenden Themen. Er fragt: „Wann haben wir die Weichenstellungen übersehen?“ Das Kernproblem für Hacker: Die Arbeitszeitregelungen im Gesundheitsbereich und die geringe Schlagzahl in der Ausbildung. Denn der aktuelle Mangel an Ärztinnen und Ärzten sei absehbar gewesen – sei er doch eine ganz einfache Folge demographischer Entwicklungen: Babyboomer, Pillenknick und so weiter. Dinge, so Hacker, die nicht bedacht worden seien. Man werde an einer Erhöhung der Ausbildungskapazitäten nicht vorbeikommen.

Der aktuelle Finanzausgleichsvertrag ist 20 Jahre alt – und diesen abzuändern sei eine dringende Notwendigkeit, sagt Hacker. Denn, wie er sagt: „Wir schaffen die Versorgungsleistung nicht mehr“ – und die Länder müssten mehr Verantwortung übernehmen. Und er sei „zuversichtlich“, dass die Gesundheitsreform, die derzeit Formen annehme, mit Minister Rauch auch stattfinden werde.

Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates und Vorsitzender des Produktivitätsrates: „Es ist die Zeit zum Anpacken und politische Entscheidungen zu treffen.“

Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates und Vorsitzender des Produktivitätsrates, machte dann die umgekehrte Rechnung: Anstatt nach Kosten und Ausgaben müsse man als Ökonom auch nach dem Ergebnis fragen. Also: Nach dem Gewinn. Und in diesem Fall eben: Nach der Gesundheit. „Gesundheit ist in Österreich eine öffentliche Verantwortung“, so Badelt. Und das sei grundsätzlich gut. Aber: „Wir geben viel aus für das Gesundheitssystem; bei den gesunden Lebensjahren ist Österreich allerdings nicht berühmt.“

Die Zukunft sieht er herausfordernd: Nach der Bewältigung der Pandemie und der Finanzkrise 2008 sind heute Inflation, internationale Krisen und soziale Umbrüche die brennenden Probleme – und das bei hoher Staatsverschuldung: Kriegerische Eskalation, Energieversorgung, weltwirtschaftliche Entwicklungen, die Klimaproblematik, Konjunkturentwicklungen und vor allem der Mangel an Erfahrungen mit derart vielen, derart großen und vor allem miteinander verschränkten Krisen.

Für Österreich dämmert da vor allem einmal die Frage der Demographie – also eine zunehmende Alterung der Gesellschaft, die sich zunehmend auswirke: Steigende Pensionsausgaben, steigende Gesundheitsausgaben, steigende Pflegeausgaben. Die wirtschaftliche Lage sei herausfordernd aber nicht schlecht. Die Inflation habe allerdings das Potenzial, zu einem massiven Thema zu werden und die aktuelle Lage mache politisches Eingreifen dringend notwendig. „Wir haben viele Baustellen, die Geld kosten“, so Badelt. Ohne zusätzliche Ausgaben werde es nicht gehen. „Es ist die Zeit zum Anpacken und politische Entscheidungen zu treffen.“

Und genau das ist der Rahmen der Realität, in dem in den kommenden zwei Tagen Klartext über die Zukunft der Gesundheitssystems geredet werden wird.

Nähere Informationen zum Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongress finden Sie hier.

(red.)

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