Wiener Spitalsumfrage: Qualität in der medizinischen Betreuung sinkt dramatisch

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Autor: Scho

Die Gefährdungsanzeigen der letzten Wochen haben die massiven Probleme in den Wiener Spitälern sichtbarer gemacht, dürften jedoch nur die Spitze des Eisbergs sein, wie eine repräsentative Umfrage unter Wiens angestellten Ärztinnen und Ärzten zeigt. „Die Spitalsärztinnen und -ärzte fühlen sich von der Stadtpolitik im Stich gelassen“, kommentieren Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart sowie der Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci, die Ergebnisse.

Die Ärztekammer hat die Umfrage in Auftrag gegeben, um den Wienerinnen und Wienern ein möglichst detailgenaues Bild von der Lage in Wiens Spitälern geben zu können. Beauftragt wurde Peter Hajek Public Opinion Strategies, insgesamt haben 1.894 Ärztinnen und Ärzte an der Studie teilgenommen. „Die Stichprobe ist repräsentativ und besitzt mit der aufgezeigten Rücklaufquote eine hohe Validität“, erklärt Peter Hajek, Geschäftsführer von Public Opinion Strategies, der auch betont: „Die Ergebnisse sind eindeutig, es besteht kein Zweifel an der Stimmung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten.“

Zu den Ergebnissen: 84 Prozent der befragten Spitalsärztinnen und -ärzte stimmen der Aussage (sehr) zu, dass „die aktuellen Rahmenbedingungen im Spital zu einem anhaltenden und nachhaltigen Qualitätsverlust in der medizinischen Betreuung der Patientinnen und Patienten führen“.

„Anhaltender und nachhaltiger Qualitätsverlust“

82 Prozent der Befragten stimmen der Aussage (sehr) zu, dass „die aktuellen Rahmenbedingungen zu einem anhaltenden und nachhaltigen Qualitätsverlust in der medizinischen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung führen“.

78 Prozent der Ärztinnen und Ärzte geben an, dass es große Engpässe bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten gebe.

72 Prozent der Spitalsärztinnen und -ärzte geben an, dass die Wiener Stadtpolitik ihrer Meinung nach nichts gegen die Probleme in den Wiener Spitälern tue.

68 Prozent der befragten Spitalsärztinnen und -ärzte geben an, dass Gesundheitsstadtrat Peter Hacker die Gefährdungsanzeigen ihrer Meinung nach nicht ernst genug nehme.

Ärztekammer ortet dringenden Handlungsbedarf

„Erste Ergebnisse aus der Umfrage zeigen, dass der Qualitätsverlust in den Wiener Spitälern, vor allem im Wiener Gesundheitsverbund, immens ist. Wir warnen seit Jahren vor Engpässen, jetzt liegt die dramatische Entwicklung schwarz auf weiß am Tisch, die Stadtregierung muss jetzt handeln, und zwar rasch und umfassend“, sagt Steinhart.

Stefan Ferenci: „Die aktuellen Rahmenbedingungen“ gefährden „die Zukunft unserer Spitäler massiv“.

„Die Umfrage bestätigt leider unsere Vermutung, dass die aktuellen Rahmenbedingungen die Zukunft unserer Spitäler massiv gefährden. Die Ausbildungsqualität wird von den Kolleginnen und Kollegen teilweise vernichtend beurteilt, die Stadtpolitik schaut untätig zu, wenn man sich die Ergebnisse ansieht. Dass so gut wie alle Ärztinnen und Ärzte von einer nachhaltigen Verschlechterung der medizinischen Betreuung berichten, ist erschütternd und macht wütend“, so Ferenci.

„Wir kommen nur mit völliger Transparenz, Ehrlichkeit und Zusammenarbeit auf Augenhöhe weiter. Es bringt nichts, die Augen vor den Problemen zu verschließen.“ Ferenci erwartet sich hier eine „realitätsbezogenere Kommunikation der Stadtverantwortlichen“.

„Die Stadt Wien und ihr Gesundheitsstadtrat sind gefordert, zu reagieren. Es braucht jetzt, einen reinen Tisch zu machen, ein offenes Benennen der Problemlagen sowie eine wirkliche Offensive für Wiens Spitäler. Ansonsten werden Wien, seine Spitäler und vor allem die Patientinnen und Patienten auf ganz düstere Zeiten zusteuern – was für alle Beteiligten fatal enden könnte“, warnen Steinhart und Ferenci abschließend.

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