Ob Gesundenuntersuchung, OP-Vorbereitung oder bei speziellem Krankheitsverdacht: 75 Prozent aller Diagnosen werden mithilfe von Laboruntersuchungen gestellt. Neben Laboren in Spitälern haben dabei Gruppenpraxen viel Bedeutung. Allein die großen Wiener Einrichtungen Labors.at und Ihr Labor bearbeiten täglich insgesamt bis zu 18.000 Aufträge, berichtete Johannes Bauer von Labors.at. Die Analyse der Blutproben läuft hochautomatisiert ab, wie ein Lokalaugenschein der APA zeigte.
„Wir haben in Wien über 20 Blutabnahmeordinationen, in denen täglich mehr als 2.000 Patientinnen und Patienten versorgt werden“, fasste Bauer die Zahlen für Labors.at und Ihr Labor zusammen. „Die restlichen Proben erhalten wir von den Ärztinnen und Ärzten, die selber in der Ordination Blut abnehmen.“ So kommen in den beiden Gruppenpraxen pro Tag 15.000 bis 18.000 Aufträge aus Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und Randgebieten Oberösterreichs zusammen, erläuterte der Geschäftsführende Gesellschafter von Labors.at, der auch Leiter der Fachgruppe Medizinische und chemische Labordiagnostik in der Ärztekammer Wien ist.
Vor der Blutabnahme steht die Zuweisung durch den Arzt, der die benötigten Parameter vorgibt, die aus dem Blutserum ausgewertet werden sollen. Diese werden bei der Anmeldung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Labor in das Computersystem eingegeben und Etiketten mit Strichcodes für den jeweiligen Patienten erstellt. Das folgende Blutabnehmen in der Armbeuge ist den meisten Menschen aus eigener Erfahrung bekannt. Was aber danach mit der Blutprobe passiert, liegt für den Patienten normalerweise im Verborgenen.
Fest & flüssig getrennt
Zunächst werden mehrere mit Blut befüllte und mit den jeweiligen Strichcodes versehene Probenröhrchen gesammelt zentrifugiert, wie Georg Greiner, Leiter von Ihr Labor 1220 in Wien-Donaustadt, bei einer Führung durch seinen Standort erläuterte. In der Zentrifuge und mithilfe eines schon bei der Blutabnahme in dem Röhrchen befindlichen Gels werden das flüssige Serum und die festen Blutbestandteile voneinander getrennt. Letztere setzen sich am Boden unterhalb des Gels ab. Das Serum als oberste Schicht kann nun analysiert werden.
In Analysestraße können rund 300 Parameter ausgewertet werden. Dafür werden wieder Probenröhrchen von mehreren Patienten gleichzeitig auf den Beginn der sogenannten Analysestraße gestellt. Diese steht in einem großen Raum in einem Obergeschoß der Gruppenpraxis. Hier durchlaufen die Proben vollautomatisch mehrere direkt nebeneinander stehende weiße Maschinen in der Größe eines Standkopierers mit blauen Sichtfenstern. Das ist der eigentliche Ort, wo „viele Parameter für unsere Patienten ermittelt werden, das reicht von klassischen Entzündungsparametern bis hin zu Schilddrüsenparametern“, erklärte Greiner, der wie Bauer Facharzt für medizinische und chemische Labordiagnostik ist.
Insgesamt können in der Analysestraße rund 300 Parameter aus den Blutproben ausgewertet werden, je Blutprobe sind es aber nur jene, die vom zuweisenden Arzt für den jeweiligen Patienten angefordert wurden.
Entzündung erkannt und dann?
„Auf der einen Seite gibt es harte Fakten: Wenn jemand ein Problem mit der Leber hat und ich stell im Labor fest, dass eine Hepatitis-B vorliegt, dann ist der Labortest beweisend“, berichtete Bauer von Labors.at. „Wenn jemand allgemeine Entzündungsbeschwerden hat, dann kann ich zwar die weißen Blutzellen untersuchen, ich kann entsprechende Entzündungsmarker bestimmen, aber ich brauch sicher noch weitere Untersuchungen aus der Bildgebung, um den Entzündungsherd tatsächlich festmachen zu können“, berichtete er.
Johannes Bauer (r.): „Die Laboratorien verfügen über eine wirklich große Menge an medizinischen Daten und unsere Patientinnen und Patienten haben daher ein entsprechendes Interesse, dass damit sicher umgegangen wird.“
Wenn die „Analysestraße“ durchlaufen ist und die gewünschten Werte vom IT-System erfasst wurden, rennen die Proben automatisch in einen großen Kühlschrank im selben Raum. „Dort werden sie eine Woche aufgehoben“, sagte Greiner. Je nachdem, ob seine zuweisenden Arztkollegen noch weitere Parameter benötigen, „können sie auch in einem digitalen Prozess aus der Ordination direkt diese Kühlschränke steuern und die Blutproben zu einer weiteren Analyse führen. Nach einer Woche werden sie dann verworfen.“
Kein Befund ohne ärztliche Kontrolle
Trotz dieses stark automatisierten Ablaufs beschäftigen Labors.at und Ihr Labor an ihren Standorten in Wien insgesamt rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu gehören die Angestellten am Schalter bei der Anmeldung für die Patienten, Mitarbeiter für die Blutabnahme und jene, die die Probenröhrchen in die Zentrifugen und anschließend auf den Beginn der Analysestraße stellen und die Geräte täglich servicieren sowie monatlich warten. Rund 200 – also ein Fünftel – sind Botenfahrer, die die Blut- oder auch Harn- und Stuhlproben von Arztpraxen aus Wien und den umliegenden Bundesländern abholen und in gekühlten Fahrzeugen zu den Laborstandorten bringen. Nicht zuletzt braucht es auch viel akademisches und medizinisches Personal. „Kein Befund geht raus, ohne dass ihn ein Arzt gesehen hat“, betonte Greiner.
„Die wesentlichen Parameter sind innerhalb von wenigen Stunden verfügbar“, erläuterte der Mediziner. Selbst wenn im nordwestlichen Niederösterreich oder südöstlichen Burgenland von einem Arzt Blut abgenommen wird, „erhaltet der Patient in vielen Fällen schon am Abend die Werte, die er benötigt“, sagte Greiner. Der zuweisende Kollege bekommt den Befund digital und im Papierformat. Die Patienten kriegen ihn per Post oder nach einer E-Mail-Benachrichtigung auch über ein verschlüsseltes Befundübertragungssystem.
„Unsere IT-Systeme haben eine Menge Schnittstellen, sowohl was die Anforderung von Analysen als auch was die Übermittlung von Ergebnissen betrifft“, erläuterte Bauer. „Entsprechend heikel sind die Sicherheitsmaßnahmen, die wir treffen.“ Bei Labors.at und Ihr Labor wird die Sicherheit der Systeme deshalb jedes Jahr extern überprüft. „Die Laboratorien verfügen über eine wirklich große Menge an medizinischen Daten und unsere Patientinnen und Patienten haben daher ein entsprechendes Interesse, dass damit sicher umgegangen wird“, betonte Bauer.
(APA/red.)