Experten wollen "School Nurses" für jede Pflichtschule

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Autor: Scho

An sechs Wiener Schulen kümmern sich „School Nurses“ um jedes Wehwehchen der Kinder und Jugendlichen. Ihr Einsatz sei ein großer Erfolg, erklärten Experten bei einer Pressekonferenz. Sie fördern die Gesundheit der Schüler, entlasten die Pädagogen und geben Eltern Sicherheit, dass die Mädchen und Buben bei Krankheiten oder Unfällen bestmöglich versorgt sind. Die Mediziner und Pädagogen fordern, dass schnellstmöglich jede Schule Österreichs eine School Nurse bekommt.

„School Nurses“ sind ausgebildete diplomierte Gesundheitspflegepersonen, die optimalerweise in der Kinder- und Jugendheilkunde speziell geschult sind, erklärte Michaela Bilir vom Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich (BKKÖ). Seit Mai 2022 betreuen sie in sechs Wiener Bildungseinrichtungen 1.400 Schülerinnen und Schüler während der Unterrichtszeit. Wo sie aktiv sind, ist ihr „“Beitrag in der Schulgesundheitspflege nicht mehr wegzudenken“, sagte Bilir: „Lehrer konnten durch ihren Einsatz oftmals den Unterricht für die anderen Schüler fortsetzen, was insbesondere bei Stürzen und anderen Notfällen normalerweise nicht möglich ist.“ Wenn irgendwann einmal sogar die Rettung gerufen werden muss, warten sie mit dem Kind bis zum Eintreffen des Krankenwagens, bis die Eltern eintreffen.

Die „School Nurse“ kümmert sich um die Akutversorgung nach Unfällen und Verletzungen, erkennt ansteckende Krankheiten, und erklärt den Eltern gesundheitliche Beschwerden, die nach dem schulischen Alltag auftreten, berichtete Irene Jagersberger, Direktorin der Schule am Campus Monte Laa in Wien Favoriten. Außerdem hilft sie bei der Versorgung von Kindern mit chronischen Erkrankungen, zum Beispiel mit der Insulinpumpe bei Diabetes, und bei Epilepsie, Krebserkrankungen und Allergien. „Sie ist auch Gesprächspartnerin für Kinder, deren psychische Probleme sich durch Bauchschmerzen und ähnliche Symptome zeigen“, sagte die Pädagogin.

„Die Schüler stehen regelmäßig vor meiner Türe mit der Frage: Ist die ‚School Nurse‘ da?“, erklärte auch Manfred Baumgartner, Direktor der Mittelschule Bendagasse in Wien Liesing. „Die Bedürfnisse sind weit gestreut, wie kleine Abschürfungen, schmerzende Füße und Unwohlsein.“ Es sei für Lehrer wie Schüler ein „gutes, sicheres Gefühl“, wenn die „School Nurse“ da ist und nicht im Wechseldienst an einer weiteren Schule. Zum Beispiel beim Unwohlsein von zuckerkranken Schülern wären die Handlungsmöglichkeiten der Lehrerschaft sehr beschränkt.

Schon im ersten Halbjahr des Pilotprojekts (Mai bis Dezember 2022) wurden 2.260 Einsätze der „School Nurses“ dokumentiert, berichtete Hans-Peter Hutter vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. 642 Mal schritten sie zum Notfallmanagement und zur Erstversorgung, 1.287 Mal gab es gesundheitsfördernde Maßnahmen inklusive Prävention von Krankheiten, 164 Mal betreuten sie Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten und 167 Mal unterstützten sie die Schulärzte bei „Reihenuntersuchungen“ und Impfungen.

„Ein grandioser Gewinn für alle Beteiligten“

„Der Einsatz der ‚School Nurses‘ in Wien war ein grandioser Gewinn für alle Beteiligten“, sagte Hutter. Auch internationale Forschungsarbeiten würden den großen gesundheitlichen Nutzen belegen, erklärte der Umweltmediziner: „Ihr Einsatz fördert die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen, verringert Fehlzeiten und verhindert oftmals, dass sie aufgrund von Gesundheitsproblemen vorzeitig nach Hause geschickt werden müssen“. Letzteres sei bei berufstätigen Eltern ohnehin nicht uneingeschränkt möglich.

„Jedes vierte Kind im Schulsystem wächst mit einer chronischen Erkrankung und oder psychischen Beeinträchtigung auf“, sagte Bilir: Wenn man auf solche Beeinträchtigungen nicht gut eingeht, würde sich die Schulleistung verschlechtern, psychiatrische Störungen können entstehen und die Ausbildungsfähigkeit ist verringert. Das würde laut wissenschaftlichen Studien zu einem erhöhten Risiko für Arbeitslosigkeitsrisiko führen.

Der Berufsverband fordere einen flächendeckenden Einsatz der „School Nurses“ in den österreichischen Pflichtschulen, und dass er nachhaltig finanziert wird. Empfohlen sei laut internationalen Vergleichswerten ein Betreuungsschlüssel von einer „School Nurse“ für 500 Kinder und Jugendliche.

(APA/red.)

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