Um dem Personalmangel in nahezu allen Branchen zu entschärfen, sollen Ältere länger in Beschäftigung bleiben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen aber „nicht nur länger, sondern auch gesund in Arbeit gehalten werden“, betonte IBG-Chef und Arbeitspsychologe Gerhard Klicka. „Hier hat Österreich ein deutliches Aufholpotenzial.“ Der Führungsstil in einem Unternehmen beeinflusse die Gesundheit der Belegschaft – die Wirkung auf das Befinden sei 3,6-mal stärker als Ernährung. Dass die Beschäftigten gern zur Arbeit gehen, darin Sinn sehen und dort Wertschätzung erfahren, hob der Geschäftsführer der Unternehmensberatung IBG am Montag in einer Aussendung als wesentliches Ziel hervor. In vielen Branchen müssten Unternehmen umdenken.
„Es ist klar, dass sich der Alltag in einer IT-Schmiede sich von einem Bauunternehmen oder einem Installationsbetrieb unterscheidet“, so der Arbeitspsychologe. „Aber auch dort kann Arbeit sinnerfüllter und wertschätzender gestaltet werden als durch bloße Befehle vom Chef.“
IBG-Chef und Arbeitspsychologe Gerhard Klicka: „Wer in seinem Unternehmen Verantwortung, Herausforderung und Wertschätzung spürt, der wird auch gerne in dem Unternehmen weiterarbeiten wollen.“
Der Stellenwert erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehme in den Betrieben zu. Um für Ältere attraktiv zu bleiben und Arbeit altersgerecht zu gestalten, wäre das sich verändernde Stärke-Schwächen-Profil zu berücksichtigen.
Österreich liege beim Indikator gesunde Lebensjahre sowohl bei Männern als auch bei Frauen unter dem EU-Schnitt, „obwohl wir derartig hohe Gesundheitsausgaben haben“, kritisierte Klicka. Hierzulande seien die Menschen in der letzten Lebensphase 15 bis 20 Jahre lang krank. „Damit können wir nicht zufrieden sein.“
Generationengerechte Organisation
Der Arbeitsmediziner und IBG-Gründer Rudi Karazman habe dazu den Ansatz der Humanökologie entwickelt: Produktivität verlange nach gesunden Beschäftigten. „Jede Lebensphase der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat ihre Stärken und Schwächen – umsichtige Unternehmensführung berücksichtigt diese Umstände.“
Die demografische Entwicklung ist nicht überraschend: „Es ist seit Jahrzehnten absehbar, wann starke Jahrgänge in Pension gehen und nicht mehr durch geburtenschwache Generationen nachbesetzt werden können“, erinnerte Klicka. Auch die Baubranche könne Arbeit „generationengerechter organisieren“. Ein gutes Beispiel seien „Team-Organisationen, in denen Alt und Jung einander ergänzen“. Dabei solle der Lehrling „nicht durchwegs die Wurstsemmel holen“.
Freilich seien die Spielräume, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund in Arbeit zu halten, in den Branchen unterschiedlich groß, weiß Klicka. „Was aber jeder tun kann, ist, dem Ziel einer gesunden und sinnspendenden Arbeit den notwendigen Stellenwert einzuräumen.“ Dies sei Aufgabe des Managements. „Wer in seinem Unternehmen Verantwortung, Herausforderung und Wertschätzung spürt, der wird auch gerne in dem Unternehmen weiterarbeiten wollen.“
Je flexibler Arbeitszeit gestaltet werden könne, umso weiter komme man den Bedürfnissen der Beschäftigten entgegen. „Es gibt verschiedene Chronotypen: Lerchen und Eulen, wobei Eulen meist in der Überzahl sind.“ Sie stehen schwer auf und arbeiten gerne länger.
„Es braucht Arbeits- und Arbeitszeitmodelle, die den Stärken und Schwächen des Alterns entsprechen. Ich kann Menschen länger in Arbeit halten, wenn sie wissen: Ich muss nicht mehr, aber ich will“, strich der Psychologe hervor. „In einem Pflegeberuf ältere Mitarbeiter mit 12-Stunden-Schichten im Job halten zu wollen, ist illusorisch.“ Die IBG GmbH ist mit über 200 Beschäftigten, davon 80 Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern eine Unternehmensberatung im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
(APA/red.)