Gutenberg Gang-Datenbank veröffentlicht

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Autor: Scho

Jemand geht mit kleinen Trippelschritten, ein anderer zieht beim Gehen ein Bein nach. In einem Fall rollt ein Fuß nicht über die Fußsohle ab und in einem anderen Fall wird ein Fuß nicht genügend angehoben, sondern schleift über den Boden – Störungen des Gangbildes zeigen sich auf vielfältige Weise.

Für die Betroffenen stellen sie manchmal nur eine leichte Beeinträchtigung im Alltag dar, manchmal jedoch sind sie eine schwere Einschränkung der Lebensqualität. In vielen Fällen sind solche Gangstörungen aber nur eine Begleiterscheinung oder das Symptom für eine dahinterliegende Erkrankung.

Daher sind biomechanische Ganganalysen ein hilfreiches Werkzeug zur Diagnose und anschließenden Therapie. „Bisher bestand allerdings weltweit ein Mangel an Vergleichsdaten von gesunden Personen“, sagt Dr. Fabian Horst von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Nur wenn eine ausreichende Anzahl an Daten von gesunden Personen vorliegt, können Gangstörungen oder die zugrundeliegenden Krankheitsbilder zuverlässig als solche identifiziert und klassifiziert werden. Der Sportwissenschaftler hat nun eine Datenbank vorgestellt, mit der diese Lücke geschlossen wird. Dabei handelt es sich um die weltweit größte Datenbank mit gesunden Probanden, die öffentlich zugänglich ist.

Dazu haben Dr. Fabian Horst vom Institut für Sportwissenschaft der JGU und sein Kooperationspartner Djordje Slijepčević von der Fachhochschule St. Pölten in Österreich die Daten von 350 gesunden Personen zusammengestellt, die in den vergangenen sieben Jahren das biomechanische Labor an der JGU aufgesucht hatten. Die Datenbank enthält Angaben zur Bodenreaktionskraft und dem Kraftangriffspunkt von zwei aufeinanderfolgenden Schritten. Solche Messungen werden mit in den Boden integrierten Kraftmessplatten während der gesamten Dauer des Bodenkontakts der Füße durchgeführt. „Die Bodenreaktionskraft beschreibt die Kraft, die während des Bodenkontaktes zwischen Fuß und Boden auftritt – dies gilt weltweit als Standardgröße in der biomechanischen Ganganalyse“, so Horst. Der Kraftangriffspunkt gibt zusätzliche Informationen über den Kraftverlauf wieder und seine Verlaufskurve ist neben den Kontaktkräften ein wichtiger Parameter zur Interpretation des Gangbildes.

Messergebnisse von 350 Teilnehmerinnen

Für die neue Datenbank nutzen die Wissenschaftler die Messergebnisse von 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 11 bis 64 Jahren. „Die Daten lagen in zehn Einzelstudien vor und mussten zunächst vereinheitlicht werden, bevor wir sie zusammenführen konnten“, erklärt Horst.

Diese weltweit größte Datenbank mit Daten gesunder Menschen steht nun allen Interessierten offen und kann für eigene Zwecke genutzt werden. „Orthopädische Einrichtungen zum Beispiel können die Daten herunterladen, um Normwerte für die klinische Praxis zu erstellen, und Forschungseinrichtungen können auf der Grundlage dieser Daten neue Erkenntnisse über den menschlichen Gang gewinnen“, beschreibt Slijepčević die Anwendungsmöglichkeiten. Hierfür stehen den Datenbanknutzern sowohl Rohdaten als auch verarbeitete, gebrauchsfertige Daten zur Verfügung. „Diese Datensätze bieten neue Möglichkeiten für zukünftige Studien zum menschlichen Gang, zum Beispiel die Verwendung als Referenzdaten für die Analyse pathologischer Gangmuster oder für die automatische Klassifizierung durch maschinelles Lernen“, schreiben die Autoren in einem Beitrag für das Fachjournal Scientific Data.

Ein weiteres wichtiges Merkmal der veröffentlichten Datenbank ist, dass sie in Verbindung mit dem GaitRec-Datensatz, dem größten Datensatz für pathologische Gangmuster, verwendet werden kann. „Die Kombination dieser Datenquellen ermöglicht die Entwicklung von komplexeren und robusteren Algorithmen für die automatische Analyse von Gangmustern“, erklärt Djordje Slijepčević.

In Zukunft soll die Datenbank kontinuierlich erweitert werden. „Die Erhebungen umfassten bisher vorwiegend jüngere Menschen. Erstrebenswert wäre es, eine noch größere und ausgewogenere Datenbasis im Hinblick auf das Alter und andere Faktoren zu erhalten“, fasst Dr. Fabian Horst von der Abteilung Trainings- und Bewegungswissenschaft der JGU die Zielsetzung zusammen.

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