Kinderschlafmediziner befürchten, dass Schlaf zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, obwohl er bei vielen gesundheitlichen Problemen eine Rolle spielt. Ein Beispiel sei die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Zu Schlafstörungen, die ADHS verschlimmern oder aber „nachahmen“ können, gehören neben dem Restless-Legs-Syndrom (RLS) auch Ein- und Durchschlafstörungen sowie die Restless Sleep Disorder (RSD) und circadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen (CRSD).
Bei Kindern mit motorischer Unruhe sollte daher auch an einen gestörten Schlaf gedacht werden, zum Beispiel durch „unruhige Beine“ beim Schlafen oder eine schlafbezogene Atemstörung, „und nicht nur an eine ADHS“, forderten die Fachleute am Dienstag. „Umgekehrt kann bei Kindern mit ADHS ein gestörter Schlaf die Probleme verstärken“, sagte Zsofia Rona, Leiterin der Arbeitsgruppe Schlafmedizin und Schlafforschung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). In einem Entwurf für ein Positionspapier machen sich Schlafexpertinnen und -experten aus Österreich und Deutschland daher dafür stark, dass gesunder Schlaf als ein Kinder- und Menschenrecht angesehen wird.
RLS, das „Syndrom der ruhelosen Beine“, tritt vor allem abends auf, wenn sich Kinder ins Bett legen. Betroffene leiden unter Missempfindungen meist tief in den Beinen, die sie dazu veranlassen, diese zu bewegen. Das Syndrom kann mit einem niedrigen Eisenspiegel zusammenhängen. Vitamin D, Folsäure, der Gehirnbotenstoff Dopamin und die damit verbundenen Stoffwechselvorgänge können ebenso Einfluss darauf haben.
RSD ist eine Schlafstörung, die durch häufige starke Bewegungen während des Schlafs gekennzeichnet ist, sodass betroffene Kinder gelegentlich aus dem Bett fallen können. Auch hier kann ein Zusammenhang mit einem Eisenmangel vorliegen. Bei einer CRSD ist der Tag-Nacht-Rhythmus gestört und Kinder schlafen zu ungünstigen Zeiten ein bzw. sind nachts hellwach.
Neben Mangelzuständen und Krankheiten können aber auch Lebensstilfaktoren den Schlaf stören. Die Fachleute verweisen auf zu wenig Bewegung und langes Sitzen sowie übermäßigen Mediengebrauch: Je weniger Zeit zwischen der Mediennutzung und dem Zubettgehen liegt, desto länger brauchen Kinder zum Einschlafen. Heranwachsende, die Smartphone, Laptop, Tablet usw. ständig verwenden, schlafen weniger und schlechter und sind tagsüber sehr müde.
Reize hemmen Entspannung und Ruhe
„Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Zum einen sorgen Medien für eine größere Anspannung und Erregtheit, die die nötige Entspannung und Ruhe zum Einschlafen erschweren. Zum anderen verzögert das helle, blauwellige Licht die nächtliche Melatoninausschüttung, die das Einschlafen fördert“, so Rona.
Mit dem Slogan „Schlaf als Kinder-/Patientenrecht“ unterstreichen die österreichischen und deutschen Gesellschaften für Schlafforschung und Schlafmedizin die Bedeutung des Schlafs. Sie schlagen vor, dass ein Konzept entwickelt wird, um ihn als wichtigen Baustein für die Gesundheit regelmäßig in den Vorsorgeuntersuchungen zu erfassen.
„Schlaf ist auch für die geistige und emotionale Entwicklung sehr wichtig. Gelerntes verfestigt sich im Schlaf. Beobachten Eltern, dass ihr Kind tagsüber immer sehr müde ist, Einschlaf- und Durchschlafprobleme oder nachts Atemaussetzer hat bzw. schnarcht, sollten sie dies bei ihrem Kinder- und Jugendarzt bzw. bei ihrer Kinder- und Jugendärztin ansprechen“, rät Rona. „Oft ist das Problem, dass Eltern vorwiegend nur die Verhaltensstörungen tagsüber auffallen. Und schlafgestörte Kinder wirken häufig nicht müde, weil sie ‚rumzappeln‘, um sich wach zu halten und innerlich unruhig sind.“
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(APA/red.)