Ausscheidungen von Bodenbakterien zerstören jene Nervenzellen im Gehirn, die bei der Parkinson-Krankheit vornehmlich sterben, berichtet der Wiener Umweltchemiker Thomas Böttcher. Bei Würmern zeigten sich dann „Parkinson-ähnliche Symptome“. Von Bodenmikroben gelangt der Nerventöterstoff jedoch wohl kaum in menschliche Hirnzellen. Vielleicht produzieren ihn auch Bakterien im Körper, erklärte Böttcher der APA. Die Studie ist im Fachjournal „Environment International“ erschienen.
Bei der Parkinson-Krankheit sterben vornehmlich „Dopamin produzierende Nervenzellen“ im Mittelhirn. Der Mangel am Botenstoff Dopamin führt unter anderem zu Bewegungsstörungen. Es gibt zwar bekannte erbliche (genetische) Ursachen für Parkinson, „in 90 Prozent der Fälle tritt die Krankheit aber sporadisch auf, also ohne klaren genetischen Ursprung“, so ein Forscherteam um Thomas Böttcher, der am Institut für Biologische Chemie der Universität Wien arbeitet, in einer Aussendung. Auslöser sind dann möglicherweise Umweltfaktoren, wie Pestizide, Industriechemikalien oder Substanzen aus Mikroben.
Die Wissenschafter gingen Hinweisen nach, dass ein Extrakt des Bakteriums „Streptomyces venezuelae“ eine schädliche Wirkung auf Nervenzellen haben könnte. Tatsächlich tötete dieser Extrakt vornehmlich Dopamin-produzierende Nervenzellen des Menschen. Dafür ist ein Stoff namens „Aerugin“ verantwortlich, der von den Mikroben produziert wird. Er ist für die Dopamin-produzierenden Nervenzellen besonders schädlich, „normale“ Körperzellen behelligt er hingegen kaum.
Auf der Suche nach neuen Spezies
Die Substanz wurde anschließend bei Fadenwürmern getestet. „Sie zeigten in Folge Bewegungsschwierigkeiten und spezifische neuronale Muster ähnlich wie bei menschlichen Parkinson-Patienten“, heißt es in der Aussendung. „Die Giftstoffproduktion von S. venezuelae dürfte für die meisten Parkinson-Krankheitsfälle von begrenzter Relevanz sein, da diese Bakterien typischerweise im Boden leben“, schreiben die Forscher in der Fachpublikation.
„Wichtig ist vielmehr, dass wir zum ersten Mal ein Molekül identifizieren konnten, das eine selektive Neurodegeneration (Abbau von Nervenzellen, Anm.) hervorruft“, erklärte Böttcher der APA. Man kennt die Gene, die für die Herstellung von Aerugin nötig sind. „Mit diesem Wissen können wir nun nach anderen Spezies suchen, die sie in sich tragen und ebenfalls Aerugin produzieren können“, so der Forscher: „Wir haben bereits eine erste Liste mit möglichen Kandidaten von Krankheitserregern beim Menschen zusammengetragen, bei denen dies der Fall ist.“ In derzeit laufenden Folgestudien werden sie genau untersucht. Wenn man schließlich weiß, welche Bakterien, die den menschlichen Körper besiedeln, Aerugin produzieren, könnte man diese gezielt hemmen, oder vielleicht eine Diät entwickeln, bei der sie weniger schädliches Aerugin fabrizieren, erklärte Böttcher.
Die Fachpublikation finden Sie hier.
(APA/red.)