Projekt IDDSI-Implementierung

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Autor: Marlies Feiner

Eine gemeinsame Sprache von der ersten Dysphagiediagnostik bis zum Entlassungsbrief

Schluckstörungen und daraus resultierende ernährungstherapeutische Maßnahmen sind große Themen in der Tätigkeit der 34 Logopädinnen und Logopäden und der 16 Diätologinnen und Diätologen am LKH-Univ.-Klinikum Graz. Dabei arbeiten sie eng mit den ärztlichen und pflegerischen Teams zusammen. Eine Schluckstörung findet sich initial bei mindestens 50 % aller Patienten mit ischämischem oder hämorrhagischem Schlaganfall sowie häufig auch bei kritisch kranken, intensivpflichtigen Patienten. Dysphagien beeinträchtigen bei den Betroffenen die orale Nahrungsaufnahme, die Lungengesundheit, den Rehabilitationsverlauf und die Lebensqualität. Die Diagnosen „Dysphagie“, „St.p. Dysphagie“ oder „V.a. Dysphagie“ wurden 2019 im Klinikum mehr als 1.200-mal vergeben.

Flüssigkeitsmodifikation und Konsistenzanpassung stellen schon seit Langem einen wichtigen Baustein der Dysphagietherapie dar. Im Schnitt werden pro Mahlzeit 120 Tabletts mit konsistenzangepasster Kost am LKH-Univ.-Klinikum Graz ausgespeist. Die Kost ist dabei so zubereitet, dass Patienten mit Dysphagie diese sicher schlucken können. Nach einer individuellen Diagnostik kann aus dem Kostformenkatalog von weicher Kost bis hin zu flüssiger Kost die passende Konsistenz ausgewählt werden. Die klinische Erfahrung zeigt allerdings, dass zwischen den Berufsgruppen und Institutionen bzw. auch zwischen Gesundheitspersonal und Betroffenen mit deren Angehörigen eine einheitliche Sprache gefunden werden muss. Denn, wie weich ist weiche Kost? Wie klebrig darf pürierte Kost sein? Wie dick ist „ein bisschen eingedickt“?

Genau hier setzt die Grundstruktur der 2013 gegründeten „International Dysphagia Diet Standardisation Initiative“ (IDDSI) an. Sie schlägt standardisierte Definitionen und weltweit einheitliche Terminologien vor. Textur-adaptierte Speisen und Flüssigkeiten werden anhand von Kriterien auf einer 8-stufigen Skala eingeteilt. Mit einfachen Tests, z.B. dem Gabeltropftest oder Löffelkipptest, kann zum Beispiel festgestellt werden, ob ein Brei zur Stufe IDDSI 3 oder IDDSI 4 gehört. Im Idealfall zieht sich diese gemeinsame Sprache von der ersten Diagnostik bis hin zum Entlassungsbrief und die Übergabe an die nächste Institution durch.

Im Jahr 2020 begann eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe bestehend aus Diätologen, Logopäden und Küchenchef Thomas Sommer damit, die deutsche Übersetzung der IDDSI Grundstruktur von 2019 am LKH-Univ.-Klinikum einzuführen.

Das Projekt ist gut angelaufen und die ersten Arbeitspakete wurden bereits umgesetzt. Die verwendeten Konsistenzen in der Schluckdiagnostik (klinische Schluckuntersuchung, flexible endoskopische Evaluation des Schluckens, Videofluoro­skopie des Schluckaktes) werden bereits nach IDDSI angegeben. Auch die „oral nutritional supplements“ (Trinknahrungen) sind mittlerweile nach IDDSI klassifiziert und ein Großteil der KAGes-Leitlinien für Logopädie und Diätologie aktualisiert.

Die zeitintensivste Aufgabe im Projekt ist, alle konsistenzdefinierten Speisen am Klinikum zu testen und laut IDDSI einzustufen. Mit viel Flexibilität und Einfallsreichtum des Küchenpersonals der Diätküche unter der Leitung von Stefan Bauer werden bestehende Rezepte angepasst und neue entwickelt. Die Kostform „pürierte Kost“ entspricht nach diesen Schritten nun bereits der Stufe IDDSI 3. Eine Mitarbeiter-Befragung zu IDDSI ist im Gange und erhebt den Wissensstand zu IDDSI und die aktuelle Praxis der Flüssigkeitsmodifikation und Konsistenzanpassung. Das Projektteam ist außerdem bereits aktiv in der D-A-CH-weiten Arbeitsgruppe zur IDDSI-Implementation und Küchentechnik vernetzt.

Bis 2024 gibt es noch einiges zu tun. Aber das Ziel ist klar: eine gemeinsame Sprache zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten mit Dysphagie.

2015 veröffentlichte die „International Dysphagia Diet Standardisation Initiative“ (IDDSI) ein Rahmenwerk, nach dem Speisen und Getränke anhand ihrer Konsistenzen und Texturen in eine 8-stufige Skala eingeteilt werden können. Ziel ist eine weltweit gemeinsame Sprache in der Dysphagietherapie. Mehr über IDDSI erfahren Sie unter www.iddsi.org

Im deutschsprachigen Raum stellt die D-A-CH Referenzgruppe von IDDSI u.a. ein Webinar mit einer Einführung zu IDDSI zur
Verfügung:
https://www.youtube.com/watch?v=GpMmWYHpfiY

Kontakt:
Sonja Reitmann, MBA
MTD-Leitung Steiermärkische Kranken­anstalten­gesellschaft m.b.H., LKH-Univ. Klinikum Graz
Sonja.Reitmann@uniklinikum.kages.at

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