Bereits 2021 kam die Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu dem Schluss, dass der Bedarf an Gesundheitsinformation in der eigenen Muttersprache sehr groß ist. Im Bericht (1) „Gute Gesundheitsinformation für Menschen mit Migrationshintergrund“ wurde untersucht, ob und welchen Zugang Menschen mit Migrationshintergrund zu passenden Informationsmaterialien im Gesundheitsbereich haben. Niederschwellige Informationsmedien und Übersetzungsmöglichkeiten wurden als wichtige Kommunikations-Tools identifiziert. Die NÖ Landes- und Universitätskliniken behandelten im Jahr 2022 insgesamt 90.484 Patientinnen und Patienten (davon 15.169 stationär & 75.315 ambulant) mit einer Staatszugehörigkeit außerhalb des deutschsprachigen Raums (Österreich, Schweiz und Deutschland). Auch wenn anzunehmen ist, dass sich zumindest ein Teil dieser Patientinnen und Patienten auch in deutscher Sprache verständigen kann, ist eine Information in der eigenen Muttersprache im Sinne der Verständlichkeit stets vorzuziehen. Vor allem in Stresssituationen, wie sie Krankenhausaufenthalte zweifelsohne darstellen, sind Aufnahmefähigkeit und Aufmerksamkeit oftmals eingeschränkt.
Bereits seit 2017 besteht in den NÖ Kliniken die Möglichkeit, Videodolmetsch zu nutzen. Die Verwendung solcher Systeme ist bei vielen Krankenhausträgern bereits Standard. Mit einer Wartezeit von 20 Sekunden bis maximal 15 Minuten – für die häufigsten Sprachen – und einer ständigen Verfügbarkeit wird ein wesentlicher Beitrag zur Sicherheit für fremdsprachige Patientinnen und Patienten sowie für ihre Behandlerinnen und Behandler geleistet. 2022 wurden in den NÖ Kliniken 1.400 Videocalls mit einer durchschnittlichen Dauer von knapp 21 Minuten getätigt. Neben Arabisch, Farsi und Russisch, die zu den meistgenutzten Sprachen zählen (333, 188 bzw. 292 Calls im Jahr 2022), gibt es auch weniger häufig vorkommende Sprachen wie Somali oder Dari (4 bzw. 17 Calls im Jahr 2022), die zur Anwendung kommen. Seit 2021 steht Videodolmetsch auch in den NÖ Pflege-, Betreuungs- und Förderzentren zur Verfügung.
Wie bereits in einer vergangenen QUALITAS Ausgabe (2) berichtet wurde, liegen diverse Informationsfolder und Verhaltensempfehlungen zu unterschiedlichsten Gesundheitsthemen für die Patientinnen und Patienten der NÖ Kliniken auf, die jährlich in einer Sammelbestellung professionell gedruckt werden. Ein großer Teil dieser Informationsfolder und Verhaltensempfehlungen steht auch in verschiedenen Fremdsprachen zur Verfügung. Insgesamt bestehen Übersetzungen in 10 unterschiedliche Sprachen, Übersetzungen in weitere Sprachen finden laufend statt. Hier besteht betreffend Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch eine enge Zusammenarbeit mit dem grenzüberschreitenden Projekt Healthacross (3). Für die direkt am „PatientInnenbett“ tätigen Kolleginnen und Kollegen wurde die Möglichkeit geschaffen, jederzeit und niederschwellig auf die fremdsprachigen Versionen der Informationsfolder und Verhaltensempfehlungen für Patientinnen und Patienten zugreifen zu können: Mit dem Ziel, Wartezeiten möglichst kurz zu halten, wurde für die Übersetzungen eine Downloadmöglichkeit über die Online-Bibliothek der NÖ LGA geschaffen, auf die alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zugriff haben. Die fremdsprachigen Folder wurden so gestaltet, dass auch Ausdrucke und Kopien in schwarz-weiß noch gut lesbar sind, die Praktikabilität steht hier an erster Stelle.
Einen weiteren wichtigen Beitrag zur sicheren Kommunikation mit fremdsprachigen Patientinnen und Patienten stellt die neue Übersetzungshilfe für den Notfall dar. Auf Initiative engagierter Kolleginnen und Kollegen aus dem Landesklinikum Wiener Neustadt wurde hier ein Hilfsmittel geschaffen, das die Verständigung in Akutsituationen erleichtern soll. Die Übersetzungshilfe umfasst wichtige Fragen zum Gesundheitszustand in 16 unterschiedlichen Sprachen, wie z.B.: „Bekommen Sie genug Luft?“, „Haben Sie Allergien?“ oder „Wo tut es weh?“. Ergänzt wird die Übersetzungshilfe durch Piktogramme und Symbole, auf welche die Patientinnen und Patienten zeigen können, um so die Fragen zu beantworten. Dies kommt nicht nur fremdsprachigen Patientinnen und Patienten zugute, sondern auch jenen, die sich nicht verbal äußern können, jedoch bei Bewusstsein und ansprechbar sind. Die Übersetzungshilfe liegt in allen NÖ Kliniken auf und bildet eine wichtige Überbrückungsmöglichkeit, die genutzt wird, bis ein Videodolmetsch organisiert werden kann. Neben der Wartezeit, die bei seltenen Sprachen bis zu einem Tag betragen kann, ist beim Videodolmetsch auch zu beachten, dass die zugehörige Hardware unter anderem aus hygienischen Gründen nicht in allen Behandlungssettings zum Einsatz kommen kann. Hier bietet die handliche Übersetzungshilfe im A3-Format, die aus einem abwisch- und desinfizierbaren Material besteht, eine niederschwellige Möglichkeit der raschen Verständigung.
Mit Unterstützung der genannten Tools, wie dem Videodolmetsch, den fremdsprachigen Gesundheitsinformationen und Übersetzungshilfen sowie weiterer Initiativen, versuchen die Kolleginnen und Kollegen in den NÖ Kliniken allen Patientinnen und Patienten, unabhängig von deren Herkunft und Muttersprache, die gleiche hohe Qualität und Sicherheit in der Kommunikation und Behandlung zu bieten. Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses bleibt zu sagen, dass die Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie Expertinnen und Experten laufend bemüht sind, das Angebot für Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter auszubauen.
Quellen:
1 Weigl, Marion; Ecker, Sandra; Gaiswinkler, Sylvia (2021): Gute Gesundheitsinformation für Menschen mit Migrationshintergrund. Gesundheit Österreich, Wien. Gute Gesundheitsinformation für Menschen mit Migrationserfahrung | Gesundheit Österreich GmbH (goeg.at)
2 Vgl. QUALITAS 1, 2023, „Informierte Patientinnen und Patienten treffen gute Entscheidungen“
3 Homepage (healthacross.at)
Kontakt:
Department strategisch-fachliches Qualitätsmanagement
Abteilung Strategie und Qualität Medizin
sqm@noe-lga.at