Canale Grande

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Autor: Michael Krassnitzer

Gesundheitseinrichtungen benötigen einen sicheren Nachrichtenkanal zu ihren Mitarbeitern. Ein österreichisches Unternehmen entwickelt eine App, mit der Spitäler und Pflegeeinrichtungen ihre Teams mit wichtigen Informationen nachvollziehbar erreichen können.

Wer privat WhatsApp, Signal oder einen anderen Messaging-Dienst nutzt, kennt das: In der Volksschul-Elterngruppe führen zwei Mütter ausufernde Diskussionen zum Thema gesunde Jause; in der Kegelklub-Gruppe gibt es drei ältere Herren, die laufend miteinander online schmähführen; und dann ist da auch noch jene Bekannte, die dreimal täglich Bildchen mit vermeintlich lustigen Motiven oder Lebensweisheiten verschickt. Mit anderen Worten: Im Messenger sammelt sich allerlei Müll an. Die verständliche Reaktion vieler Nutzer: Nachrichten werden zunehmend ignoriert. Da kann es schon mal passieren, dass einmal etwas Wichtiges eintrifft, aber ungelesen weggewischt wird, weil es inmitten von Katzenvideos und lauwarmen Witzchen übersehen wird.

Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern Messaging-Dienste zur Verfügung. Im beruflichen Kontext freilich sollte es nicht passieren, dass wichtige Nachrichten in einer Flut an überflüssigen Informationen untergehen. Vor allem Gesundheitseinrichtungen benötigen einen abgesicherten Informationskanal zu ihren Mitarbeitern – eine Art Canale Grande der Mitarbeiterinformation. Am Markt gibt es daher Messaging-Dienste, bei denen die Nutzer nicht untereinander kommunizieren können. Eine derartige Informations- und Kommunikations-App speziell für den Gesundheitsbereich ist MPloyee. Hier gibt es nur Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitern, aber keine Kommunikation zwischen den Mitarbeitern unterein­ander. „Das unterscheidet uns von unseren Mitbewerbern“, bekräftigt Manfred Pascher, geschäftsführender Gesellschafter des österreichischen Unternehmens MP2 IT-Solutions, das die App entwickelt hat: „Die Menge an Informationen wird reduziert. Der Nutzer weiß, dass es sich bei den einlangenden Nachrichten um wichtige Nachrichten handelt.“

Ohne Müll. Krankenhäuser und Pflegeinrichtungen setzen auf direkte Medienkanäle, um wichtige Informationen gesichert an ihre Teams zu versenden. E-Mails oder WhatsApp sind dafür nicht geeignet.

Kommunikation im Vertikalen

Über MPloyee können Informationen sicher, schnell und einfach an alle Mitarbeiter übermittelt werden – auch an jene, die über keinen ständigen Arbeitsplatz, Zugang zum Unternehmens-Intranet oder E-Mail-Account verfügen. Das Herzstück der Anwendung ist ein smartes Benachrichtigungssystem mit Push-Benachrichtigungen und kanalübergreifenden Antwortmöglichkeiten. Darüber hinaus gibt es einen Newsfeed, wo Wichtiges gepinnt und priorisiert werden kann. Aus Sicht des Unternehmens lassen sich Dokumente und Multimedia schnell teilen und verwalten. Durch Schnittstellen kann die App ganz einfach zentral verwaltet werden – ohne doppelte Eingabe der Informationen.

Die Benachrichtigungen können unternehmensweit, an die Mitarbeiter eines bestimmten Bereiches oder einer bestimmten Abteilung oder ganz individuell verschickt werden. Welche Informationen an wen verschickt werden, entscheidet allein der Anwender. Das können zum Beispiel ein Newsletter, die aktuellen Covid-19-Regelungen oder neue krankenhausinterne Richtlinien sein. Auch Lohnzettel, Dienstpläne oder aktuelle Dienstplanänderungen bieten sich an. Für die ganz wichtigen Informationen gibt es die Möglichkeit einer verpflichtenden Lesebestätigung. Ein nützliches Tool ist MPloyee auch in Zusammenhang mit Online-Schulungen und Unterweisungen. Über die App können beispielsweise Brandschutz-, Hygiene- und Covid-19-Schulungen als Video oder in Textform zur Verfügung gestellt werden. Wer eine solche Schulung absolviert hat, erhält automatisch eine Teilnahmebestätigung als PDF. Lese- und Teilnahmebestätigungen werden zentral dokumentiert. „Es wird heutzutage immer wichtiger, die Weitergabe von Informationen nachvollziehbar zu machen“, unterstreicht Pascher.

Die Anwendung lässt sich auf allen gängigen Endgeräten in­stallieren und ist mit den Betriebssystemen iOS und Android kompatibel. Wer weder über Smartphone, Tablet oder einen eigenen PC verfügt, kann MPloyee in einer Web-Version auf einem unternehmenseigenen Rechner nutzen. Die App kann über jeden App-Store heruntergeladen werden. Die Authentifizierung erfolgt – wie auch bei WhatsApp & Co – über die Mobiltelefonnummer. Es gibt keine komplizierten Zugangsdaten, keine aufwendige Konfiguration und keine mühsame Registrierung.

Jetzt müssen wir die Informationen nicht mehr in drei verschiedene Systeme reinklopfen, sondern nur noch in die App. Die Anwendung erledigt dann den Rest.

Alexander Walter-Frosch Gesundheitsresort Königsberg Bad Schönau

„Wir haben uns bewusst für ein One-Way-Kommunikationstool entschieden“, bekräftigt Alexander Walter-Frosch, Prokurist des Gesundheitsresorts Königsberg Bad Schönau: „MPloyee erfüllt genau das, was wir brauchen: ein einfaches und rasches Kommunikationstool, um Bilder, Texte, Videos und Links vom Unternehmen an die Mitarbeiter zu übermitteln.“ In der niederösterreichischen Einrichtung ist MPloyee seit Beginn dieses Jahres vollständig implementiert. Gerade in Pandemiezeiten, wo sich die diesbezüglichen Regelungen laufend änderten, sei eine schnelle Informationsvermittlung wichtig, erklärt Walter-Frosch. Lohnzettel und Dienstzettel werden ab kommendem Jahr per MPloyee versendet.
Im Gesundheitsresort Königsberg Bad Schönau wird MPloyee auch als Nachschlagewerk verwendet: Die Nutzer finden darin Listen mit den wichtigsten telefonischen Kontakten im Haus. Auch Mitarbeiterumfragen lassen sich über die App durchführen. Auf diese Weise entschieden die Mitarbeiter mit, in welcher Farbe der neu gestaltete Mitarbeiter-Speisesaal gestrichen werden sollte. „Eine solche Umfrage ist nicht so aussagekräftig wie eine richtige große Mitarbeiterumfrage, aber sie ist so etwas wie ein Stimmungsbarometer“, sagt Walter-Frosch. Im MPloyee des Gesundheitsresorts ist auch ein Video mit Anleitungen zur Meditation und zu Achtsamkeitsübungen eingebettet. Dieses richtet sich eigentlich an Patienten, stößt aber auch bei den Mitarbeitern auf großes Interesse. Sehr glücklich ist Walter-Frosch, dass die Anwendung über Schnittstellen zu allen gängigen Softwareprodukten verfügt. Die News für Mitarbeiter zum Beispiel werden auch nach wie vor per E-Mail verschickt sowie über Office 365 SharePoint und MSTeams verbreitet. „Aber jetzt müssen wir die Informationen nicht in drei verschiedene Systeme reinklopfen, sondern nur noch in MPloyee. Die Anwendung erledigt dann
den Rest.“

IT aus dem Waldviertel. Das Zwettler Unternehmen MP2 IT-Solution hat einen Messenger-Dienst speziell für Gesundheitseinrichtungen entwickelt. Spitäler kommunizieren gesichert mit ihren Mitarbeitern. Ein Austausch zwischen den Mitarbeitern ist nicht beabsichtigt. „Das macht den Unterschied“, bekräftigt MP2-Geschäftsführer Manfred Pascher.

Gesicherter Kanal

Datenschutz wird bei MPloyee großgeschrieben. Alle Daten werden verschlüsselt auf den Endgeräten abgelegt. Die Daten werden nur auf österreichischen Servern verarbeitet. Die App nutzt keine Information vom Endgerät der Nutzer wie zum Beispiel den Standort oder die Kontaktdaten. „Das war bei allen unseren Kunden ein Thema“, erzählt Pascher: „Dass keine Daten getrackt werden, ist ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz seitens der Belegschaft.“ Entsprechend hoch sind die Interaktionszahlen von MPloyee in jenen Organisationen, in denen dieser Dienst implementiert wurde. In manchen Unternehmen verwenden laut Unternehmensangaben über 90 Prozent der Mitarbeiter MPloyee. In Bad Schönau sind es 80 Prozent der Mitarbeiter. „Das ist eine sehr gute Zahl, wenn man bedenkt, dass die Anwendung nicht verpflichtend ist“, betont Walter-Frosch. Auch in seinem Haus gab es im Vorfeld Bedenken wegen des Datenschutzes. Nachdem aber klar war, dass die App auf keine Daten im Handy zugreift, seien die Diskussionen schnell verstummt und die App sei von den Mitarbeitern gut angenommen worden. „Wenn eine solche Anwendung auf alles Mögliche zugreift, würde ich sie wahrscheinlich selbst nicht installieren“, bekennt der Prokurist.

Wichtige Nachrichten an das gesamte Team ausschließlich per E-Mail zu verbreiten, ist übrigens keine gangbare Alternative: Es gibt nämlich gar nicht so wenige Mitarbeiter, die über keinen E-Mail-Account verfügen. Und es gibt auch jene, die nicht wollen, dass sie ihr Arbeitgeber via E-Mail kontaktiert und die ihren privaten E-Mail-Account daher nicht bekanntgeben möchten. „Das ist vom Arbeitgeber zu respektieren“, sagt Pascher. 

Das schlechte Gewissen simst mit

Der Arzt benötigt die Krankengeschichte eines Patienten und greift zum Smartphone. Über WhatsApp befragt er seine KollegInnen. Er ist aufmerksam genug, zum Persönlichkeitsschutz des Patienten dessen Namen abzukürzen. Und dennoch balanciert er am Rande des Gesetzes. Die klassischen Messengerdienste WhatsApp, Signal oder Telegram genügen einfach nicht den Maßstäben des gesteigerten Datenschutzes im Gesundheitsdienst. Und trotzdem wird der Messenger-Dienst WhatsApp im Klinikalltag fast so oft verwendet wie im Privatleben. Eine Umfrage des Deutschen Datenschutzinstitutes DDI unter 353 Ärzten zeigte, dass 98 Prozent der Befragten WhatsApp auch beruflich einsetzen. Die Hälfte der Befragten versandte auch PatientInnen-Daten, Laborbefunde oder Röntgenbilder an KollegInnen. 84 % gaben immerhin an, dabei die Identität der PatientInnen zu verbergen. Schlechtes Gewissen ist dabei offensichtlich ständiger Begleiter: Zwei Drittel der MedizinerInnen waren wegen möglicher Verstöße gegen den Datenschutz beunruhigt. Fakt ist: Wenn die Technologie nicht den strengen Datenschutzanforderungen entspricht, besteht für die Patientendaten ein hohes Risiko, ungeschützt im Netz zu landen. Der Gebrauch des zum Facebook-Konzern gehörenden Messengerdienstes von WhatsApp mag für die Ablauforganisation eines Hobbyvereins geeignet sein. Für den Einsatz im Gesundheitsbereich – und sei es nur zur Anmeldung in der Kantine – braucht es spezielle Messengerdienste.

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