11.735 Personen bei Medizin-Aufnahmetest angetreten

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Autor: Scho

11.735 der rund 15.400 angemeldeten Bewerber und Bewerberinnen und damit ähnlich viele wie im vergangen Jahr traten beim heurigen Aufnahmetest zum Medizinstudium in Wien, Graz, Innsbruck und Linz an. Begleitet war der Test, der festlegt, wer einen der 1.850 Studienplätze bekommt, auch heuer von der Forderung nach mehr Studienplätzen. Der Innsbrucker Vizerektor hingegen „wäre glücklich“ über eine Quote für deutsche „Numerus Clausus-Flüchtlinge“ in Human- und Zahnmedizin.

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen versuchen bei der rund achtstündigen schriftlichen Prüfung einen der 1.850 Studienplätze an den Medizin-Unis Wien (760 Studienplätze), Innsbruck (410) und Graz (370) bzw. an der Uni Linz (310) zu ergattern. Rund die Hälfte der Teilnehmer entfällt auf die MedUni in der Bundeshauptstadt (5.851), 2.334 auf Innsbruck, 2.033 auf Graz und 1.517 auf die Linzer Johannes Keppler Universität, die die Messe Wels als Austragungsort nutzte.

Neu ist für die Bewerberinnen und Bewerber heuer ein Bereich, der die Sozialkompetenzen abfragen soll. So müssen die Kandidaten etwa ein „soziales Dilemma“ lösen, Emotionen erkennen und darauf reagieren und durch richtige Antworten zeigen, dass es ihnen gelingt, „unruhige Patienten“ zu beruhigen. „Der MedAT ist einer der wenigen Tests auch im deutschsprachigen Raum, der diese Komponente berücksichtigt“, betonte die Wiener Vizerektorin für Lehre Anita Rieder bei einer Pressekonferenz in der Wiener Messe, wo die MedUni Wien den Test abhält.

„Eine politische Entscheidung“

In Innsbruck hatten Freitagfrüh in der Messehalle die Aufnahmetests für angehende Medizinstudenten begonnen. Der Med-Uni-Vizerektor für Lehre und Studierendenangelegenheiten, Wolfgang Prodinger, sprach sich vor Beginn des Tests bei einem Pressegespräch, gefragt nach der aktuellen Debatte um deutsche „Numerus Clausus-Flüchtlinge“, für eine „Mediziner-Quote“ sowohl in Human- als auch in Zahnmedizin aus. Es müsse (weiter) für eine Mehrheit von österreichischen Medizin-Absolventen gesorgt werden. Zugleich gab er sich aber skeptisch, dass „Änderungen“ bei „Numerus Clausus-Flüchtlingen“ umsetzbar seien. Letzten Endes bleibe es außerdem „eine politische Entscheidung“. Zugleich aber verteidigte Prodinger die Medizin-Studenten aus Deutschland: „Diese haben Österreich auch gut getan.“

In der Humanmedizin gehen mindestens 95 Prozent der Studienplätze an allen Unis an Kandidaten aus der EU und mindestens 75 Prozent an Studienwerber mit österreichischem Maturazeugnis. In der Zahnmedizin werden die Plätze dagegen unabhängig von der Nationalität an die Bewerber mit dem besten Testergebnis vergeben.

In Frage gestellt hatte die derzeitige Medizin-Zugangsregelung die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die dafür eintrat, den „Numerus-Clausus-Flüchtlingen“ einen Riegel vorzuschieben. Unterstützung bekam sie durch ein Gutachten des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer, der der Auffassung war, dass Österreich die Zulassungsbeschränkungen des jeweiligen Heimatlandes für ausländische Medizinstudenten anwenden dürfe. Anderer Meinung war wiederum wenig später Europarechts-Kollege Peter Hilpold im APA-Gespräch. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) war hingegen in dieser Frage noch vorsichtig geblieben. Man prüfe den Mikl-Leitner-Vorstoß gerade „sehr intensiv“. Polaschek setzte eine eigene Arbeitsgruppe mit Experten aus Europa- und Verfassungsrecht ein, inwieweit man auf Basis der Expertise an die EU-Kommission herantreten sollte.

Rauch: „Mit Zwang gewinnt man keine motivierten MitarbeiterInnen“

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) reagierte Freitagnachmittag auf Twitter: „Mehr Medizin-Studienplätze zu schaffen oder die Zahl ausländischer Studierender einzuschränken, würde nicht viel bringen. Eine Berufspflicht für Medizin-Studierende wird uns ebenfalls nicht weiterhelfen. Mit Zwang gewinnt man keine motivierten MitarbeiterInnen.“

Rieder betonte hingegen, dass – auf den Tag genau – vor 18 Jahren durch den Europäischen Gerichtshof festgehalten wurde, dass Bewerbern aus der EU ein Studium grundsätzlich ermöglicht werden müsse – genauso aber auch andersherum. Von den 7.500 Anmeldungen in Wien hatten heuer 1.830 kein österreichisches Maturazeugnis. Mit 1.400 kam der Großteil davon aus Deutschland. Ähnlich in Innsbruck, wo von den 1.448 Bewerbungen aus EU-Ländern 1.333 auf Deutschland entfielen.

Einen österreichweiten Ärztemangel sieht man in Wien nicht. Viel eher sei es ein regionales und zum Teil auch nationales Verteilungsproblem, der in den letzten Jahren neu ausgebildeten Ärzte und Ärztinnen. Problemfelder seien unter anderem die schlechte Bezahlung, die „Migration in die lukrative und nur teilweise versorgungsrelevante Privatmedizin“ und der internationale Wettbewerb um Jungmediziner und -Medizinerinnen.

Auch der Forderung nach mehr Studienplätzen könne man nichts abgewinnen. Österreich liege mit der Zahl der Absolventen und Absolventinnen im internationalen Spitzenfeld und bilde in Bezug auf die Einwohnerzahl wesentlich mehr Menschen aus als vergleichbare Länder. Bis 2028 erfolge ohnehin ein schrittweiser Ausbau auf 2.000 Studienplätze österreichweit. Diese Zahl sei noch möglich, ohne das darunter die Qualitätsstandards leiden müssten.

Die SPÖ fordert indes die Verdoppelung der Medizinstudienplätze. Um dem Mangel an Kassenärzten und -Ärztinnen entgegenzuwirken, schlägt die SPÖ vor, jene über Stipendien oder Bonussysteme zu bevorzugen, die sich bereit erklären, dem öffentlichen Gesundheitssystem eine gewisse Zeit lang zur Verfügung zu stehen. „An immer mehr Ecken und Enden kracht es. Ärzte und Ärztinnen fehlen, Wartezeiten werden immer länger – außer man zahlt privat. Dabei zeigt sich Jahr für Jahr: Es gibt genug junge Menschen, deren Traum es wäre, Leben zu retten. Wir sollten ihnen die Chance, ihren Traum zu erfüllen, auch geben“, betonte Klubobmann Philip Kucher gegenüber der APA. Die Vorsitzende der ÖH an der MedUni Carolin Vollbrecht sieht den Vorschlag, innerhalb „kürzester Zeit“ die Studienplätze zu verdoppeln, hingegen kritisch, da darunter die Qualitätsstandards leiden würden.

„Mehr Studienplätze“ lautet auch die jährliche Forderung der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Das strenge Aufnahmeverfahren führe bei vielen Bewerbern und Bewerberinnen zu großer psychischer Belastung und verstärktem Konkurrenzdenken untereinander. Außerdem würden die derzeit verfügbaren Studienplätze nicht ausreichen, um den „chronischen ÄrztInnenmangel“ auszugleichen, kritisierte das ÖH-Vorsitzteam in einer Aussendung. Ein weiteres Problem sei, dass das Aufnahmeverfahren oft mit teueren Vorbereitungskursen einhergehe. „Diese Art der sozialen Selektion führt dazu, dass Bildung gerade im medizinischen Bereich noch immer stark vererbt wird“, kritisierte Nina Mathies (VSSTÖ) vom Vorsitzteam.

(APA/red.)

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