Der deutsche Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer kommt bei seinem Strukturumbau mit der einhergehenden Streichung tausender Jobs voran. „Wir haben 3.200 weniger Stellen im Konzern als Anfang des Jahres“, sagte Bayer-Chef Bill Anderson in Leverkusen. „Und wir haben 900 Teams zusammengestellt, die an unseren wichtigsten Aufgaben arbeiten.“ Die Stellenzahl von Bayer sank zur Jahresmitte auf weltweit 96.600.
Der Manager hat seit gut einem Jahr das Sagen bei der Traditionsfirma, die aufgrund von Glyphosat-Klagen in den USA, ausgelaufener Patente von Medikamenten und anderer Entwicklungen unter Druck ist. Der Aktienkurs ist im Keller, im ersten Halbjahr sank der Umsatz um 2,1 Prozent auf 24,9 Mrd. Euro. Ohne Wechselkurseffekte ergibt sich ein Plus von einem Prozent.
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen fiel in der ersten Jahreshälfte um 6,8 Prozent auf 6,5 Mrd. Euro, im zweiten Quartal gab es hier sogar ein Minus von 16,5 Prozent.
Unter dem Strich steht im zweiten Quartal ein Minus von 34 Mio. Euro, nach einem Verlust von knapp 1,9 Mrd. Euro vor einem Jahr. Damals war auch wegen eines trägen Glyphosat-Geschäfts eine Abschreibung in Milliardenhöhe notwendig geworden. Das war im abgelaufenen Quartal nicht der Fall, dafür waren die Restrukturierungskosten recht hoch.
Die Geschäfte hatten Licht und Schatten: Während die Geschäfte in der Agrarsparte schwierig verliefen, gaben im Pharmabereich neue Medikamente Rückenwind – dadurch wurden Umsatzeinbußen beim Verkauf des Kassenschlagers Xarelto, eines Blutgerinnungshemmers, ausgeglichen. Die zuvor gegebene Konzernprognose für das Gesamtjahr 2024 bestätigte das Management. „Wir sind auf einem guten Weg, unsere Ziele zu erreichen“, sagte der Vorstandsvorsitzende.
Der US-Amerikaner Anderson, der auf den glücklosen Werner Baumann als Bayer-Lenker gefolgt ist, will den Konzern mit einem tiefgreifenden Strukturumbau auf Kurs bringen. Er findet, dass das Unternehmen bei seinem Amtsantritt zu hierarchisch strukturiert war und die Arbeitsabläufe teilweise ineffizient waren.
Zwischen ihm als CEO und dem Kunden geben es bis zu zwölf Ebenen, monierte er damals und präsentierte dann eine neue Arbeitsstruktur, bei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternehmerischer denken und eigenverantwortlicher handeln sollen. Sie sollen ihren Vorgesetzten weniger Rede und Antwort stehen müssen und stattdessen selbst entscheiden, um Arbeitsabläufe im Konzern zu beschleunigen. Dadurch sind weniger Manager als Vorgesetzte nötig – besonders solche Stellen werden abgebaut, im ersten Halbjahr waren das rund 2.500 von den insgesamt 3.200 Jobs, die dem Rotstift zum Opfer fielen.
Verbesserung der Arbeitsabläufe
„Im alten System hatten wir Manager, die manchmal drei oder fünf oder sieben Leute gemanagt haben“, erläutert Anderson sein bisher wichtigstes Projekt in seiner noch kurzen Amtszeit. „Jetzt haben wir normalerweise Manager, die 12, 15 oder sogar 20 Leute managen.“ Ihre Managementfunktion sei sehr begrenzt, es gehe mehr um Verwaltung und Karriere-Coaching.
Die eigentliche Arbeit werde nun hingegen von den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erledigt, die sich in wechselnden Teams zusammentun und nah am Kunden sind. „Im alten System hatten wir Marketing-Leute und Produktionsleute, die alle in ihrem jeweiligen Silo steckten“, sagt Anderson. „Im neuen System sind diese Leute alle zusammen und sie finden sich in Teams zusammen rund um den Kunden.“
Neben der Verbesserung der Arbeitsabläufe geht es bei der neuen Firmenstruktur auch um Kostensenkungen des hoch verschuldeten Konzerns. Im Jahr 2026 sollen die Kosten vor allem wegen der Personalreduzierung um 2 Mrd. Euro gesenkt sein, heuer sollen es bereits 500 Mio. Euro sein. „Bei beiden Zielen sind wir auf Kurs“, sagt Anderson und fügt hinzu, der Umbau komme schneller voran, als er gedacht habe.
Wie viele weitere Stellen noch abgebaut werden, ist noch offen, ein Zahlenziel gibt es hierzu nicht. Firmenchef Anderson macht aber deutlich, dass der Umbau zügig voranschreiten werde.
(APA/dpa/red.)