Blackout im Krankenhaus – Masterarbeit zur Krisenfestigkeit

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Im Masterstudiengang Gesundheitsmanagement und Integrierte Versorgung der FH Burgenland beschäftigte sich Florian Frühwirth in seiner Masterarbeit mit dem allgegenwärtigen Thema Blackout. Er beforschte den Einfluss eines Blackouts auf die Abläufe in Krankenhäusern und ermittelte geeigneten Strategie, mittels denen zumindest eine teilweise Vorbereitung auf dieses Szenario möglich ist. „Aufgrund mangelnder Erfahrungswerte im deutschsprachigen Raum, gestaltete sich die Literaturrecherche schwierig. In den USA gibt es mehr Literatur zum Thema, da es dort bereits mehrfach zu längerfristigen, großflächigen Stromausfällen kam“, so Frühwirth. Neben dem Durchforsten der verfügbaren Literatur sprach er für seine Arbeit mit insgesamt sieben Expertinnen und Experten, darunter Führungskräfte genauso wie Techniker*innen aus privaten und öffentlich geführten Krankenanstalten. Auch Blackout-Experte Herbert Saurugg nahm sich für den Studenten Zeit.

Stromausfälle stellen für die gesamte Gesellschaft eine massive Bedrohung dar. Im Setting Krankenhaus verschärft sich die Lage aus vielerlei Gründen. „Im Falle einer Krise ist an einen Regelbetrieb nicht zu denken“, schickt Frühwirth voraus. Das sei spätestens seit Corona offensichtlich. Bei einem Blackout würden Krankenanstalten auf einen abgeschwächten Betrieb umstellen, das sei unter den optimalsten Umständen für eine bis zwei Wochen möglich. „Der Gesetzgeber schreibt vor, dass es in jedem Krankenhaus Dieselaggregate mit einem gewissen Treibstoffvorrat gibt“, so der Absolvent. Im Ernstfall würden Beleuchtung, Kühlung, Heizung auf das notwendigste Maß reduziert. Auch der Einsatz von medizinischen Geräten würde auf dringend lebenserhaltende Maßnahmen reduziert.

Jedes Krankenhaus braucht einen Krisenplan

Laut Frühwirths InterviewpartnerInnen ist das Bewusstsein für eine mögliche Blackout-Gefahr in den Institutionen angekommen. So gäbe es etwa Spitäler wie das AKH in Wien, das einmal jährlich den Ernstfall mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchspiele. Das, also die Einbindung aller Beschäftigten, sei außerordentlich wichtig. Nur, wenn Jede*r weiß, was wann zu tun ist und diese Abläufe auch trainiert werden, besteht eine Chance, die Einrichtung am Laufen zu halten.

Das Krankenhaus Feldkirch etwa setzt sich zum Ziel, neun Tage Notfallversorgung garantieren zu können. Die Verantwortlichen dort arbeiten seit 2016 an diversen Maßnahmen. Große Investitionen wurden getätigt. Experte Saurugg plädiert dafür, sich als Krankenhaus auf 14 Tage Notversorgung einzustellen, da im Falle eines Blackouts auch zunehmend die Aufgaben von Pflegeheimen oder niedergelassenen Ärzten übernommen werden müssen.

Insgesamt sei es, laut Florian Frühwirth, äußerst schwierig, sich auf etwas derart Unplanbares wie ein Blackout vorzubereiten. Denn, auch wenn im Krankenhaus im Ernstfall alles optimal läuft, gibt es unzählige Risikofaktoren, die von außen einwirken. „Je länger das Blackout dauert und je größer die Not in der Bevölkerung wird, desto größer ist auch die Gefahr, dass Menschen Orte wie Krankenhäuser stürmen, weil es dort Wärme oder Nahrung gibt.“ Manche Krankenhäuser haben aus Gründen des Gebäude- und Personenschutzes Vereinbarungen mit dem österreichischen Bundesheer oder anderen Blaulichtorganisationen abgeschlossen. Eine Alternative erprobt Krisenexperte Saurugg aktuell mit der Stadt Linz. 26 safe points in der Stadt sollen im Ernstfall die Allgemeinbevölkerung mit dem Nötigsten versorgen.

Doch die Reihe an möglichen Problemfällen ist nicht enden wollend. Wenn der Verkehr zusammenbricht, ist keine Versorgung des Krankenhauses mit Lebensmitteln, Medikamenten oder Diesel für die Notstromaggregate möglich. Genauso werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr an ihren Arbeitsplatz pendeln können oder auch zu stark in die Versorgung ihrer eigenen Familien eingebunden sein, um zur Arbeit erscheinen zu können. Wenigstens in Sachen Kommunikation sind Krankenhäuser wie alle anderen Blaulichtorganisationen für den Stromausfall gerüstet. Die Kommunikation kann über ein Funk-Netz, das sogenannte Tetra-Netz erfolgen.

Notfallmaßnahmen für Krankenhäuser

Folgende Punkte konnte Florian Frühwirth durch seine Beschäftigung mit dem Thema als essentielle Maßnahmen definieren.

  • Für die Gesamtkoordination der Krisenvorsorge muss ein Verantwortlicher inkl. Stellvertretung bestimmt werden.
  • Möglichkeiten der Kommunikation mit örtlichen Krisenstäben, mit Blaulichtorganisationen, benachbarten Krankenhäusern und dem Katastrophenschutz müssen erörtert werden.
  • Personaleinsatzpläne müssen erstellt werden. Sämtliche Mitarbeiterinnen müssen bei einem solchen Notfall selbständig agieren können, wie im gemeinsam erarbeiteten Krisenvorsorgeplan festgelegt.
  • Weiters muss abgeschätzt werden, wie lange der Notbetrieb mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen laufen kann.
  • Die Laufzeit der Notstromaggregate und die Möglichkeit sie wieder aufzutanken sind ebenfalls festzustellen. Katastrophenmedizinische Versorgung für mindestens zwei Wochen ist vorzubereiten.
  • Die Notversorgung für Personal und PatientInnen ist vorzubereiten (Bekleidung, Verpflegung, Hygiene, Ruhemöglichkeiten, etc.)
  • Vorbereitungen für eine gemeinde- bzw. bezirksweite gesundheitliche Notversorgung müssen getroffen werden.

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