Der Rechtsstreit zwischen der Ärztekammer Wien und der Labor-Gruppe Lifebrain, die im Rahmen der PCR-Testaktion „Alles Gurgelt“ täglich Zehntausende Corona-Proben auswertet, ist entschieden. Kürzlich hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine von der Ärztekammer eingebrachte außerordentliche Revision zurückgewiesen, womit klargestellt ist, dass die Bewilligung für den Laborbetrieb rechtens und eine Bedarfsprüfung zu keinem Zeitpunkt erforderlich war.
Zufrieden damit zeigte sich am Dienstag Lifebrain-Gründer und -Geschäftsführer Michael Havel im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien. Die Ärztekammer habe ihn „mit archaischem Hass verfolgt“ und „vom ersten Tag an mit Klagen eingedeckt“, um „mit allen Mitteln die Pfründe ihrer Mitglieder zu schützen“, wie Havel formulierte. Niedergelassene Ärzte hätten zu Beginn der Pandemie Corona-Tests um 130 bis 160 Euro pro Stück angeboten, seine Gruppe sei mit 6,2 Euro signifikant darunter gelegen. Aktuell kostet ein Lifebrain-PCR-Test laut Havel 5,2 Euro. Sein Unternehmen habe dafür – offenbar zum Unmut der Ärztekammer – in Wien-Penzing ein Groß-Labor mit Kapazitäten für die Auswertung von bis zu 800.000 Corona-Tests pro Tag aufgebaut: „Das wollte man mutwillig zerstören.“
Mit der VwGH-Entscheidung hätten sich „die wesentlichen Vorwürfe der Kämmerer in Luft aufgelöst“, hielt Harald Strahberger, Anwalt bei Wolf Theiss Rechtsanwälte, fest. Die Sozietät vertritt die Lifebrain-Gruppe in rechtlichen Angelegenheiten. Der Status des Lifebrain-Labors als selbstständiges Ambulatorium sei somit rechtskräftig abgesichert, betonte Strahberger.
60,7 Millionen Tests
Seit der Eröffnung des Labors am 17. Dezember 2020 hat Lifebrain 60,7 Millionen Corona-PCR-Tests und rund eine Million Mutationsanalysen durchgeführt. Derzeit werden werktags 30.000 bis 40.000 Corona-PCR-Tests ausgewertet, an Montagen sind es laut Havel bis zu 70.000. 700 Mitarbeiter sind als Vollzeitbeschäftigte im Einsatz, in der Hochphase der Corona-Krise waren es 1.700. Den gegenwärtigen Mitarbeiter-Stand will Havel bei- und einen Drei-Schicht-Betrieb aufrecht erhalten: „Die Frage ist, wie lang der Bund der Stadt Wien die Kosten refundieren wird.“ Auf Basis einer Aussage von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gehe er davon aus, dass dies jedenfalls bis Juni 2023 gesichert ist. Was den Zeitraum danach betrifft, warte man auf „Signale aus der Politik“, meinte der Lifebrain-Geschäftsführer.
Fragen nach Umsatz und Gewinn der Lifebrain-Gruppe im Zusammenhang mit den Corona-Tests wollte Havel auch auf mehrmaliges Nachfragen von Journalisten nicht beantworten: „Unsere Firmenpolitik besagt, wir geben zu Umsatzzahlen keine Auskunft.“ Milliarden habe man jedenfalls nicht verdient – zuletzt war bekannt geworden, dass die Corona-Tests hierzulande bisher vier Milliarden Euro gekostet haben. Havel verwies darauf, dass Lifebrain in den Aufbau der Infrastruktur zur Abwicklung der Corona-Tests über 65 Millionen Euro investiert habe. Sollten die Corona-Zahlen und einhergehend damit die Nachfrage nach PCR-Tests wieder steigen, könnte man binnen drei bis vier Tagen in technischer Hinsicht wieder in den Vollbetrieb gehen („Derzeit haben wir einen Pavillon eingesommert“). Die dafür erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stünden „in zehn bis 14 Tagen“ wieder zu Verfügung, sagte Havel.
Sollte es im Winter eine Corona-Welle mit hochinfektiösen Varianten oder Sub-Varianten geben, könnte Lifebrain die Test-Kapazitäten auf bis zu 100.000 Auswertungen pro Tag erhöhen. Die dafür benötigten Materialien stünden insoweit bereit, als entsprechende Vorräte für drei Monate eingelagert sind.
Indes hat Lifebrain gegen den Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp eine Klage wegen Rufschädigung eingebracht. Dieser hatte die Vergabe von PCR-Lutschertests an Lifebrain kritisiert und in einer Presseaussendung wörtlich behauptet, der „roten Testmafia in Wien“ würden „Hunderttausende Euro zugeschanzt, ohne vorher eine Ausschreibung durchzuführen“. „Obwohl ich nicht SPÖ-Mitglied bin, lasse ich mich ungern als rote Test-Mafia bezeichnen“, stellte Havel fest.