Bis zu 80.000 Menschen in Österreich leiden am Chronischen Fatigue Syndrom, auch ME/CFS oder Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome genannt. Wegen der Covid-Pandemie werde die Zahl der Betroffenen stark ansteigen, sich womöglich sogar verdoppeln, noch seien aber weder Ursachen noch ursächliche Behandlungsansätze bekannt, so die MedUni Wien. Dort haben Forschende jetzt mögliche Biomarker identifiziert. Denn bisher fehlten messbare Parameter für die Krankheit.
Da die Diagnose deswegen schwierig sei, könne die Zahl der Erkrankten nicht genau beziffert werden, berichtete die MedUni am Donnerstag: Zwischen 26.000 und 80.000 Menschen in Österreich leiden demnach an chronischer Fatigue. „Aufgrund von Covid-19 könnte sich diese Zahl in den nächsten Jahren verdoppeln. Die Zusammenhänge zwischen einer Infektion mit SARS-CoV-2 und ME/CFS sind ebenfalls Gegenstand intensiver Forschungen“, hieß es.
Betroffene können laut der neuen Studie anhand der Funktion ihres Immunsystems in Untergruppen unterteilt werden. Dabei seien unterschiedliche Biomarker nachgewiesen worden, die auf Störungen im Immunsystem bzw. auf eine reduzierte Darm-Barriere-Funktion hindeuten. Es wurden für die klinische Versorgung relevante Unterschiede identifiziert, die ohne die immunologische Unterteilung der ME/CFS-Patientengruppe unentdeckt geblieben wären. Die Studie des Teams um Eva Untersmayr-Elsenhuber vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie ist im „Journal of Clinical Medicine“ erschienen.
Die immunologische Abklärung sei von entscheidender Bedeutung: „Betroffene, die an Immundefizienzen leiden, sind durch ihre veränderte Immunfunktion charakterisiert. Bei ME/CFS-Patientinnen und -Patienten mit intaktem Immunsystem war die Darm-Barriere-Funktion herabgesetzt“, erklärte Studienleiterin Eva Untersmayr-Elsenhuber. Die Besonderheiten, die sich anhand von messbaren Markern im Blut nachweisen lassen, erlauben demnach Rückschlüsse sowohl auf unterschiedliche Krankheitsmechanismen als auch Behandlungsoptionen.
Die Ergebnisse sollen in einem größeren Rahmen überprüft werden. An der MedUni Wien wird mit Unterstützung der WE&ME-Foundation die erste „ME/CFS-Biobank Austria“ mit biologischen Proben von Betroffenen aufgebaut. „Damit die ME/CFS-Forschung in Zukunft rasch und länderübergreifend stattfinden kann, haben wir uns dabei von Anfang an mit Forschungsgruppen in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland abgestimmt“, so Untersmayr-Elsenhuber.
ME/CFS ist laut MedUni eine schwere multisystemische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad an Einschränkungen führt. 60 Prozent der Patientinnen und Patienten seien nicht in der Lage, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, 25 Prozent bettlägerig. Die genauen Ursachen der Erkrankung sind noch ungeklärt.
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(APA/red.)