Zum „Plan B“ in der Debatte Leitspital Liezen hat sich am der ehemalige Rektor der Med Uni Graz, Hellmut Samonigg, zu Wort gemeldet. Er bezeichnete den Lösungsvorschlag der von der blau-schwarzen Landesregierung einberufenen Expertenkommission als „Grabgesang für eine hochqualitative Spitalsversorgung“. „Plan A“ mit einem Leitspital in Stainach-Pürgg (Bezirk Liezen) wurde nach der Landtagswahl im Herbst 2024 „auf Eis“ gelegt.
Leitspital-Befürworter Samonigg lud unter dem Motto „Wunschkonzert für Auftraggeber“ zum Pressegespräch in Graz. Er hatte den Tiroler Gesundheitsökonomen Ernest Pichlbauer (Epicenter der Med-Uni Innsbruck) und Nikolaus Koller, Präsident der Bundeskonferenz der Krankenhausmanager Österreichs, als Referenten mitgebracht, um das Alternativkonzept gemeinsam zu erörtern.
Samonigg stellte sich klar gegen die Lösungsvariante B, alle drei Spitalsstandorte in Bad Aussee, Schladming und Rottenmann beizubehalten und dabei dem LKH Rottenmann mehr Gewicht zu geben. Aus seiner Sicht „ist der vorliegende Plan den Beweis schuldig geblieben, dass sich bei dessen Umsetzung die Qualität der Spitalversorgung für den Bezirk verbessern wird“.
„Wenn man genau liest, dann sagt auch die Expertenkommission zwischen den Zeilen, dass es nicht gescheit umsetzbar ist“. Aus seiner Perspektive habe die Kommission den Auftrag gehabt, den Fokus auf Rottenmann und die versorgungswirksame Weiterentwicklung der zwei anderen Spitäler zu legen, „das haben sie auch versucht mit aller Kraft umzusetzen, doch das was bei diesem Wunschkonzert herausgekommen ist, ist kein gutes Ergebnis, sondern ein Grabgesang für eine hochqualitative Spitalversorgung. Was zwischen den Zeilen steht ist: ‚Es geht nicht'“, lautete die Einschätzung Samoniggs.
Samonigg führte einige Kritikpunkte an: „In Rottenmann stampft man etwas aus dem Boden, was es dort nicht gibt.“ Er sprach damit die neue Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie an. „Gleichzeitig findet eine Weiterentwicklung von Schladming nicht statt, weil man das Haus um die Hälfte reduziert“. Zugleich bekomme Bad Aussee als einziges „eine Einrichtung, die es bisher in Rottenmann gibt“, so Samonigg zur geplanten Akutgeriatrie und Remobilisation. Hier sei es „komplett unverständlich, dass sie fachlich isoliert, ohne Internisten und Neurologen geplant“ sei, wie Samonigg kritisierte. „Am schwerwiegendsten“ sei, dass im Plan B die Planungsrichtwerte des Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2023 „nahezu gänzlich ignoriert“ worden seien. „Das ist eine Rote Karte für Plan B“, so der Grazer Onkologe.
Pichlbauer ging u. a. auf Personal- und Nachwuchsfragen ein und illustrierte den Status quo mit Zahlen: Auf der Chirurgie in Rottenmann würden jährlich 900 – überwiegend kleine – Eingriffe durchgeführt, also rund 100 pro Arzt im Jahr. In Schladming seien es nur 65. „Dort lernt ein junger Arzt nichts, deshalb wird man dort auch keinen Nachwuchs finden. Man braucht dort fünf bis siebenmal länger, um was zu lernen als in einem großen Spital. Das führt keinesfalls dazu, dass die Versorgung der Bevölkerung auf einem hohen Niveau stattfindet“, erklärte Pichlbauer. Andererseits seien für Schladming drei Intensivbetten vorgesehen: „Dazu braucht man insgesamt sechs Anästhesisten. Stellen Sie sich das vor, was das an Ressourcen bindet“, kritisierte der Gesundheitsökonom.
„…und dann zu schauen, was besser ist“
Mit einem zentralen Leitspital hingegen könne man die Nachwuchsproblematik und Fragen der Qualität der Versorgung „abhaken“, so Samonigg. Er appellierte zum wiederholten Mal, den Plan B mit Plan A (Leitspital) direkt zu vergleichen „und dann zu schauen, was besser ist“.
Koller, u. a. ehemaliger langjähriger Betriebsdirektor des LKH Bruck, betonte, dass eine für Plan B notwendige Sanierung des LKH Rottenmann im laufenden Betrieb „wohl bis 2040“ dauern würde und schätzte die Investition auf eine Summe von „100 Millionen Euro als unterste Zahl“. Koller kritisierte auch die Namensgebung „Spitalsnetz Liezen“: „Das klingt nach Zusammenarbeit, Fortschritt und Sicherheit. Dieses Netz besteht aber nur aus einzelnen Knoten, die inhaltlich nicht miteinander verbunden sind und ist eher ein Fleckerlteppich.“
In eine ähnliche Kerbe schlug Pichlbauer: „Mich ärgert, dass man den Patienten verkauft, dass ein Haus, nur weil darauf ‚Spital‘ steht, Gesundheit liefert. Das ist nur ein subjektives Gefühl der Sicherheit. Schaut man auf die Patientenzahlen, dreht sich der Spieß um“. Die jüngsten Patientenströme würden zeigen, dass Patienten des Bezirks die Spitäler bereits meiden.
FP-Kritik an den Kritikern
Die steirischen Freiheitlichen setzten umgehend zur Kritik an den Kritikern an: Es gehe nur darum „Stimmungsmache gegen die FPÖ in der Landesregierung zu betreiben“, wie Klubobmann Marco Triller per Aussendung festhielt. Gleichzeitig nahm er die Expertenkommission in Schutz: Sie habe mit „höchster Expertise und Verantwortung an diesem Konzept gearbeitet“. Als FPÖ stehe man „für eine ehrliche, faktenbasierte Gesundheitspolitik, die das Wohl der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt“.
Die steirische SPÖ schätzte nach den Ausführungen Samoniggs und seiner Experten aus dem Gesundheitsbereich den Plan B als „brandgefährlich“ ein. Anstatt, wie vor der Wahl versprochen, die Gesundheitsversorgung im Bezirk Liezen zu verbessern, gefährdet die FPÖ mit ihrem in Auftrag gegebenen Plan die Versorgung massiv“, kritisierte SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz. Er forderte erneut eine Abkehr von diesem Lösungsvorschlag. An Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) appellierte er, „sich nicht länger als Erfüllungsgehilfe von Landeshauptmann Kunasek und seiner Partei hinzugeben“, so Schwarz.
Die im Auftrag der blau-schwarzen Landesregierung einberufene Expertenkommission hat eine Lösungsvariante für die Spitalsstruktur des Bezirks Liezen entwickelt. Sie wurde Mitte Juni vorgestellt. Der Vorschlag – „Spitalsnetz Bezirk Liezen“ sieht vor, dass das Leistungsspektrum am Standort Rottenmann ausgebaut und an den bisherigen zwei anderen Standorten – Schladming und Bad Aussee – Schwerpunktsetzungen vorgenommen werden: Schladming würde die Geburtenstation schließen und ein Hebammenzentrum bekommen. Die orthopädische und traumatologische sowie chirurgische Versorgung soll nach dem Plan in enger Kooperation mit Rottenmann und dem Salzburger Klinikum Schwarzach erfolgen. Der LKH-Standort Bad Aussee würde nach dem Alternativkonzept ein Zentrum für ältere Menschen werden – mit einer neuen Abteilung für Akutgeriatrie und Remobilisation.
(APA/red.)