Im Rahmen des „Expertise.Dialog.Gesundheit“ sprachen sechs Expert:innen in Pörtschach über Herausforderungen in der onkologischen Vorsorgemedizin in Kärnten – und darüber hinaus. (Advertorial)
Neben vielen anderen Entwicklungen hat die Covid-Pandemie einen Trend stark beflügelt, nämlich eine spürbare Spaltung unserer Gesellschaft: Einerseits sind da Menschen mit solider Gesundheitskompetenz, die anerkannte medizinische Erkenntnisse nutzen, um möglichst lang möglichst gesund zu leben. Und andererseits gibt es Menschen, die diese Erkenntnisse nicht kennen oder sie ablehnen und sich für andere Erklärungen und Verhaltensweisen entscheiden – oft mit drastischen Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Diese Spaltung wirkt sich auch auf das Thema der individuellen Gesundheitsvorsorge bis hin zur oft lebensentscheidenden Krebs-Früherkennung aus: „Früher haben die Expert:innen die wesentlichen Informationen – auch zum Thema Gesundheit – weitergegeben, die Ahnungslosen durften zwar dagegenreden, aber alle haben gewusst, wer Recht hat. Heute weiß niemand mehr genau, wer der Experte und wer der Ahnungslose ist, weil alle dieselbe Plattform und Lautstärke haben“, so Dr. Ulrich Radda, Chefarzt bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). „Viele Leute klicken im Internet lieber auf irgendeinen Schmarren als auf die ausgezeichneten Fachportale, wie etwa jenes des Gesundheitsministeriums“, bestätigt Prim. Dr. Manfred Freimüller, Vorsitzender des Fachbeirats für Qualität in der Medizin beim Kärntner Gesundheitsfonds. „Marketing ist mittlerweile im Gesundheitswesen ein großes Thema geworden, dem wir künftig mehr Aufmerksamkeit geben müssen.“

Dr. Sabine Horn, Primaria am LKH Villach, sieht eine weitere Herausforderung: „Unser Gesundheitssystem ist top, aber die Erwartungen sind enorm, man kann fast von einer Selbstbedienungsmentalität sprechen. Jeder bekommt im Grunde, was er will. Zugleich sehen wir, dass Menschen gerade bei der Vorsorge zwar alles vom System erwarten, aber ihrerseits den eigenen Beitrag dazu nicht leisten wollen – man denke an Stichworte wie gesunde Ernährung, Bewegung, Mäßigung bei Genussmitteln. Eine wirklich sinnvolle Vorsorge ist und bleibt in erster Linie eine Frage der Eigenverantwortung.“
Dazu merkt Dr. Freimüller an, dass Gesundheitspolitik stets Gesellschaftspolitik ist und insbesondere in der Vorsorgemedizin das ausgezeichnete solidarische Gesundheitswesen Österreichs immer mehr unter Druck kommt.

Stellt sich die Frage: Was macht eigentlich eine sinnvolle Vorsorgemedizin aus, egal ob es nun um Krebs oder andere Erkrankungen geht? „Wir geben als Gesellschaft enorm viel für ein gesundes Umfeld aus“, sagt Dr. Karl Cernic, Geschäftsführer des Kärntner Gesundheitsfonds. „Aber leider kommt oft so wenig heraus. Das liegt auch daran, dass etwa die Politik die heiklen Themen wie den Nutzen von Rauchverboten vorsichtig umkreist anstatt die Wahrheit zu sagen. Oder der FIT-Test für die Darmkrebs-Vorsorge: Eine großartige Sache, wo bei positivem Test eine Koloskopie binnen kurzer Zeit indiziert ist. Leider läuft das Programm noch nicht in allen Bundesländern – das muss sich unbedingt ändern! Viele solche Verzögerungen führen gemeinsam dazu, dass wir in den Spitälern Kapazitäten mit Krankheitsfällen binden, die leicht vermeidbar wären. Wir brauchen diese Kapazitäten aber dringend für die wirklich Schwerkranken! Sinnvolle Vorsorgemedizin sagt, was Sache ist, und sie sagt es so, dass die Menschen es verstehen und erkennen, wie sie es in ihren Alltag umsetzen können.“

Einen Schritt hin zu dieser sinnvollen Vorsorge sahen alle Beteiligten in der Förderung der Primärmedizin, also dem Hausarzt bzw. der Hausärztin als zentralem Ansprechpartner für Vorsorgethemen. Dr. Elisabeth Pinter ist praktische Ärztin in Klagenfurt und sieht sich selbst „als erste Anlaufstelle für Vorsorgeuntersuchungen. Niemand sonst kann etwa die Vorurteile gegenüber einer Koloskopie so ausführlich und nachvollziehbar zerstreuen, weil ich meine Patient:innen am besten kenne. Die Zeit dafür ist wirklich sinnvoll investiert.“ Freilich nur, wenn sie auch zur Verfügung steht, denn: „Manche Ärzt:innen können sich diese Zeit nicht nehmen, und im Extremfall fragt sich der Patient dann: Ich wurde ‚durchgecheckt‘ – und wieso hab ich jetzt trotzdem eine Krebserkrankung?“, so Dr. Horn. „Vorsorge ist eben vor allem Beziehungsarbeit zwischen Patient:innen und Ärzt:innen“, bringt Dr. Freimüller den wesentlichen Faktor auf den Punkt.
❝Sinnvolle Vorsorge ist eine Frage der Eigenverantwortung.

Bedeutet das auch Herausforderungen für unser Gesundheitssystem? „Natürlich, ja“, sagt Prim. Dr. Wolfgang Eisterer, Vorstand der Onkologie am Klinikum Klagenfurt. „Denn wir müssen uns auch überlegen, wie wir die Nachfrage nach Vorsorgeuntersuchungen abdecken: Haben wir das nötige Fachpersonal, und hat dieses auch genug Zeit dafür?“ Doch es gibt auch Lösungen: So haben sich in manchen Bereichen die Möglichkeiten der Telemedizin bereits als echter Fortschritt erwiesen, etwa in der onkologischen Dermatologie, wo die Personalressourcen aktuell besonders knapp sind.
Ein wesentlicher Aspekt ist daher der Unterschied zwischen Screenings, Vorsorge und Präventionsmaßnahmen. Screenings erheben zur Früherkennung bestimmte Werte bei an sich gesunden Personen, und „mehr davon, als bisher schon läuft, ist nicht das vordringliche Anliegen, sondern die Steigerung der Teilnahme“, so Dr. Freimüller. „Vorsorge dagegen inkludiert schon gezielte Untersuchungen, und Präventionsmaßnahmen sind dann schon ganz bestimmte Behandlungen“, erläutert Dr. Radda, und er ergänzt: „Hier ist eine Unterscheidung nach Altersgruppen wesentlich, damit Vorsorge gezielt möglich und damit sinnvoll wird. Kinder und Jugendliche müssen hier ganz anders gesehen werden als Erwachsene oder ältere Personen.“ Einen wesentlichen Erfolgsfaktor sieht er in einem „One-Stop-Shop“-Prinzip: Hier wird an einer Stelle und mit einem Ansprechpartner die gesamte Vorsorgeuntersuchung abgedeckt und dauert in Summe nicht länger als 90 Minuten.
❝Experten und Ahnungslose sind oft gleich laut – und das schadet auch dem Vorsorgegedanken.

Und dennoch: Das Angebot könne zwar kaum besser sein, wird aber zu wenig genutzt. Was ist der Grund? „Wir müssen mit den Menschen reden und ihnen den Nutzen von Vorsorge deutlich machen, aber so, dass es ihnen auch gefällt“, so Dr. Cernic. „Junge Menschen lesen keine Zeitung, aber sie nutzen Social Media oder vielleicht eine Gesundheits-App mit Spracheingabe. Also müssen wir mit dem Angebot dort präsent sein – und die Sprache sprechen, die dort gesprochen wird. Wir müssen die Verpackung unserer Programme neu designen.“ Das beginnt bei Details: „Unser Lungenscreening heißt inzwischen Lungencheck, weil die Menschen damit viel mehr Positives verbinden“, schildert Dr. Radda. Und Dr. Pinter bringt ein ähnliches Beispiel: „In der Kleinen Zeitung gab es einen Artikel mit der Headline ‚Ohne Vorsorgeuntersuchung wäre ich schon längst gestorben‘ – das rüttelt die Menschen auf!“
Die Zukunft der Vorsorge liegt genau in der oben bereits angesprochenen Individualisierung und in der Vielfalt: „Der Hausarzt bzw. die Hausärztin bleiben ganz wesentlich, dazu kommen die Primärversorgungszentren“, fasst Dr. Cernic zusammen. „Die haben 40 Stunden in der Woche geöffnet und bieten neben Ärzt:innen auch weitere Disziplinen wie Diätolog:innen oder Physiotherapeut:innen, alles an einem Ort. Laut Studien hat ein solches Zentrum mit 3 Ärzt:innen die selbe Versorgungswirkung wie 5 niedergelassene Mediziner:innen. Das ist nicht zuletzt deswegen entscheidend, weil wir im niedergelassenen Bereich auf eine Pensionierungswelle zusteuern, die andere Bundesländern noch viel stärker treffen wird als Kärnten.“ Dr. Radda fügt hinzu: „In Kärnten haben wir eine besonders gute Versorgung, weil alle Beteiligten miteinander reden und das beste Ergebnis erzielen wollen.“ Und Dr. Freimüller kommt auf das Thema Gesundheitskompetenz zurück: „Wir müssen die Menschen kompetent machen und ihnen zeigen, wie sie den Weg zu einer individuellen Vorsorge finden. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen gehört auf die Themen Essstörungen, Sucht, sexuell übertragbare Erkrankungen und Impfungen fokussiert.“
❝Gesundheitspolitik ist stets Gesellschaftspolitik, und insbesondere in der Vorsorgemedizin kommt das ausgezeichnete solidarische Gesundheitswesen Österreichs immer mehr unter Druck.

Genau diese Kompetenz will die ganze Runde künftig noch mehr gefördert sehen, auch wenn das „ein jahrzehntelanges Projekt“ ist, weil es, wie Dr. Eisterer abschließend meinte, „keinesfalls um Bevormundung gehen darf.“ Genau darum wird es ohne moderne Medien und ohne individuelle, zielgenaue Ansprache einfach nicht gehen.

Das Gespräch fand im Rahmen des „Expertise.Dialog.Gesundheit“ im April 2025 statt. Der „Expertise.Dialog.Gesundheit“ ist eine Initiative von Bristol Myers Squibb. Dieses Format bringt in den Bundesländern Medizinerinnen und Mediziner sowie weitere Player am Gesundheitssektor zusammen, die ohne eine Vergütung und rein aus fachlichem Interesse aktuelle Entwicklungen und Vorzeigeprojekte beleuchten und vor den Vorhang holen.