Die Hirnregion „Locus Coeruleus“ gilt bei Forschern weltweit als eines der wichtigsten Epizentren für die Früherkennung von neurodegenerativen Erkrankungen. In dieser „kleinen Hirnstruktur“ zeigten sich Hirnveränderungen „zumeist vor dem Auftreten im Rest des Gehirns“, sagte die an der Universität Innsbruck forschende Entwicklungspsychologin Dorothea Hämmerer im APA-Gespräch. Dies sei für die Forschung zur Demenz-Risikoprognose und als Ansatzpunkt für Prävention relevant.
Künftig könne es – mit noch mehr Studien und noch mehr Daten – gelingen, „ein ganzheitliches Bild von frühen Phasen neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimerdemenz oder Parkinson in den Hirnregionen zu erlangen“, erläuterte die Wissenschafterin. Man müsse die aus dem „Biomarker“ gewonnenen Erkenntnisse allerdings im Kontext von weiteren Biomarkern in anderen Hirnregionen sehen.
Der Hirnregion „Locus Coeruleus“ – der vom 9. bis 11. September eine internationale Tagung mit über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Innsbruck gewidmet ist – komme jedenfalls höchstwahrscheinlich besondere Bedeutung zu. „Es ist sicherlich eines der ersten Epizentren, in denen sich beispielsweise schon sehr früh Proteinveränderungen feststellen lassen, die wiederum auf ein erhöhtes Demenzrisiko hinweisen können“, führte Hämmerer aus.
Aus dieser Erkenntnis ließe sich zwar „vorerst nicht die eine medikamentöse Behandlung ableiten und etablieren“, aber Patienten könnten – wenn die Vorhersagekraft der frühen Hirnveränderungen durch Daten endgültig bestätigt ist – durch dieses Wissen mit einer Anpassung des Lebensstils immerhin „gegensteuern“ und damit das Risiko senken. „Wenig Bewegung und schlechte Ernährung sind Risikofaktoren, die Patienten bewusst beeinflussen können“, betonte Hämmerer. Außerdem sei es ratsam „wenig Alkohol zu trinken und nicht zu rauchen“, nannte sie weitere vermeidbare Verhaltensmuster.
Indes gebe es erste Hinweise darauf, dass man die betreffende Hirnregion durchaus mit Medikamenten „zumindest entlasten“ könne. Diese produziere nämlich den Botenstoff Noradrenalin, der als Stresshormon und Neurotransmitter wirkt. Durch die medikamentöse Unterstützung dieser Produktion ließe sich somit „eine Entlastung“ generieren. Es sei denkbar, dass sich damit und mit der Behandlung weiterer Hirnregionen das Demenzrisiko senken ließe. „Es ist aber klar, dass sich Demenz damit und auch in Zukunft nicht ganz beseitigen lassen wird“, zerstreute sie etwaige überschießende Hoffnungen.
Was aber allemal möglich sein werde, sei eine „Personalisierung der Behandlung“. „Je mehr Daten und Erkenntnisse wir haben, je früher und umfassender diese jeweils für den Patienten vorliegen, desto eher können wir zur richtigen Zeit und individuell mit den richtigen Methoden reagieren“, sagte die Forscherin.
(APA/red.)