Von einer ehemals nur in manchen afrikanischen Regionen vorkommenden Infektionskrankheit hat sich Chikungunya zu einer in mehr als 110 Ländern vorkommenden Erkrankung entwickelt. reisemediziner zählen jetzt auf zwei Chikungunya-Impfstoffe – einer davon aus Österreich – mit hoher Wirksamkeit, die bald auch in Europa zugelassen werden dürften, hieß es jetzt bei einem Fachkongress des deutschen Centrums für Reisemedizin.
Die Geschichte ist hoch interessant: Das Chikungunya-Virus wurde 1953 in Tansania entdeckt, ist aber vermutlich weitaus älter. „Infektionen waren lange Zeit auf abgelegene Regionen in Afrika beschränkt, die selten von Touristen besucht werden“, berichtete Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg bei der CRM-Veranstaltung.
Die faktisch bereits weltweite Verbreitung erfolgte dann durch Veränderung der Überträger. Seit einiger Zeit tritt die Erkrankung auch vermehrt in Städten auf. Das Virus kann dort auch von der Asiatischen Tigermücke übertragen werden. „Bestimmte Mutationen des Virus begünstigen die Ausbreitung, weil es die Vermehrung in der Stechmücke erleichtert“, sagte der Experte. „Die Infektionsketten können auch ohne tierische Amplifikationswirte, also nur durch Menschen und Stechmücken, aufrechterhalten werden.“
Das Ergebnis: Durch den urbanen Zyklus hat sich das Chikungunya-Virus stark ausgebreitet. Weltweit sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 2005 mehr als zwei Millionen Erkrankungen gemeldet worden. Chikungunya ist mittlerweile in mehr als 110 Ländern in Asien, Afrika, Europa und Amerika aufgetreten. Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) hat längst auch Länder wie Österreich oder Deutschland – natürlich auch die Staaten des Mittelmeeres – erreicht. 2020 wurden die Stechmücken erstmals in Wien registriert.
Das Krankheitsbild ist tückisch. Infektionen mit dem Chikungunya-Virus führen fast immer zu Fieber und starken Gelenks- Muskelschmerzen. Andere Symptome können Kopfschmerzen, Übelkeit, Erschöpfung bzw. Abgeschlagenheit und Hautausschläge sein. Todesfälle sind selten. „Bei fünf bis zehn Prozent der Chikungunya-Patienten können die Gelenksbeschwerden jedoch über Monate und Jahre hinweg anhalten“, warnte Schmidt-Chanasit. Antiviral wirksame Medikamente gibt es gegen die Erkrankung nicht.
Umso mehr wird jetzt auf zwei Vakzine gesetzt. Eines davon stammt von dem österreichisch-französischen Impfstoffunternehmen Valneva, das zweite von der dänischen Biotech-Firma Bavarian Nordic. Der Impfstoff von Valneva ist bereits im November vergangenen Jahres in den USA (IXCHIQ) zugelassen worden. Bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA befindet er sich in beschleunigter Zulassung. Daten aus den Wirksamkeitsstudien gibt es für beide Vakzine.
Abgeschwächt, aber noch vermehrungsfähig
VLA1553 (Valneva) besteht aus abgeschwächten, aber noch vermehrungsfähigen Chikungunya-Viren, die durch die Entfernung von Aminosäuren in einem Nicht-Strukturprotein keine Chikungunya-Erkrankung mehr im Menschen hervorrufen können. „In der Zulassungsstudie konnten bei 98,9 Prozent der Probanden nach einem Monat schützende Antikörper nachgewiesen werden. Nach sechs Monaten war das bei 96,3 Prozent der Probanden noch der Fall. Auch Senioren wurden geschützt“, schrieb das CRM.
„VLA1553 könnte zu einem wichtigen Baustein in der Chikungunya-Prävention werden“, so die Einschätzung des deutschen Tropenmediziners Schmidt-Chanasit. Die dänische Firma Bavarian Nordic hat hingegen einen Totimpfstoff entwickelt. In der Zulassungsstudie hat dieser Impfstoff bei 97,8 Prozent der Probanden eine schützende Antikörper-Antwort hervorgerufen. Nach sechs Monaten waren diese noch bei 85,5 Prozent der Probanden nachweisbar. Schmidt-Chanasit stufte auch diesen Impfstoff als hochwirksam ein. Beide Impfstoffe werden in den Armmuskel injiziert. Die Verträglichkeit ist laut dem Experten gut.
(APA/red.)