Laktobazillen – die Milchsäurebakterien – spielen eine wichtige Rolle im Darm und Schleimhäuten des Körpers. An der Uni Graz haben Forschende ihre dreidimensionale Struktur der Proteinschicht an ihrer Oberfläche aufgeklärt. Sie schützt die Milchsäurebakterien wie ein Kettenhemd vor Angriffen von außen. Dieses Wissen eröffne neue Möglichkeiten für die Behandlung von Darmerkrankungen und den Transport pharmazeutischer Wirkstoffe, teilte die Uni Graz mit.
Der dreidimensionale Aufbau von Molekülen, Zellen und Geweben ist von zentraler Bedeutung für die biologische und biomedizinische Grundlagenforschung. Er ermöglicht es, biologische Mechanismen die für Gesundheit und Krankheit verantwortlich sind, besser zu verstehen und beispielsweise vorherzusagen, welche Interaktionen zwischen einzelnen Proteinen möglich sind. Die Grazer Forschenden der Arbeitsgruppe von Tea Pavkov-Keller am Institut für Molekulare Biowissenschaften wollten Näheres über den Aufbau der schützenden Hülle jener Bakterien, die vor allem für ihre potenziellen Vorteile für die Darmgesundheit bekannt sind, wissen. Denn Laktobakterien regulieren die Immunantwort, wirken entzündungshemmend und verdrängen krankmachende Keime, indem sie an menschliche Zellen andocken, wodurch gefährliche Bakterien dort weniger Platz finden.
In diesem Zusammenhang kommt der Oberflächen-Schicht der Laktobazillen – in der Wissenschaft spricht man von S-Layer – eine wesentliche Rolle zu. „Als äußerste Hülle bilden Milchsäurebakterien ein Gitter aus Proteinen, das sie wie ein Kettenhemd umgibt“, wie Theo Sagmeister und Nina Gubensäk schildern. Sie haben die detaillierte dreidimensionale Struktur des Protein-Gitters entschlüsselt und ihre jüngsten Erkenntnisse im Wissenschaftsjournal „PNAS“ veröffentlicht.
Neben der Schutzfunktion ist aus Sicht der Forschenden noch ein weiterer Aspekt der Oberflächenschicht von Laktobazillen interessant: „Zum einen erfüllen die S-Layer von Laktobazillen eine Schutzfunktion, zum anderen interagieren sie intensiv mit menschlichen Zellen im Darm“, erklärte Tea Pavkov-Keller die weiterführende Bedeutung. Das könnte für die Entwicklung sogenannter Drug-Delivery-Systeme – kleinster Strukturen, mit denen man Medikamente im Körper sicher und kontrolliert an ihr Ziel transportiert – wichtig werden, so die Forscherin.
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(APA/red.)