Kongress Allgemeinmedizin: Wissenstransfer vom Labor in die Arztordination

+++ Wie werden Forschungsergebnisse zu guten Therapieoptionen?
Internationale ExpertInnen der evidenzbasierten Medizin an der Med Uni Graz zu Gast +++

Wie kommt das aktuelle medizinische Wissen aus der Forschung in die Ordination? Und wie wird daraus eine gute und verantwortungsvolle Behandlungsentscheidung? Solchen Fragen widmet sich in den nächsten drei Tagen ein internationaler Kongress an der Medizinischen Universität Graz.

Evidenzbasierte Medizin: Wissensvermehrung als Herausforderung
In den kommenden drei Tagen treffen sich internationale und österreichische ÄrztInnen, WissenschafterInnen und VertreterInnen verschiedener Gesundheitsfachberufe im Rahmen der Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin, die in diesem Jahr an der Med Uni Graz stattfindet. Die TeilnehmerInnen werden besonders darüber diskutieren, wie das Wissen aus der medizinischen Forschung besser zu den PatientInnen gelangen kann. Die Kongresspräsidentin Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Vorständin des Instituts für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung an der Med Uni Graz weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Täglich werden große Mengen neuer Forschungsergebnisse veröffentlicht, so dass es für ÄrztInnen schwierig ist, auf dem aktuellsten Wissensstand zu sein. Und nicht jedes neue Medikament oder jede neue Behandlungsmethode nützen PatientInnen auch tatsächlich. Das ist in der Praxis jedoch oft schwierig zu beurteilen. „So kann es passieren, dass ÄrztInnen auch Therapien oder Untersuchungsmethoden anbieten, die nicht nützen und möglicherweise schaden, oder auch umgekehrt sinnvolle Therapien schlichtweg aus mangelnder Kenntnis darüber nicht anwenden“, unterstreicht die Kongresspräsidentin.

Ziel: Gemeinsame Entscheidungsfindung von Arzt und Patient
Die Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (EbM-Netzwerk), Dr.in Dagmar Lühmann ergänzt: „Auf dem Kongress wollen wir mögliche Lösungen für diese Probleme diskutieren, die beim Einzelnen, aber auch im Gesundheitssystem insgesamt ansetzen. Besonders erfreut zeigt sich die Vorsitzende über den ganztägigen Studierendentag, der im Vorprogramm des Kongresses stattfindet: „Das unterstreicht, wie wichtig uns der medizinische Nachwuchs ist, denn nur gut ausgebildete und kritisch denkende junge Ärztinnen und Ärzte können uns eine erfolgreiche Zukunft im Sinne einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung garantieren.“
Auch die österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin ist maßgeblich an der inhaltlichen Programmgestaltung beteiligt. Dr.in Susanne Rabady, die sich als Hausärztin seit vielen Jahren mit diesen Themen beschäftigt, benennt eine weitere Herausforderung: „Vom Ideal der gemeinsamen informierten Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient sind wir oft noch meilenweit entfernt. Das gilt besonders dann, wenn die medizinische Forschung keine eindeutige Antwort auf gesundheitliche Fragen geben kann. Dann wäre die individuelle Entscheidung aber gerade besonders nötig.“ Auch diesem Thema widmen sich Vorträge, Workshops und Symposien auf dem Kongress.

Internationale Beteiligung und fächerübergreifende Expertise
Die Medizinische Universität Graz sieht sich als Schnittstelle zwischen Forschung und klinischer Praxis. „Daher ist dies ein idealer Ort für diese Art von Kongress“, betont Rektor Univ. Prof. Dr. Hellmut Samonigg. „Ich bin außerordentlich stolz, dass wir diese fächerübergreifende Veranstaltung, die inspirieren und zum kritischen Denken anregen will, hier in Graz durchführen dürfen. Wir erwarten hochkarätige internationale Gastredner wie Prof. Paul Glasziou aus Australien, Prof. Susan Michie aus England und Prof. Wolf-Dieter Ludwig aus Deutschland sowie geschätzte 400 TeilnehmerInnen besonders aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.“

Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, die Kongresspräsidentin fasst die Herausforderung zusammen: „Es gibt ein Nebeneinander an zu viel aber auch zu wenig Medizin und jede Untersuchung und Therapie haben Vor- und Nachteile, die Nutzen aber auch Schaden generieren können. Deshalb müssen wir evidenzbasiert, das heißt nach letztem Stand der Wissenschaft vorgehen und stets mit unseren PatientInnen versuchen eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Das erwarten unsere PatientInnen und das sind wir Ihnen als GesundheitsprofessonistInnen schuldig.“

Professorin für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung an der Med Uni Graz und Kongresspräsidentin
Mit Wirkung vom 01. Jänner 2015 wurde Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Siebenhofer-Kroitzsch zur Professorin für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung an die Med Uni Graz berufen und mit der Leitung des Instituts für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV) betraut. Die engagierte Wissenschafterin – welche seit neun Jahren auch am größten Institut für Allgemeinmedizin an der Goethe Universität Frankfurt als stellvertretende Institutsdirektorin und Professorin arbeitet und auch Sprecherin des DNEbM in Österreich ist – verfolgt das Ziel, die Begeisterung für „sauberes Wissen“ unter Studierenden und ÄrztInnen zu wecken und besonders auch mit ihrem Team am IAMEV, die in der Praxis tätigen Kolleginnen und Kollegen aber auch PatientInnen regelmäßig über evidenzbasierte Innovationen zu informieren und zu vernetzen.

Bildnachweis: Med Uni Graz

Weitere Informationen:
Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Siebenhofer-Kroitzsch
Institut für Allgemeinmedizin und Evidenzbasierte Versorgungsforschung
Medizinische Universität Graz
Tel.: +43 316 385 73558
E-Mail

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