Kreatin puscht das Gehirn bei Schlafmangel

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Autor: Scho

Eine hohe Dosis Kreatin verbessert einer Studie zufolge kurzfristig die Hirnleistung bei Schlafentzug. In dem Versuch schnitten 15 Erwachsene bei Tests während einer durchwachten Nacht deutlich besser ab, wenn sie zuvor Kreatin bekommen hatten. Studienleiter Ali Gordjinejad vom Forschungszentrum Jülich warnt jedoch zugleich davor, das nun selbst auszuprobieren.

Dies sei eine sehr gute, weiterführende Studie, die eine prinzipielle Wirkweise von Kreatin belege, kommentiert Peter Young, Schlafexperte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Die Studie habe jedoch den langfristigen Lernerfolg nicht geprüft. Schlafentzug vermindere zudem nicht nur die Hirnleistung, sondern schade auch dem Herz-Kreislauf-System.
Die Substanz Kreatin (nicht zu verwechseln mit dem Keratin in Haaren und Fingernägeln) wird im Körper hergestellt und vor allem durch Fisch und Fleisch aufgenommen. Viele Sportler nutzen sie, um den Muskelaufbau zu steigern. Es spielt aber auch eine wichtige Rolle im Gehirn.

In der Studie wurden acht Frauen und sieben Männer von 20 bis 28 Jahren über Nacht wachgehalten und mussten kleine Aufgaben lösen, sich etwa Wortpaare merken oder rechnen. Alle bekamen vor einer Nacht Kreatin, vor einer anderen ein Scheinmedikament.

Ergebnis: Schon ab der dritten Stunde nach Einnahme des Kreatins zeigte sich ein positiver Effekt auf den Hirnstoffwechsel und die kognitive Leistung. Er dauerte bis zu neun Stunden an, dem Studienende. Insbesondere die Verarbeitungsleistung und das Kurzzeitgedächtnis hätten sich verbessert, schreibt das Team im Journal „Scientific Reports“.

Die Forscher beobachteten per spezieller Magnetresonanzspektroskopie, wie der Schlafentzug und Kreatin den Hirnstoffwechsel änderten. Schlafmangel habe die Menge einer für die Energieversorgung wichtigen Kreatin-Verbindung (Kreatinphosphat) im Hirn reduziert, sagt Gordjinejad. Mit der Gabe einer hohen Dosis Kreatin sei diese Abnahme verhindert worden. „Der Treibstoff nahm nicht mehr ab, sondern wurde nachgefüllt.“

In verschiedenen Studien wurde Gordjinejad zufolge bereits von einer verbesserten kognitiven Leistungsfähigkeit nach längerer Kreatin-Gabe berichtet, etwa bei älteren Menschen oder Vegetariern, die beide oft Kreatinmangel hätten. Neu sei, dass auch gesunde Menschen in gestresstem Zustand – wie etwa bei Schlafentzug – hinsichtlich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit kurzzeitig profitieren können.

„Am besten ist es natürlich, wenn man genug schläft“, sagt Gordjinejad. Kreatin könnte aber vielleicht einmal interessant werden für Menschen, die unerwartet Aufgaben bekommen und dann bis zum Morgen arbeiten müssen, wie etwa Feuerwehrleute. Dazu müsse es aber erst weitere Studien geben, die auch in geringeren Dosen von höchstens 4 bis 5 Gramm eine Wirkung nachweisen.

Belastung für die Nieren

Bis auf Weiteres warnt er vor der Einnahme einer hohen Dosis, da hohe Kreatindosen die Nieren stark belasten und andere gesundheitliche Probleme hervorrufen können. „Sollten jedoch zukünftige Studien eine kognitive Leistungssteigerung auch bei geringeren Dosen nachweisen, könnte Kreatin in langen Arbeitsnächten ein ernsthafter Konkurrent von Kaffee werden.“ In der Studie wurden 0,35 Gramm Kreatin pro Kilo Körpergewicht gegeben – das wären bei einem 80 Kilogramm wiegenden Menschen 28 Gramm.

Die Ergebnisse seien spannend, aber für eine Anwendung sei es noch viel zu früh, sagte Young. Beim Schlafentzug gehe es auch nicht nur um Hirnleistungen, er sei auch eine körperlich relevante Schädigung. Das Herz-Kreislauf-System bleibe unter Dauerstress, was das Risiko für Erkrankungen wie Schlaganfall, Bluthochdruck und Herzinfarkt erhöhen könne. Zudem habe die Studie nur kurzfristige Wirkungen und nicht den langfristigen Lernerfolg überprüft, etwa ob man Lateinvokabeln auch am nächsten Tag noch reproduzieren kann. „Man braucht Schlaf, um Lerninhalte zu konsolidieren“, betont Young, der auch Fachbeirat der Deutschen Hirnstiftung ist.

Die Studie sei methodisch gut gemacht und die Effekte seien vielversprechend, kommentiert Ulrich Ettinger von der Universität Bonn die Analyse. „Sollten sich die Befunde bestätigen, wäre der einmalige oder vielleicht gelegentliche Griff zu Kreatin bei akutem Schlafentzug indiziert.“ Die Ergebnisse müssten aber erst mit mehr Probanden und geringeren Dosen repliziert werden. In einer Hirnleistungsstudie seines Teams seien negative Nebenwirkungen von Kreatin selbst bei wesentlich geringerer Dosis aufgetreten, die jedoch über eine längere Zeit gegeben wurde. „Insgesamt ist es trotz dieser spannenden Ergebnisse noch fraglich, ob die Nutzung von Kreatin für die Hirnleistung einmal uneingeschränkt empfohlen werden kann.“

Die Fachpublikation finden Sie hier.

(APA/dpa/red.)

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