In einer virtuellen Presseveranstaltung Mitte April brachte Philips drei Wissenschaftler aus den Bereichen der Luftreinhaltung und Allergieforschung zusammen. Prof. Dr. Torsten Zuberbier (Direktor des Instituts für Allergieforschung und Leiter der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF), Uwe E. Berger MBA (Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes und des European Aeroallergen Network) sowie Dr. Stefan Schumacher (stellvertretender Leiter der Abteilung Filtration & Aerosolforschung am Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. in Duisburg) erörterten unter der Moderation von Kristina Neijssen (Marketing Manager Air) unter anderem die Fragen: Inwiefern kann schlechte Luftqualität unsere Gesundheit beeinflussen und wie können wir uns am besten vor Feinstaub und Allergenen schützen?
Kristina Neijssen: In Europa hat das Thema Luftreinigung seit der Pandemie deutlich an Fahrt aufgenommen – sei es im eigenen Zuhause, im Büro, in der Schule oder im Kindergarten. Wir haben neue Begriffe gelernt, wie „Aerosol“. Herr Dr. Schumacher, was sind Aerosole genau und warum können uns diese kleinen Partikel so viel Ärger bereiten?
Dr. Stefan Schumacher: „Das stimmt, viele sind mit dem Begriff Aerosol erst im Zuge von COVID-19 in Berührung gekommen. Es ist allerdings ein sehr allgemeiner Begriff. In der Regel bezeichnet man ein Gemisch aus Luft und darin schwebenden Partikeln als Aerosol. Das können kleine Tröpfchen sein oder auch feste Partikel, die in einem Gas schweben.
Durch die Pandemie entstand der Eindruck, dass ein Aerosol etwas Böses, Schlimmes, Gefährliches ist. Das ist im Allgemeinen nicht so. Denken Sie zum Beispiel an Nebel: Wassertropfen in der Luft sind harmlos. Am Meer befinden sich Salzpartikel in der Luft – das ist sogar eher gesundheitlich fördernd. Außerdem kennen Sie vielleicht Asthma-Sprays – Aerosole können also auch therapeutisch eingesetzt werden.
Aerosole können aber auch Krankheitserreger oder Allergene, wie Pollen oder Tierhaare, transportieren. Darüber hinaus schweben weitere Partikel in der Luft. Diese können im Freien entstehen, wie Abgase, Reifenabrieb oder aus der Landwirtschaft entstehende Partikel, aber auch im Innenraum, zum Beispiel beim Kochen oder wenn Sie eine Kerze anmachen, wenn Sie rauchen. Auch diese rufen zunächst akut keine Gesundheitsreaktionen hervor. Allerdings wurde in sehr umfangreichen Studien¹ mit hunderttausenden bis Millionen Menschen nachgewiesen, dass diese Partikel langfristig negative Gesundheitsfolgen hervorrufen können.“
Kristina Neijssen: Herr Prof. Zuberbier, Sie beschäftigen sich intensiv mit Allergien und Asthma. Weshalb sind manche Menschen gegen Pollen, Hausstaub und Co. allergisch?
Prof. Dr. Torsten Zuberbier: „Vor rund 300.000 Jahren sind wir alle praktisch nackt durch die Savanne gelaufen – da war ein gutes Immunsystem unglaublich wichtig. Dieses besonders gute Immunsystem ist tatsächlich in den Menschen genetisch verankert, die Allergien bekommen. Allergiker*innen haben weniger Probleme mit schweren Infektionen, wie Corona, oder weniger Probleme mit Krebserkrankungen. In unserer modernen Umwelt ist allerdings Folgendes passiert: Eigentlich harmlose Bestandteile wie Pollen, Hausstaubmilben oder Nahrungsbestandteile sind in den Fokus des Immunsystems geraten. Das ist in etwa so, als ob die Polizei versehentlich eine harmlose Person auf die Fahndungsliste setzt und plötzlich alle Polizisten auf diese Person fixiert sind.
Dabei ist wichtig zu verstehen: Allergien sind häufig ein Irrtum. Dieser Irrtum passiert in unserer modernen Umwelt öfter. Die Ursache sind Feinstaubpartikel und Umweltgifte. Sie haben zum einen Einfluss darauf, dass Pflanzen mehr und auf eine andere Art Pollen produzieren. Zum anderen heften sich die eigentlichen Allergene, also nicht das ganze Pollenkorn, sondern kleine Eiweißstrukturen beziehungsweise Bruchstücke der Pollen, an Feinstaubpartikel in der Luft und werden so noch effektiver transportiert.“
Kristina Neijssen: Herr Berger, inwieweit hat die Luftqualität Einfluss auf eine Pollenallergie?
Uwe E. Berger: „Die Basis für unsere Forschung bilden Daten aus Symptomtagebüchern von knapp 400.000 Europäer*innen. Diese Symptomdaten korrelieren wir mit dem Pollenflug und der Luftqualität. Wir sehen in unserer Forschung zum einen, dass die Luftqualität einen maßgeblichen Einfluss auf die Pflanze hat. Sie setzt sich gegen Umweltgifte zur Wehr und Pollen und Allergengehalt verändern sich. Zum anderen steht auch unser Körper durch die geänderten Umweltbedingungen, speziell durch die Ozonbelastung, vor großen Herausforderungen. Unsere Schleimhäute werden gereizt und durchlässiger und wir dadurch anfälliger. Das heißt, das veränderte Allergen trifft auf einen anfälligeren Körper und damit kommt es leichter zu überschießenden Reaktionen.
Ich möchte gerne ein Statement der WHO von 2021 zitieren: „Clean air should be a fundamental human right and a necessary condition for healthy and productive societies“² (dt.: Saubere Luft sollte ein menschliches Grundrecht sein und eine unerlässliche Voraussetzung für gesunde und produktive Gesellschaften). Als Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes werde ich immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie Allergikerinnen dem Phänomen überhaupt ausweichen können. Der schadstoffbeladenen Luft im Freien ist nicht auszuweichen. Allerdings können wir den Innenbereich möglichst allergenarm und schadstofffrei gestalten. Hierbei helfen technische Möglichkeiten wie ein Luftreiniger. So können Allergikerinnen ihrem Immunsystem eine Pause gönnen.“
Kristina Neijssen: In Deutschland leiden über 3,5 Millionen Menschen unter Asthma³, davon 10 Prozent der Kinder unter 15⁴. In Österreich betrifft die Krankheit sogar 7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Wie wirken sich Allergien besonders auf Kinder aus?
Uwe E. Berger: „Wissenschaftliche Befragungen und Studien belegen, dass es vom ersten Auftreten einer Allergie durchschnittlich acht bis neun Jahre dauert, bis sie diagnostiziert und schließlich therapiert wird. In diesen Jahren bleibt es meist nicht bei diesem einem Allergieauslöser, sondern es kommen weitere dazu. Ein sogenannter Etagenwechsel findet statt. Gibt es Zuhause zusätzlich noch eine Katze oder einen Hund, ist der Supergau gegeben. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen – auch ich habe als Kind sitzend die Nächte im Bett verbracht aufgrund meiner Asthmaanfälle.
Die Beschwerden verlagern sich von juckenden Augen und laufender Nase auch in die Lunge. Bei Kindern ist dabei eine erhöhte Vorsicht geboten, denn bei ihnen entwickelt sich ein allergisches Asthma relativ schnell und führt damit zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität und des schulischen Erfolges. Während der Corona-Pandemie kommen nun in Klassenzimmern vermehrt Luftfilter zum Einsatz. Wir bekommen seitdem regelmäßig die Rückmeldung, dass Allergikerkinder leichter lernen und weniger Beschwerden in der Schule haben.“
Prof. Dr. Torsten Zuberbier: „Eine große Kohortenstudie in England hat gezeigt: Ein Kind mit unbehandeltem Heuschnupfen hat eine 40-prozentig größere Wahrscheinlichkeit eine Note abzufallen im Vergleich zu pollenfreien Zeiten. Luftfilter entlasten im Klassenzimmer aber nicht nur Allergiker, sondern lindern zusätzlich die Gefahr, Allergien zu entwickeln. 50 Prozent der Kinder, die eine Katzenallergie entwickeln, haben keine Katze, doch Mitschüler bringen Katzenhaare an ihrem kuscheligen Pullover mit in die Schule. Kinder können erwiesenermaßen besser lernen und volkswirtschaftlich gesehen ist das ein vergleichsweise geringer finanzieller Aufwand für einen großen Nutzen in Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Übrigens: Es gibt auch Lehrkräfte, die sagen: Ich möchte überhaupt nicht wieder ohne Luftfilter unterrichten, es geht mir viel besser.“
Kristina Neijssen: Die WHO hat festgestellt, dass bis zu 85 Prozent der StadtbewohnerInnen in Europa schädlichen Feinstaubwerten ausgesetzt sind. Wie steht es im Allgemeinen um die Luftqualität in Deutschland oder auch Österreich?
Dr. Stefan Schumacher: „Die positive Nachricht zuerst: Es ist wesentlich besser geworden in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Die Luftverschmutzung hat deutlich abgenommen. In Deutschland werden gültige Grenzwerte für Feinstaub meist eingehalten – im Jahresmittelwert sogar fast immer. Allerdings liegen die Grenzwerte, die in Deutschland und in der EU aktuell gelten, deutlich über den Werten, welche die WHO empfiehlt, insbesondere da letztere kürzlich weiter verschärft wurden. Das Problem ist: Es gibt keine untere Schwelle für Gesundheitsfolgen von Feinstaub und wir gehen davon aus, dass bereits sehr kleine Feinstaubkonzentrationen negative Folgen hervorrufen können.
Bezüglich der Innenräume ist es allerdings nachvollziehbar, dass der Staat nicht in die Privatsphäre eindringen kann und Grenzwerte setzt. Das bedeutet allerdings, ich muss selbst Verantwortung übernehmen und da sind Luftreiniger ein gutes Mittel.
Wir haben bei Luftschadstoffen das Problem, dass sie ganz unterschiedliche Größen haben. Pollen sind aus unserer Sicht große Partikel mit mehreren zehn Mikrometern. Allerdings sind bei Allergien bereits Bruchstücke relevant – also deutlich kleinere Partikel. Wenn wir über Viren reden, sind wir sogar schnell in einem Bereich von 0,1 Mikrometern. Gerade am Anfang der Pandemie wurde es häufig angezweifelt, doch ein ausreichend dimensionierter und unabhängig getesteter Luftreiniger mit HEPA-Filter entfernt all diese Partikelgrößen sehr gut. Grundsätzlich kann man sagen, sie funktionieren vom kleinen Virus bis zur großen Polle.“
Uwe E. Berger: „Noch ein Tipp: Hängen Sie nicht an alten Empfehlungen, wie über mehrere Stunden nachts lüften oder die Bettwäsche beim Fenster heraushängen. Praktizieren Sie nur ein paar Minuten Stoßlüften, und reinigen Sie dann die Raumluft mit einem Luftreiniger. Wenn zwei oder drei Luftreiniger in den wichtigsten Räumen wie Schlafzimmer und Wohnzimmer vorhanden sind und Sie dann einen Frühjahrsputz machen, schaffen Sie sich ein Zuhause, das tatsächlich allergenarm ist. Dennoch ist die richtige Therapie das A und O, denn man möchte sich natürlich auch draußen aufhalten. Allergenmeidung, Luftfilter und Allergiebehandlung gehen Hand in Hand.“