Manchmal können Kassenarztstellen trotz mehrmaliger Ausschreibung nicht besetzt werden. Wiener Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) wollen nun in solchen Fällen mit einem neuen „Pop-Up-Konzept“ kurzfristig die Versorgung sicherstellen: Die Ärztekammer stellt die Ordination, Personal des Ärztefunkdiensts übernimmt die Patientenbetreuung. Mittelfristiges Ziel ist, dass diese Ärzte Lust bekommen, auch selbst eine Kassenordination zu übernehmen.
Für Patientinnen und Patienten bieten die auf drei Jahre befristeten „Pop-Up“-Praxen dasselbe Angebot wie ganz normale Ordinationen mit den üblichen Öffnungszeiten und Kassenleistungen, betonte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart bei einer Pressekonferenz in Wien. Gestartet werden sollen die „Pop-Up“-Praxen – organisiert über die jahrelang bestehende „Ärztefunkdienst – gemeinnützige Betriebsgesellschaft m.b.H.“ – möglichst bald mit je einer Allgemeinmedizinpraxis im 15. und 23. Bezirk, in der mehrere Ärzte gemeinsam eine Ordination bespielen. Die Hoffnung ist dabei, dass die betreffenden Medizinerinnen und Mediziner durch die Erfahrungen in der Ordination, wo sie Patienten auch über längere Zeit begleiten, zur Übernahme einer eigenen Kassenpraxis motiviert werden.
Naghme Kamaleyan-Schmied, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Wiener Ärztekammer, sprach von dem Modell als „Lückenfüller“, der allerdings dringend notwendig sei. Fehle eine Kassenpraxis, müssten andere Ordinationen die Patienten aufnehmen, was zu längeren Wartezeiten, kürzerer Behandlungszeit und Frust bei Patienten und Ärzten führe. Mit dem „Pop-Up-Konzept“ werde zumindest kurzfristig die Versorgung sichergestellt, eine Neugründung dauere immerhin zwei Jahre. Ohne eine Flexibilisierung des Kassenarztsystems, bessere Rahmenbedingungen und Honorarverträge würden in Zukunft aber noch mehr Stellen unbesetzt bleiben, warnte sie.
„Wir probieren etwas Neues, wir wissen noch nicht, ob es funktionieren wird“, hob ÖGK-Obmann Andreas Huss den Pilotcharakter des „Pop-up-Konzepts“hervor. Dieses solle dabei keinesfalls Konkurrenz zu den regulären Kassenstellen sein, betonte er. Die Entlohnung sei dieselbe wie bei anderen Tätigkeiten im Ärztefunkdienst. Sobald es Kandidaten für eine reguläre Übernahme der Praxis gebe, ziehe sich die GesmbH zurück. Er sprach von einem „Puzzlestein, um die Versorgung in Zukunft zu verbessern“.
Generell gebe es in Wien relativ wenige unbesetzte Stellen, vielleicht sechs oder sieben gegenüber 40 in Niederösterreich. 122 Wiener Kassenpraxen seien gerade in Gründung. Wegen der wachsenenden Bevölkerung und dem Ansinnen, mehr Patienten aus den Spitalsambulanzen in den niedergelassenen Bereich zu bekommen, werde man aber auf jeden Fall mehr Kassenstellen brauchen.
Von den 100 von der Regierung bundesweit zusätzlich geschaffenen Kassenstellen seien mittlerweile 70 in Besetzung. Huss hoffte, dass diese mit Anfang Oktober bzw. Jänner starten können.
(APA/red.)