Die elektronische Gesundheitsakte im Blick

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Autor: Dedalus

Die Corona-Pandemie hat vieles gelehrt, unter anderem den Wert elektronischer Kommunikation. Die Salzburger Landeskliniken (SALK) haben daraus ihre Schlüsse gezogen und 2021 zum Jahr der Digitalisierung erklärt. Geschäftsführer Priv.-Doz. Dr. Paul Sungler unterstreicht die Intention hinter dem Motto: „Die IT ist elementar für die Entwicklung unseres Hauses. Ich bin überzeugt davon, ohne IT keine Medizin betreiben zu können, zumindest nicht in unserer Größenordnung.“

Keine Insellösungen

„Ich möchte keine Insellösungen“, lautet die klare Vorgabe von Dr. Sungler. „Wir wollen ein starkes führendes System und Fremdsoftware nur da, wo es unbedingt nötig ist. Meine Vision ist, mit Dedalus HealthCare alle patientenbezogenen Prozesse, bereits vor der Aufnahme beginnend bis hin zur Entlassung, in einem System abzubilden“, führt der Geschäftsführer aus.

Deshalb sollen Datensilos abgebaut und die Vielfalt an Daten aus den verschiedenen Systemen in einem zusammengeführt werden. Weil die SALK sich bereits länger auf diesem Weg befinden, sind die Kernsysteme auch bereits seit vielen Jahren sehr erfolgreich im Einsatz. Das Krankenhaus-Informationssystem (KIS) ORBIS läuft beispielsweise seit dem 1. Juni 2007 und ist im Laufe der Zeit kontinuierlich gewachsen. Heute wird es in allen medizinischen Bereichen aller Einrichtungen eingesetzt, aktuell werden die mobile, digitale Patientenkurve sowie IT-unterstützte Medikationsprozesse stufenweise ausgerollt.

„Ich finde, dass all die Krankenhaus-Informationssysteme, mit denen ich bislang gearbeitet habe, daran kranken, dass sie nicht medizinisch aufgebaut, sondern administrativ gedacht sind. Das ist bei ORBIS anders und deshalb ist es – insbesondere mit der aktuellen Weiterentwicklung in Richtung elektronischer Fieberkurve und Medikation – für uns extrem wichtig und wertvoll“, hat Dr. Sungler eine feste Meinung. Das KIS könne sowohl universitäre Anforderungen als auch die der kleineren Landeskliniken erfüllen und sei die zentrale Plattform, der sich die anderen Systeme unterordneten.

Mit neuem ECM in die Zukunft

Seit Anfang August 2021 ordnet sich nun auch das Enterprise Content Managementsystem (ECM) HYDMedia dem Workflow in ORBIS unter. Damit haben die SALK ein maßgeschneidertes, individuell für die Einrichtungen entwickeltes System abgelöst. „Es hatte seine Limitation, war auch ein bisschen aus der Zeit gefallen und letztlich End-of-Life“, nennt Paul Kühnel, Leiter des Managementbereiches Medizin- und Informationstechnologie, die maßgeblichen Gründe für den Wechsel. Es passte nicht mehr zu den gehobenen Anforderungen, da es lediglich eingescannte Papierakten als PDF vorhalten konnte.

Bereits heute spielt HYDMedia eine zentrale Rolle im Datenmanagement der SALK, auch strategisch. Einerseits ist es die Plattform für eine revisionssichere Archivierung und tief integriert mit den wesentlichen Quellsystemen, andererseits werden dort Informationen aus Datensilos zusammengeführt und so die Grundlage für eine elektronische Gesundheitsakte geschaffen. „Genau dabei setzen wir auch auf das Expertenwissen unseres IT-Partners“, sagt Paul Kühnel. „Wir sehen HYDMedia als wichtige Integrationsplattform, die als Archivsystem vom KIS getrennt ist und alle Daten unserer Spezialsysteme an einem Ort zusammenführt. Damit ermöglichen wir unseren Ärzten und Pflegekräften einen gesamthaften Blick auf alle Informationen zu einem Patienten“, so der Managementbereichsleiter.

ECM nur für medizinische Daten

Ausgeschrieben war es als rein medizinisches elektronisches Multimedia-Archiv. „Wir haben bewusst die administrativen Daten, also Abrechnung, die finanziellen Workflows und Personalakten außen vor gelassen. Zum einen haben wir dort aktuell keinen Bedarf, weil ein entsprechendes System im Einsatz ist, zum anderen ist die Einführung eines solchen Systems auch immer eine Frage des Budgets und personeller Ressourcen. Daher haben wir es schlank gehalten“, sagt Projektleiter Klaus Schmoller. Wichtig waren ihm eine sichere rechtskonforme Archivierung, die auch aktuelle Vorgaben wie die DSGVO erfüllt, die Herstellerunabhängigkeit sowie die Möglichkeit, in einer Linux-Umgebung betrieben werden zu können. Letzteres hat laut Schmoller mehrere Vorteile: „Unserer Erfahrung nach gewährleistet das einen äußerst stabilen Betrieb mit hoher Verfügbarkeit. Wir konnten aber auch sehr schnell und reibungslos die Daten aus dem Altarchiv und dem Speicher des KIS migrieren.“

Mit dem neuen ECM wollen die SALK eine elektronische Patientenakte aufbauen, die sämtliche Patientendaten, die entlang des Behandlungspfades entstehen, aus allen beteiligten Systemen sammelt. Darüber hinaus dient es als Ausfallkonzept für das KIS. Der erste Schritt hin zum allumfänglichen Archiv war die Übernahme der eingescannten Altdaten der letzten 14 Jahre aus dem Dokumentenmanagementsystem: rund 21 Millionen Dokumente mit 4,7 Terabyte Datenvolumen. Aus dem Vorgängersystem kamen aus gut 20 Jahren noch einmal knapp 130 Millionen Dokumente – über fünf Millionen Krankengeschichten – mit ungefähr sieben Terabyte hinzu.

Im laufenden Betrieb scannt ein Team von sieben Mitarbeitern im Universitätsklinikum Salzburg und jeweils zwei Mitarbeitern in den Landeskliniken Hallein und Tamsweg die anfallenden Akten und bereitet sie zur Langzeitarchivierung im ECM auf. Insgesamt fallen pro Arbeitstag etwa 25.000 Seiten an.

Zusammen mit einem starken Partner

Der Prozess ist definiert und etabliert. Mitarbeiter einer internen Logistikabteilung sammeln die Krankengeschichtsakten auf den Stationen ein und transportieren sie zur digitalen Archivierung. Die erste Seite eines Stapels ist die sogenannte Krankengeschichtsliste, kurz KG-Liste, die die Patienteninformationen und den Status der Akte enthält. Ein Exemplar davon verbleibt auf den Stationen, sodass die Mitarbeiter dort wissen, wenn die Akte auf dem Weg zur Digitalisierung ist. „So kann sie, sollte sie dringend gebraucht werden und noch nicht digitalisiert sein, zurückgerufen werden. Oder die Akte wird bevorzugt eingescannt. Die KG-Listen werden auch archiviert, um den gesamten Prozess nachvollziehbar und transparent zu machen“, beschreibt Schmoller den Weg der Papierakten ins ECM.

Elektronisch liefert gegenwärtig nur das KIS Daten, allerdings werden die ersten Subsysteme nach Programmierung und Testung der Schnittstellen angebunden. Künftig wollen die SALK dabei aber einen anderen Weg gehen, wie Ing. Klaus Schmoller sagt: „Zuerst möchten wir Subsysteme über Webservices anbinden, ab dem nächsten Jahr dann auf Basis von IHE-Profilen. Damit hoffen wir, ressourcenschonender arbeiten zu können.“ Auch da ist der Partner Dedalus HealthCare, der seine umfängliche IHE-Compliance nachgewiesen hat, wieder im Boot.

www.dedalusgroup.at

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