Wäschekeimen auf der Spur

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Autor: Josef Ruhaltinger

Waschmaschinen sind Heimstätte unzähliger Mikroben-WGs, sogenannter Mikrobiome. Eine deutsche Studie hat untersucht, was dies für die Wäsche in Gesundheitseinrichtungen bedeutet.

Wenn die Waschmaschine im privaten Haushalt müffelt, steigen Ängste hoch. Der Verdacht, ob die sonst so hilfreiche Apparatur nicht zur Keimschleider mutiert, lauert in jedem Wäschekammerl. In den Großwäschereien von Krankenhäusern ist die Sorge deutlich drängender: In Spitälern und anderen Gesundheitseinrichtungen sind höchste Anforderungen an die Hygiene zu stellen – und damit natürlich auch an die Hygiene von Textilien. Dabei kennt jeder die schleimigen, hartnäckigen Beläge, die sich zum Beispiel in der Bullaugendichtung oder der Einspülkammer bilden: sogenannte Biofilme, in denen Bakterien und andere Mikroorganismen geschützt vor äußeren Einflüssen recht gut überleben können. Im Detail wisse man bisher aber erstaunlich wenig darüber, ist Markus Egert irritiert. Er ist Professor an der Hochschule Furtwangen für Mikrobiologie und Hygiene: „Obwohl bekannt ist, dass Waschmaschinen anfällig für Verkeimungen sind, gab es bislang kaum Studien, die den Keimgehalt an verschiedenen Stellen von Waschmaschinen einmal konkret gemessen hätten.“

Biotop für schlechten Geruch

Deshalb hat der Mikrobiologe das Waschmaschinen-Mikrobiom-Projekt (WMP) ins Leben gerufen: Seit gut drei Jahren arbeitet sein Team daran, Licht ins Dunkel der Waschmaschinen-WGs zu bringen. Die Mikrobenbesiedlung wirft zum einen gesundheitliche Fragen auf, denn einige Keime können gerade für immungeschwächte Menschen durchaus zum Problem werden. „Diese Überlegungen spielen vor allem in Krankenhäusern, Altenheimen und anderen Einrichtungen eine Rolle, wo Hygiene ganz besonders wichtig ist“, meint Egert. Er befasst sich schon seit Langem mit den Lebensgemeinschaften, die Mikroben im Umfeld des Menschen bilden. In der Wissenschaft bezeichnet man diese Gemeinschaften als Mikrobiom. Jeder Mensch trägt sein ganz eigenes, individuelles Mikrobiom mit sich herum, und auch die Gegenstände in unserem Umfeld sind von den verschiedensten Gemeinschaften aus Bakterien, Pilzen, Viren und anderen Mikroorganismen besiedelt. Die meisten dieser Mitbewohner sind harmlos bis nützlich, einige werden von unserem Körpersystem sogar genutzt, um überhaupt gesund leben zu können – etwa die Darmbakterien, die bei der Verdauung helfen.

In Beobachtung

Krankenhauswäsche spielt bei der Übertragung nosokomialer Infektionen eine eher untergeordnete Rolle, heißt es in der Hygienerichtlinie zum Umgang mit Wäsche des deutschen Institutes für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie. Trotz allem: Die Wäsche sei „potenzieller Träger von Infektionserregern und nimmt daher bei der Bearbeitung eine besondere Stellung ein“ (Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin ÖGHMP). Das Infektionsrisiko, das von Wäsche ausgeht, hängt davon ab, ob die Erreger auf trockener Wäsche längere Zeit überleben können und ob die Wäsche feucht und mit erregerhaltigem Material verschmutzt ist. Es gibt nur wenige Erreger, für die der Nachweis erbracht wurde, dass sie auf trockener Wäsche überleben, wie zum Beispiel MRSA und Sporen von Pilzen. Da jedoch eine Vermischung von Wäsche ohne Erreger mit Wäsche mit erregerhaltigem Material nie ausgeschlossen werden kann, geht man von einer potenziellen Infektionsgefahr aus. Eine desinfizierende Aufbereitung ist vorgeschrieben.

Eine mittlere Großstadt auf einem Quadratzentimeter

Forscher Markus Egert ist den Wäschekeimen auf der Spur: „Ein Mysterium ist nach wie vor, was diese Keime auf der Wäsche so treiben, zum Beispiel was sie fressen und welche Stoffwechselprodukte sie erzeugen.“ Um diese Frage zu klären, hat das WMP-Team drei gut zugängliche Stellen mehrerer Waschmaschinen untersucht, die man auch als Laie problemlos reinigen kann (und sollte): den Pumpensumpf, die Bullaugendichtung und die Einspülkammer. Einer der bekanntesten „Stinker“, ein Bakterium namens Moraxella osloensis, lebt besonders gern in der Bullaugendichtung. In der Einspülkammer wiederum fand sich die größte Artenvielfalt. Und auch diese Zahl gehört zu den Erkenntnissen aus dem Projekt: Rund die Hälfte der häufigsten Arten, die das WMP-Team in den Maschinen gefunden hat, kann Menschen potenziell krank machen.

Der nächste Schritt in Egerts Projekt war eine sogenannte Metatranskriptomanalyse: Dadurch soll geklärt werden, welche Stoffwechselprozesse in einer komplexen mikrobiellen Gemeinschaft ablaufen. Dazu wird messenger RNA (mRNA) aus den Proben extrahiert und sequenziert. Die meisten mRNAs enthalten Informationen für Enzyme, also Proteine, die den Stoffwechsel treiben und regulieren. Insgesamt wurden 17 Gene identifiziert, die sich signifikant in ihrer Expression zwischen Baumwolle und Polyester unterschieden. Darunter zwei, die der Gattung Moraxella zugeordnet wurden, zu der das bereits erwähnte Moraxella osloensis gehört. Einige der identifizierten Gene stehen in Zusammenhang mit dem bakteriellen Kohlenhydratstoffwechsel. Dies lässt vermuten, dass die feuchten Textilien selber den Bakterien als Nahrung dienen könnten. Baumwolle besteht aus Zellulose, die wiederum aus Glucose – also Zuckereinheiten – aufgebaut ist. Polyester dagegen ist ein schwer abbaubarer Kunststoff.

Neue Ansätze für mehr Wäschehygiene

Insgesamt dient das Waschmaschinen-Mikrobiom-Projekt vor allem der Grundlagenforschung, doch so abstrakt die Ergebnisse zunächst auch wirken mögen: Sie bieten neue Ansatzpunkte, um Hygieneprodukte für Wäsche und Maschine zielgerichteter und besser zu machen. Hygieneexperte Egert hat auch für den privaten Haushalt handfeste Tipps:
f Die Maschine an den Dichtungen und Falzen regelmäßig mit Allzweckreiniger auswischen. Biofilme wird man vor allem durch mechanisches Reinigen los.
f Bullauge und Einspülkammer nach jedem Waschgang zum Trocknen offen lassen.
f Regelmäßige Waschgänge bei mindestens 60 Grad und mit bleichehaltigen Pulver-Vollwaschmitteln durchführen. Das löst jede Mikroben-WG auf.    //

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