Kurzmeldungen aus der Welt der Gesundheitswirtschaft und des Gesundheitswesens.
Comeback der alten Schule
Der international bekannte Genetiker Josef Penninger kehrt wieder in die österreichische Forschungs-Community zurück. Ab 1. Juli übernimmt er den Lehrstuhl für „Personalisierte Medizin“ an der Medizinischen Universität Wien. Laut „Kurier“ wird Penninger das neue Eric Kandel Institut aufbauen. Dort sollen ab Ende 2026 rund 200 Forschende individuell auf einzelne Patientinnen und Patienten zugeschnittene Präventions-, Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln (siehe ÖKZ 3/4 2023). Am neuen Uni Campus werden hochmoderne Rahmenbedingungen für die Erforschung der Möglichkeiten personalisierter und digitaler Medizin geschaffen. Penninger ist seit 2018 Direktor am Life Science Institute der kanadischen University of British Columbia in Vancouver. Bei der Stelle in Wien handle es sich um eine „Teilzeitprofessur“, heißt es.
Bettensperren: Ein ganzes AKH liegt brach
Österreichweit sind aktuell 2.775 Spitalsbetten gesperrt und damit weit mehr, als im Wiener AKH zur Verfügung stehen. Diese Zahlen präsentierten die GÖD-Gesundheitsgewerkschaft und younion bei einer Pressekonferenz in Wien. Das AKH verfügt über 1.732 Betten. Grund für die Sperren sind laut Gewerkschaft rund 2.200 fehlende Pflegekräfte, an die 700 unbesetzte Arztstellen und auch an die 200 fehlende administrative Mitarbeiter. Die Zahlen beziehen sich laut GÖD auf alle länder- und gemeindegeführten Spitäler in Österreich (33.000 Betten). Österreichweit sind damit 8,41 Prozent der Betten gesperrt.
Pflegereform geht in die zweite Runde
Am 24. Mai – und unmittelbar vor Redaktionsschluss – passierte der zweite Teil der im vergangenen Jahr gestarteten Pflegereform den Ministerrat. Damit soll eine „Stabilisierung des Pflegesektors“ erreicht werden, heißt es in einer Stellungnahme von Gesundheitsminister Johannes Rauch. Der Gesetzesentwurf konzentriert sich auf strukturelle Verbesserungen für Patienten und Pflegende. Dabei werden 18 Maßnahmen ins Auge gefasst. Dafür stellt die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode über 120 Millionen Euro zur Verfügung.
Die zentralen Punkte:
Erhöhung der Förderung: Das Paket sieht mehr Geld für die 24-Stunden-Betreuung vor. Ab September 2023 erhalten Pflegebedürftige 800 Euro pro Monat – sofern zwei selbstständige Personenbetreuerinnen zum Einsatz kommen und die pflegebedürftige Person Pflegestufe 3 erreicht.
Nostrifizierung: Bei ausländischen Pflegekräften werden zur Anerkennung der Ausbildung künftig Gesamtqualifikation und Berufserfahrung beurteilt und nicht mehr das Stundenausmaß der Fächer.
Verordnung von Medizinprodukten (DGKP): Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger können künftig Medizinprodukte selbst verordnen.
Angehörigenbonus: Personen, die nahe Angehörige pflegen, haben im Jahr 2023 automatisch Anspruch auf 750 Euro – und ab 2024 auf 1.500 Euro (sofern aufgrund der Pflege pensionsversichert).
UBV-Anerkennung für Zivildiener: Zivildiener können nach spezieller Ausbildung niederschwellige Tätigkeiten in der Pflege-Basisversorgung übernehmen.
Rechtsanspruch auf Begleitung bei Kinderreha: Eltern oder Bezugspersonen haben für Begleitung ihrer Kinder einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz (insgesamt vier Wochen) inklusive Bezug von Pflegekarenzgeld.
Deutsche Klinik probt 4-Tage-Woche
Ab 1. Juli startet das Klinikum Bielefeld auf einer Probestation die Vier-Tage-Woche für Vollzeit-Pflegekräfte. Eine Reduktion der Arbeitszeit ist mit dem Modellprojekt nicht verbunden. Wie das Klinikum mitteilt, wird auf der Pilotstation die Arbeitszeit in den Früh-, Spät- und Nachtschichten auf 9 Stunden angehoben. Um die volle tarifliche Arbeitszeit (38,5 Stunden) zu erfüllen, sollen die Mitarbeiter variabel weitere 1,2 Dienste pro Monat leisten. Alternativ könne der Arbeitsvertrag auf 93% angepasst werden. Dies entspreche genau einer Vier-Tage-Arbeitswoche. Die Vorteile aus Sicht des Klinikums: Die Zahl der freien Tage verdoppelt sich – statt 11 Dienste in 14 Tagen stehen 8 Dienste auf dem Plan. Und Teilzeitkräfte erhielten bessere Möglichkeiten, auf Vollzeit aufzustocken. Mit dem Modellprojekt will das Klinikum neben eigenen Mitarbeitenden auch externe Pflegekräfte ansprechen.
Gesundheitsausgaben eilen Inflation davon
Ein interessanter Zahlenvergleich des wirtschaftsliberalen Think Tanks Agenda Austria: Seit 2012 sind die Gesundheitsausgaben pro Kopf um fast 60 Prozent gestiegen, im Vergleich dazu stieg die Inflation im selben Zeitraum mit 26,4 Prozent weniger als halb so stark.
Probleme des Gesundheitssystems trüben Stimmung
Die Diskussionen um die Reformunfähigkeit des österreichischen Gesundheitssystems zeigen Wirkung: Laut einer Umfrage zum Austrian Health Forum (AHF) sind 59 Prozent der Österreicher der Ansicht, dass sich die Gesundheitsversorgung Österreichs verschlechtert hat. Stark gesunken ist in den letzten Jahren auch das subjektive Gesundheitsgefühl. Im April 2021 fühlten sich noch 75 Prozent der Befragten „völlig“ oder „größtenteils gesund und wohl“ und 18 Prozent „weniger“ oder „gar nicht gesund und wohl“. Bis zum Jahr 2023 stieg der Anteil jener, die sich nicht gesund fühlen, auf 32 Prozent.
Tarif-Einigung: Streiks im britischen Gesundheitssystem beendet
Anfang Mai hat sich der Großteil der Beschäftigten im staatlich finanzierten britischen Gesundheitswesen NHS in einem Gehaltskonflikt mit der Regierung geeinigt. Mehr als eine Million Beschäftigte sollen in diesem Jahr eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent und eine Einmalzahlung von mindestens 1.250 Pfund (rund 1.420 Euro) bekommen, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete (siehe dazu Artikel „Kaputt gespart“ – hier zu lesen).