Rheuma - Niedrig dosiertes Kortison auch langfristig sicher

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Kortison ist nach wie vor ein Kernstück der Behandlung bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Das trifft auch speziell auf Patienten chronischer Polyarthritis (rheumatoide Arthritis, Gelenksrheuma) zu. Oft werden solche Medikamente aber viel zu lange eingenommen. Mit einer niedrigen Dosierung dürften laut einer Studie der Berliner Universitätsklinik Charite die Nebenwirkungen aber trotzdem gering sein.

„Bei rheumatoider Arthritis (…) ist Kortison sehr wirksam, medizinische Leitlinien raten aber von einer längerfristigen Einnahme ab. Grund sind eine Reihe von Nebenwirkungen – die allerdings vor allem bei den früher üblichen hohen Dosierungen beobachtet wurden. Zur Verabreichung von kleinen Mengen Kortison über einen längeren Zeitraum gibt es dagegen wenig aussagekräftige Daten“, teilte die Charite jetzt mit.

In den Leitlinien der Europäischen Rheumaliga (EULAR) sind ganz klar Empfehlungen enthalten, Kortison bei chronischer Polyarthritis nicht länger als drei bis sechs Monate einzunehmen. „Weil Kortison-Präparate (Glukokortikoide; Anm.) so gut gegen die rheumatoide Arthritis helfen, nehmen 30 bis 50 Prozent der Betroffenen sie auch zwei Jahre nach der Diagnose noch – und zwar entgegen den aktuellen medizinischen Leitlinien und Empfehlungen“, erklärte Andriko Palmowski, Erstautor der neuen Analyse der Fachliteratur zu diesem Thema von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Berliner Universitätsklinik.

Geringe Auswirkungen auf Blutdruck & Gewicht

In der Vergangenheit hatten einige Beobachtungsstudien beispielsweise darauf hingedeutet, dass eine langfristige Einnahme auch von geringen Mengen Kortison bei rheumatoider Arthritis den Blutdruck ansteigen lässt und zu einer Gewichtszunahme führt. Das Charité-Forschungsteam holte deshalb von fünf bereits abgeschlossener Studien die Messwerte zu Blutdruck und Körpergewicht ein und analysierte diese gemeinsam. So kamen Daten von insgesamt mehr als 1.100 Menschen mit rheumatoider Arthritis aus zwölf europäischen Ländern zusammen, die über zwei Jahre hinweg niedrig dosierte Kortison-Präparate oder ein Scheinpräparat beziehungsweise Kontrollmedikamente erhalten hatten. Alle Patienten hatten zusätzlich noch andere Medikamente zur Rheuma-Kontrolle erhalten.

Das Ergebnis der Analyse könnte Betroffene etwas beruhigen: Unter der Kortison-Therapie veränderte der Blutdruck sich nicht signifikant, die Betroffenen nahmen im Durchschnitt nur 1,1 Kilogramm mehr zu als die Probanden aus der Kontrollgruppe. Ähnliches galt auch für Risikopatienten, die zu Studienbeginn bereits übergewichtig waren oder einen hohen Blutdruck hatten.

„Die Ergebnisse unserer Studie machen die Leitlinien nicht obsolet, denn Glukokortikoide können auch andere schwerwiegende Nebenwirkungen wie Osteoporose, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eine Neigung zu Infektionen mit sich bringen“, resümierte Frank Buttgereit, Vizechef der Berliner Klinik.

„Aber für viele Rheuma-Betroffene und auch ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ist die Sorge vor einem Blutdruckanstieg und einer Gewichtszunahme ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen eine Kortison-Therapie. Das sollte sie jedoch nicht sein, weil beide Effekte – wie unsere Ergebnisse zeigen – keine große Relevanz haben. Stattdessen sollte die Entscheidungsfindung eher die anderen Nebenwirkungen in den Blick nehmen“, fügte der Fachmann hinzu.

Die Fachpublikation finden Sie hier.

(APA/red.)

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

UNICEF: 2021 starb alle 4,4 Sekunden ein Kind oder Jugendlicher

UNICEF: 2021 starb alle 4,4 Sekunden ein Kind oder Jugendlicher

Viele der Todesfälle hätten laut dem Bericht von Expertinnen und Experten durch einen fairen Zugang und eine hochwertige Gesundheitsversorgung für Mütter, Neugeborene, Kinder und Jugendliche verhindert werden können.

Luftverschmutzung erhöht Diabetesrisiko

Luftverschmutzung erhöht Diabetesrisiko

Eine neue Studie des Universitätsspitals Zürich und der Universität Basel zeigt, wie Diesel-Partikel bei Mäusen im Darm eine Reaktion auslöst, die zur Entwicklung von Diabetes beiträgt.

Drogenkonsum in Österreich fast durchwegs über dem EU-Durchschnitt

Drogenkonsum in Österreich fast durchwegs über dem EU-Durchschnitt

Die konsumierten Mengen an illegalen Substanzen steigen. Österreich liegt dabei vor allem beim Konsum harter Drogen im europäischen Vergleich im Spitzenfeld. Die EU-Kommission äußerte sich "zutiefst besorgt" über den allgemeinen Trend.