Steirische Ärzteausbildung mit großen Datenlücken

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Autor: Scho

Die Ärzteausbildung und die Besetzung der Ausbildungsstellen in der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) der Jahre 2019 bis 2022 hat der Landesrechnungshof (LRH) durchleuchtet. Laut Bericht konnten vielfach vonseiten der KAGes keine Angaben gemacht werden, warum rund jeder zehnte Dienstposten unbesetzt blieb, wohingegen Teilzeitbeschäftigungen stiegen. Wenig Verständnis gab es auch für die Jungmediziner-Stipendien für die private Wiener Sigmund Freud-Uni.

Zwischen den Jahren 2018 und 2022 hat sich der Besetzungsgrad der geplanten Ärzte-Dienstposten von 97,4 auf 91,9 Prozent reduziert. In Vollzeitäquivalenten haben sich somit die nicht besetzten Dienstposten von 58,7 auf 183,86 mehr als verdreifacht. Das führte dazu, dass über drei Viertel der Standorte in sämtlichen Versorgungsregionen im Prüfungszeitraum die geplanten Dienstposten nicht zur Gänze besetzen konnten.

Parallel war an einigen Standorten ein verstärkter Trend zur Teilzeitbeschäftigung zu beobachten, davon waren mit Ende Dezember 2022 nahezu drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten Frauen. Diese wiesen allerdings im Schnitt ein höheres Beschäftigungsausmaß auf als ihre teilzeitbeschäftigten männlichen Kollegen. Soviel steht fest, vieles andere bleibt dagegen vage, wie der am Dienstag veröffentlichte rund 160 Seiten umfassende Bericht des steirischen Landesrechnungshofes vor allem zeigt.

Der Bericht führt vor Augen, wie groß offenbar die Lücken in der Datenerhebung sind: So konnte die KAGes keine Angaben darüber machen, wie viele Basisausbildungen in den Krankenhäusern absolviert wurden und wie viele Absolventen mit einer Facharztausbildung oder zum Allgemeinmediziner fortsetzen bzw. von der Allgemeinmedizinerausbildung zur Facharztausbildung wechseln. „Abbruchquoten und Abbrechgründe im Rahmen der Basisausbildung werden von der KAGes nicht erhoben“, wurde festgehalten.

Auch über die Anzahl der absolvierten Spitalsturnusse lagen keine exakten Angaben vor, im Dienstpostenplan werde nicht zwischen Ärzten in Basisausbildung oder zu Allgemeinmedizinern unterschieden, wurde festgehalten. Gleiches gelte für die Ausbildung zum Allgemeinmediziner. Hier empfiehlt der LRH ein entsprechendes Monitoring zu betreiben.

Zwischen dem Personalverwaltungssystem und der Ausbildungsverwaltung der KAGes bestehe „bis dato noch keine Schnittstelle“, wurde kritisiert. Laut der KAGes standen im Prüfzeitraum für das Klinisch Praktische Jahr immer ausreichend Ausbildungsstellen zur Verfügung, „deren exakte Anzahl kann jedoch nicht beziffert werden“, hieß es in der Kurzzusammenfassung im Prüfbericht.

Kein Überblick üpner Fachärztebedarf

Kritisiert wurde auch, dass die KAGes keine konkrete Auswertung der offenen Dienstposten je medizinischer Fachrichtung ohne hohen Aufwand übermitteln konnte. „Damit war nicht nachvollziehbar, welche Fächer innerhalb der KAGes eine Nachbesetzungsproblematik aufweisen“, so der LRH.

Warum die Ausbildungsoffensive des Landes Steiermark ursprünglich mit der Wiener Privatuniversität erfolgt ist und nicht mit einer örtlichen Einrichtung, ist für den LRH „nicht nachvollziehbar“. Auch verursache dieses Stipendienprogramm mit einem Betrag von neun Millionen Euro für 60 Studienplätze verhältnismäßig hohe Kosten und die KAGes besitze kein Mitspracherecht zur Auswahl der Stipendiaten. Hier erachtet der LRH „eine regelmäßige Evaluierung und daraus ergehende Adaptierung der Vereinbarungen, Prozesse und Strukturen der Kooperation“ als notwendig. Für den Fall einer ausbleibenden Reakkreditierung der Privatuniversität bzw. des Studiengangs wurde empfohlen, das Stipendienprogramm „mit einer anderen (öffentlichen) Universität zu evaluieren“.

Als „äußerst kritisch“ sieht der LRH die Nebenbeschäftigung von ärztlichem Personal der KAGes als niedergelassene Wahl- oder Privatärzte an. Er empfiehlt, „die Hintergründe der jeweiligen Reduzierung des Beschäftigungsausmaßes zu hinterfragen“, um daraus personalpolitische Strategien ableiten zu können.

Kornhäusl: „Es gibt auch Baustellen“

Für Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) bestätige der Bericht „über einige Strecken das, was ich kenne und anspreche. Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, aber es gibt auch Baustellen, die wir abarbeiten. Ich will und werde da nichts schönreden.“ Er wolle mehr Menschen für die Mitarbeit im steirischen Gesundheitswesen begeistern, um dem europaweiten Personalengpass entgegenzuwirken. „Das geht nicht von heute auf morgen, aber wir arbeiten Schritt für Schritt daran, die Situation zu verbessern.“ Mit dem Gehaltspaket im Vorjahr und dem jüngsten Gehaltsabschluss habe man die Arbeit in der KAGes wesentlich attraktiver gemacht. Zudem arbeite man an einer Reduktion der Dokumentationspflichten, dem Ausbau des Kinderbetreuungsangebots und einer Verbesserung der Dienstplansicherheit.

Die steirischen NEOS forderten indessen am Dienstag einen „Vollzeitbonus“ für die Belegschaft und die Beseitigung des „Datenchaos“. Ins selbe Horn stieß die steirische FPÖ: „Ohne eine genaue Kenntnis darüber, wie viele Ärzte die Ausbildung abbrechen und aus welchen Gründen dies geschieht, wird eine Attraktivierung kaum möglich sein“, hielt FPÖ-Gesundheitssprecher Marco Triller fest.

Die steirischen Grünen unterstrichen die Kritik des LRH: „Dass die KAGes offensichtlich nicht in der Lage ist, genaue Angaben über die Grund- und Facharztausbildungen sowie die Bewerbungen zu machen, zeigt das Fehlen von Transparenz und strategischer Ausrichtung“, hob Gesundheitssprecher Georg Schwarzl hervor. Er wiederholte die Forderung der Grünen nach einer zentralen Erfassung und ein kontinuierliches Monitoring der Ausbildungs- und Dienstposten.

Die KPÖ sah ihre Befürchtungen bestätigt: „Der Mangel an Ärztinnen und Ärzten im öffentlichen Gesundheitswesen geht Hand in Hand mit einem wachsenden privaten Sektor“, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler, die in diesem Zusammenhang von einer bedenklichen Entwicklung sprach.

(APA/red.)

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