Die Tabakindustrie versucht einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge alle möglichen Tricks, um Kinder so jung wie möglich süchtig zu machen. Dazu gehöre, vor allem E-Zigaretten in bunten Farben fast wie Spielzeug zu vermarkten, berichtete die WHO in Genf. In Europa sei die Lage besonders bedenklich, sagte der zuständige WHO-Abteilungsleiter Rüdiger Krech am Donnerstag in Genf.
Verkaufseinschränkungen nutzten wenig, wenn Jugendliche die Produkte im Internet bestellen könnten und die Behörden dem keinen Einhalt bieten würden. Nach Angaben der WHO konsumieren nach Schätzungen rund 37 Millionen Teenager zwischen 13 und 15 Jahren bereits Tabak. Dazu gehören Zigaretten, Kau- und Schnupftabak.
Hinzu kämen noch Millionen, die E-Zigaretten nutzen. Die enthalten zwar keinen Tabak, aber Nikotin, und machen deshalb auch süchtig. Weil E-Zigaretten teils teuer sind, steigen viele junge Menschen, wenn das Geld ausgeht, auch auf Tabakprodukte um. In der WHO-Europaregion sagten inzwischen 20 Prozent der 13- bis 15-Jährigen, sie hätten in den vergangenen 30 Tagen E-Zigaretten genutzt. Unter den 16.000 Geschmacksrichtungen seien solche wie „Kaugummi“ und „Bonbon“, die eindeutig auf Kinder zielten. „Die Geschichte wiederholt sich: Die Tabakindustrie versucht, unseren Kindern dasselbe Nikotin in anderer Verpackung zu verkaufen“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Dass Tabakfirmen ihre E-Zigaretten als Produkt bewerben, mit dem Menschen vom Tabak wegkommen, ist nach Angaben der WHO nur ein Vorwand. „Wie können sie von Schadensbegrenzung sprechen, wenn sie mit diesen gefährlichen, schnell süchtig machenden Produkten um Kinder werben?“, sagte Tedros. Die WHO prangert Werbung in Kinderfarben an, und solche mit Comicfiguren.
Zudem würden Influencer rekrutiert, die ihren Anhängern gegen Bezahlung gefährliche Produkte als „cool“ anpreisen würden. „Die Industrie will die Kinder möglichst jung süchtig machen, damit sie lebenslange Verbraucher haben“, sagte Given Kapolyo, die in Sambia junge Leute organisiert, die in ihren eigenen Jugendgruppen über schädlichen Nikotinkonsum aufklären.
WHO fordert Maßnahmen
Die WHO drängt Länder, die Möglichkeiten zum Konsum von Tabak- und anderen Nikotinprodukten stärker einzuschränken. Dazu gehören ein Verbot von E-Zigaretten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, Werbeverbote, höhere Steuern und 100-prozentige Rauchverbote in Innenräumen.
Die Österreichische Schutzgemeinschaft für Nichtraucher forderte am Donnerstag in einer Aussendung, ein allgemeines Rauchverbot im Auto, nicht nur wie gesetzlich bereits vorgeschrieben, wenn Kinder bis zum 18. Lebensjahr im Auto anwesend sind. Es dürfe „nicht sein, dass 99 Prozent der abgerauchten Zigaretten aus dem Fenster geworfen werden und so bedenkenlos die Umwelt verschmutzt wird“, betonte Robert Rockenbauer von der Schutzgemeinschaft anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai. Was in Österreich u.a. noch fehle seien stärkere Kontrollen bestehender Rauchverbote, ein klares Rauchverbot im Wald sowie Rauchverbote bei Spielplätzen, Bus- und Straßenbahnhaltestellen, in Schwimmbädern, auf Liegewiesen und in Parks.
(APA/dpa/red.)