Testlabor soll Anpassungszeit für Implantat-Träger verkürzen

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Autor: Scho

Ein Forschungsprojekt der Medizinischen Universität Innsbruck und der Technischen Universität München will mit Simulationsmodellen in einem virtuellen Testlabor dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit von Hörschnecke-Implantaten zu verbessern bzw. die Anpassungszeit für Patienten zu verkürzen. Dazu arbeitet man mit Computermodellen, die austesten, wie sich der Hörnerv bei Cochlea-Implantaten noch präziser stimulieren lässt, sagte Wissenschafter Rudolf Glückert zur APA.

„Die bisherigen Modelle waren zu simpel“, fügte er hinzu. Diese nunmehr „möglichst realistischen, komplexen Modelle“, zu denen man Schritt für Schritt gelangen will, sollen jedenfalls für die Implantat-Entwicklung und damit vor allem für deren Nutzer relevant werden. „Ich erwarte aber gar keinen großen Sprung bei der Hardware“, hielt der Wissenschafter fest. Bei der Anregung der Neuronen, also an der „Software“, gebe es aber noch Optimierungsmöglichkeiten: „Wenn wir wissen, wie die Neuronen möglichst punktgenau angeregt werden, kann das Hörerlebnis stark verbessert und die Anpassungsphase für die Nutzer deutlich verkürzt werden.“ Bei den betroffenen Patienten fehlen die Sinneszellen nämlich weitestgehend oder ganz.

Rudolf Glückert: Mit dem neuen Zugang lasse sich „ausgiebig austesten, welche Stimulationsmuster sich am besten für die jeweiligen Patienten eignen“.

Einzigartig am Forschungsprojekt, das einem ähnlichen Projekt nachfolgt und ab Oktober auf drei Jahre angelegt ist, sei es, dass man mit verschiedenen menschlichen Innenohren und auch mit unterschiedlichen Erhaltungszuständen des Hörnervs arbeite, erklärte Glückert, der an der Medizinischen Universität Innsbruck tätig ist. Beides würde schließlich in ein Computermodell überführt, beschrieb er das Prozedere.

22 Elektroden ersetzen 3.500 Sinneszellen

Sei diese Überführung abgeschlossen, habe man schließlich ein „virtuelles Testlabor“ vor sich. „Wir können ausgiebig austesten, welche Stimulationsmuster sich am besten für die jeweiligen Patienten eignen“, betonte Glückert, der im Innenohrlabor der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde arbeitet.

So könne man bei den Modellen etwa Elektrodenpositionen verändern und sich somit auch ansehen, wie genau dadurch die Nervenzellen in der Hörschnecke stimuliert werden und wie die jeweilige Reizantwort aussehe. Das wiederum sei bei den betroffenen Patienten das zentrale Moment. „Bei den Cochlea-Implantaten ersetzen, anders als bei akustischen Hörgeräten, zwölf bis 22 Elektroden rund 3.500 Sinneszellen“, erklärte Glückert.

Die Cochlea-Implantate werden bereits seit den 1970er-Jahren eingesetzt. Damit soll das Hörvermögen und Sprachverständnis von gehörlosen oder sehr schwerhörigen Patienten wiederhergestellt werden. Dazu werden Elektroden in die Hörschnecke eingeführt und mit einem Sprachprozessor verbunden. So werden akustische Signale in elektrische Impulse umgewandelt und der Hörnerv simuliert. Weltweit werden bei rund einer Million Patienten Cochlea-Implantate genutzt.

(APA/red.)

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