Mit der Corona-Pandemie hat sich das Drogenkonsumverhalten von Jugendlichen in Tirol verändert. Diese griffen laut Experten zunehmend „wahllos“ zu Drogen, konsumierten „das gerade Verfügbare“ und tendierten damit zu einem „gefährlichen Mischkonsum“, teilten Verantwortlichen von Med-Uni Innsbruck und tirol kliniken bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Deshalb seien auch die „ambulanten Klinik-Einlieferungen“ mit „multitoxischen Vergiftungen“ gestiegen.
Vor der mittlerweile offiziell als beendet erklärten Pandemie habe man es in einem Zeitraum von drei Jahren mit maximal fünf stationären Aufnahmen wegen „Mischkonsums“ zu tun gehabt, sagte der Leitende Oberarzt an der Innsbrucker Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und Leiter der Kindernotfallambulanz, Klaus Kapelari. In den „Pandemiejahren“ sei man hingegen mit „70 bis 90 Aufnahmen“ konfrontiert gewesen, sagte er.
Aktuell habe man in Tirol „rund 90 bis 95 Jugendliche mit Mischkonsum“ im Blick, so Kapelari: „70 davon sind akut gefährdet und werden mindestes einmal stationär aufgenommen.“ Vor allem die Konsum-Kombination von Benzodiazepine und Opioide führe dabei zu „vital bedrohlichen Situationen“, erklärte der leitende Oberarzt.
Klaus Kapelari, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und Leiter der Kindernotfallambulanz Innsbruck: Vor der Pandemie gab es im Zeitraum von drei Jahren fünf stationären Aufnahmen wegen „Mischkonsum“, in den Pandemiejahren waren es 70 bis 90.
Als mögliche Gründe für diesen „gefährlichen Mischkonsum“ benannte die Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Hall und Innsbruck, Kathrin Sevecke, neben der mittlerweile überstandenen Pandemie vor allem „Krieg, Klima und sonstige Krisen“. An den Jugendlichen ließen sich dabei diese Belastung ablesen, denn sie seien „ein Seismograph der Gesellschaft“.
Auch sie sprach von einer konstant hohen Zahl der Aufnahmen in ihrem Bereich: „2022 mussten in Hall und Innsbruck 71 Jugendliche stationär aufgenommen werden, 2023 waren es 50 Aufnahmen.“ Bei den Fällen in beiden Jahren handle es sich zu 85 Prozent um „Akutaufnahmen“. Diese Zahlen würden sich wohl so „einpendeln“: „Ich glaube nicht, dass diese Zahlen deutlich sinken werden, denn den Jugendlichen geht es zunehmend schlechter.“ Auch übermäßiger Medienkonsum, Internet oder Computerspiele würden schließlich noch das ihre zu dieser Befindlichkeit beitragen, so Sevecke.
Kathrin Sevecke, Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Hall und Innsbruck: Für eine stationäre Behandlung fehlten rund 50 Prozent der Plätze. Der Ausweg: Behandlung durch mobile Teams zu Hause.
Dass man all diese jugendlichen Patienten nicht stationär behandeln könne, läge auf der Hand, betonte die Psychiaterin, denn: „Es fehlen bis zu 50 Prozent der Plätze dafür.“ Daher müsse und solle man das „Home-Treatment“ forcieren – also eine Behandlung zuhause durch ein Team, das den Eltern zur Seite steht. Damit könne man „Stations-Äquivalente“ schaffen, nannte Sevecke ein wünschenswertes Zukunftsszenario.
Über diese und weitere Themen soll auch beim Kongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie diskutiert werden. Dieser findet unter dem Titel „Konsumierende Jugendliche – ein gemeinsamer Blick“ am 26. und 27. Jänner in Innsbruck statt.
(APA/red.)