Der Anteil der Wahlärzte hat sich zwischen den Jahren 2017 bis 2023 – abgesehen von Teilbereichen – erhöht, teils deutlich. Besonders auffällig ist der Zuwachs bei Hautärzten: Dort wuchs der Wahlarzt-Anteil von 58 Prozent auf 71 Prozent an. Das geht aus einer Beantwortung einer SPÖ-Anfrage durch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hervor. SPÖ-Klubobmann Philip Kucher warnte vor einem „Kipppunkt“ im Gesundheitssystem.
Die Zahl der Kassen-Dermatologen in Österreich lag demnach im Jahr 2017 in absoluten Zahlen bei 312 und sank auf 233 im Jahr 2023. Die Zahl der Wahlärzte hingegen erhöhte sich von 434 auf 570. Unter den abgefragten Fachrichtungen auffällig stark gestiegen ist der Wahlarzt-Praxen-Anteil auch bei Urologen und Urologinnen, nämlich von 55 auf 62 Prozent.
Bei der Augenheilkunde stieg der Anteil der Wahlarztpraxen von 52 Prozent auf 57 Prozent, bei den Fachärzten und -ärztinnen für Chirurgie von 83 auf 87 Prozent. Ein Plus gab es auch bei Orthopäden: Von 74 auf 76 Prozent.
Gleich blieb der Wahlarzt-Anteil bei den Psychiatern (86 Prozent). Lediglich bei den Kinderpsychiatern sank der Anteil, und zwar von 83 auf 75 Prozent.
Auf 23.981 Einwohner kommt laut dieser Anfragebeantwortung nur eine Augenärztin bzw. ein Augenarzt, auf 80.000 Einwohner eine Fachärztin bzw. ein Facharzt für Chirurgie. Bei den Hautärztinnen und -ärzten liegt das Verhältnis bei 1 zu 36.634, bei den Psychiatern und Psychiaterinnen bei 1 zu 59.172. Auf einen Orthopäden bzw. Orthopädin kommen 35.842 Einwohner.
Stark gestiegen ist die Zahl der Refundierungsanträge für die Wahlarztrechnungen. Bei der Augenheilkunde gab es hier zwischen 2017 und 2023 ein Plus von 55 Prozent, bei Hautärzten und -ärztinnen einen Zuwachs von 75 Prozent und bei Kinderpsychiater und -psychiaterinnen wurden um 182 Prozent mehr Anträge eingereicht. Noch deutlicher zeigte sich der Zuwachs bei den durch die Patienten eingereichten Kosten: Diese lagen 2023 bei der Augenheilkunde um 101 Prozent über jenen aus dem Jahr 2017. Bei Dermatologen verzeichnete man einen Anstieg um 114 Prozent und bei Kinderpsychiatern und -psychiaterinnen um 165 Prozent.
Für die SPÖ belegen diese Zahlen, dass das Gesundheitssystem „an einem Kipppunkt“ stehe und die Zwei-Klassen-Medizin ein dramatisches Ausmaß erreicht habe. „Unser Gesundheitssystem wird immer schlechter, statt besser. Die nächste Wahl wird eine Richtungsentscheidung“, sagte SPÖ-Klubobmann Kucher in einem schriftlichen Statement zur APA. „Wenn die SPÖ in Regierungsverantwortung kommt, werden wir das öffentliche Gesundheitssystem wieder stärken. Wenn nicht, droht es endgültig zu kippen.“
Die SPÖ forderte daher einmal mehr die Realisierung der von der Schwarz-Blauen Regierung versprochenen „Patientenmilliarde“, außerdem brauche es einen österreichweiten Gesamtvertrag für Ärzte und Ärztinnen, den Ausbau des Leistungsangebots und eine Leistungsharmonisierung. Um den Mangel an Ärzten und Ärztinnen auch mittelfristig zu bekämpfen, bedürfe es einer Verdoppelung der Medizinstudienplätze samt Vorreihung jener, die sich bereit erklären, dem öffentlichen Gesundheitssystem für eine gewisse Dauer zur Verfügung zu stehen, wiederholte die SPÖ eine bekannte Forderung. Auch brauche es eine „echte Pflegeoffensive“.
SVS: „Nur bedingt vergleichbar“
Kritik kam auch seitens der FPÖ. „Seit Jahren warnen wir Freiheitliche vor einer solchen Entwicklung, ist doch die ‚Kassenpraxis‘ wenig attraktiv und finanziell meist in den ersten Jahren ein komplettes Fiasko“, so Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak in einer Aussendung. Die FPÖ fordert „finanzielle Fairness gegenüber allen Mitarbeitern im Gesundheitswesen, eine Entbürokratisierung und Kompetenzerweiterung in den Berufsfeldern des Gesundheitswesens, die Weiterbeschäftigung älterer Kassenärzte und Erweiterung der Ausbildung, ein bundesweit einheitliches Stipendiensystem bei der beruflichen Ausbildung, sowie die Einbindung der Wahlärzte ins Kassensystem und Aufhebung des Doppelbeschäftigungsverbotes“.
„Die SVS zeigt mit ihrem Gesamtvertrag einen zukunftsweisenden Weg für das Kassenarzt-System“, so Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) und Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, unterdessen laut Aussendung und verweist auf die Vergleichbarkeit. „Ein Wahlarzt hat zuweilen Ordinationszeiten in einem Ausmaß von wenigen Wochenstunden, ein Kassenarzt unterliegt hier ganz anderen Vorgaben. Daher ist die Zahl der Wahlarztordinationen nur bedingt mit jener der Kassenarzt-Ordinationen vergleichbar“, so Lehner. Wahlärzte würden ergänzend zum Kassensystem einen „wertvollen Beitrag für die Versorgung leisten“.
(APA/red.)