Der Wiener Koordinator für Sucht-, Psychiatrie- und Drogenfragen, Ewald Lochner, hat sich erneut gegen eine Bewerbung von alkoholischen Getränken ausgesprochen. „Das sollten wir tunlichst unterlassen“, sagte Lochner bei einem Medientermin anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Behandlungsangebots „Alkohol. Leben können.“. Es liege „auf der Hand, dass das ein Problem ist“, so Lochner. „Wir wären alle dazu aufgerufen, hier andere Maßnahmen zu setzen.“
Der Experte verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Österreich im internationalen Vergleich nach wie vor bei Alkohol ein Hochkonsumland sei. Auch bewertete Lochner eine Heraufsetzung des Alterslimits auf 18 Jahre für den Kauf von Alkohol zusammen mit weiteren Maßnahmen als „sehr sinnvoll“. Die Frage sei lediglich, wie schnell eine solche Gesetzesänderung umsetzbar sei.
In Österreich gelten rund fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung als alkoholkrank, weitere 14 Prozent seien suchtgefährdet, sagten Lochner und Regina Walter-Philipp, Ärztliche Leiterin der Suchthilfe Wien. In der Bundeshauptstadt seien rund 100.000 Personen alkoholkrank, weitere 280.000 hätten ein problematisches Konsumverhalten. „Die Dunkelziffer dürfte jedoch größer sein“, so Lochner.
Vor allem in den vergangenen Jahren der Corona-Pandemie sei der Alkoholkonsum signifikant angestiegen und der Betreuungsbedarf bei Suchterkrankungen habe sich erhöht. Behandlungsangebote hätten gerade vor diesem Hintergrund noch an Bedeutung gewonnen – auch weil Alkohol ein Zellgift sei, wie Walter-Philipp ausführte: „Es gibt keine gesunde Menge an Alkohol.“ Die Expertin verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass eine frühe Behandlung darum entscheidend sei. Mit Angeboten basierend auf individueller Behandlungsplanung und einer breiten Palette an Unterstützungsangeboten wie „Alkohol. Leben können.“ sei in Wien „eine frühe Anbindung an das Gesundheitssystem“ gelungen, betonte Walter-Philipp.
In Wien sind in den vergangenen zehn Jahren mehr als 13.600 Personen im Alter zwischen 18 und 88 im Rahmen von des Programms beraten, versorgt und behandelt worden. „Durch den Fokus auf ambulante Betreuung lässt sich das Programm sehr gut mit dem Berufs- und Familienleben vereinbaren. Daher können Patientinnen und Patienten leichter in Erwerbstätigkeit und Erwerbsfähigkeit gebracht werden. Und das alles im Normalfall für sie kostenlos“, so Martin Heimhilcher, Vorsitzender des Landesstellenausschusses der ÖGK in Wien.
Unter dem Dach des von „Alkohol. Leben können“ erfolgt in Wien die individuelle und möglichst niederschwellige Behandlung und Betreuung von alkoholkranken Menschen. In das Konzept unter einem Dach eingebunden sind Sozialarbeiter, Psychotherapeuten, Psychologen, Ärzte sowie alle wesentlichen Trägerorganisationen wie die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die Wiener Drogenkoordination, die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und viele weitere Stellen.
(APA/red.)