Frauen mit Epilepsie haben ein deutlich höheres Sterberisiko während der Schwangerschaft. Das trifft auch auf ihre Neugeborenen zu. Eine intensive Betreuung an einem spezialisierten Zentrum ist deshalb notwendig. Das ist das Ergebnis einer großen Studie mit der Analyse der Daten von 4,5 Millionen Schwangerschaften in fünf skandinavischen Ländern.
„Frauen mit Epilepsie sollten an Kliniken mit spezieller Expertise in Betreuung sein, welche die Behandlung noch vor einer Schwangerschaft optimieren können. Dann sollten sie ganz speziell während und nach der Schwangerschaft beobachtet werden. 96 Prozent aller Frauen mit Epilepsie haben laut unserer Studie eine völlig unkomplizierte Schwangerschaft mit einem ganz normalen Ende. Ich möchte nicht, dass Frauen dadurch in ihrem Kinderwunsch beeinträchtigt werden“, sagte Neda Razaz von der Abteilung für Klinische Epidemiologie von der Karolinska Universitätsklinik in Stockholm anlässlich der Publikation ihrer Studie vor wenigen Tagen.
Die wissenschaftliche Arbeit in JAMA Neurology zeigt jedenfalls, wie wichtig eine intensive Betreuung von Frauen mit dem Anfallsleiden und Kinderwunsch ist. Zwar war schon bisher bekannt, dass eine Epilepsie für Schwangere und die Neugeborenen ein Risiko bedeutet, doch wie hoch es wirklich ist, blieb bis zu der neuen Studie unbekannt. Der Grund dafür: Klinische Untersuchungen mit Auswahl von Probanden per Zufallsprinzip sind aus ethischen Gründen in dieser Frage nicht möglich.
Die Forscher führten deshalb ein Registerstudie durch. Dafür sind aber sehr große Datenmengen notwendig, wenn es um Belege für seltene Ereignisse geht. Die Autoren fassten deshalb die Informationen aus medizinischen Registern zu Schwangerschaften und Geburten in Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und Island zwischen 1. Jänner 1996 und 31. Dezember 2017 zusammen. Die Analyse erfolgte zwischen August 2022 und November vergangenen Jahres. Sie umfasste 4,511.267 Schwangerschaften. 35.283 der jungen Mütter hatten eine diagnostizierte Epilepsie. Ausgewertet wurden die Daten primär nach Krankheit und Sterblichkeit während der Schwangerschaft bis 42 Tage nach der Entbindung sowie bezüglich Totgeburten und schweren Erkrankungen bzw. Mortalität der Babys während der ersten Lebenswochen.
Neda Razaz: „Das Hauptergebnis liegt darin, dass Frauen mit Epilepsie während der Schwangerschaft ein viermal höheres Sterberisiko haben. In den ersten 42 Tagen nach der Entbindung sterben Babys von Frauen mit Epilepsie um 50 Prozent häufiger oder erkranken schwer.“ Obwohl der Unterschied im relativ höheren Risiko (Schwangere bzw. junge Mütter mit oder ohne Epilepsie) groß erscheine, seien die absoluten Zahlen klein. Ein vierfach höhere Gefährdung bedeute einen Anstieg von fünf Todesfällen pro 100.000 Schwangerschaften auf 23 Todesfälle je 100.000.
Die Gefährdung der Schwangeren mit der neurologischen Erkrankung zeigte sich besonders bei jenen, welche Antiepileptika einnahmen. Aber das dürfte ausschließlich darauf zurückzuführen sein, dass sie eben an einer schwereren Form von Epilepsie litten und auf die Medikamente angewiesen waren. „Für viele Frauen mit Epilepsie ist das Absetzen der Medikamente im Falle einer Schwangerschaft keine mögliche Option“, erklärte die Studienautorin. Eben deshalb sei eine Betreuung von Spezialisten unbedingt notwendig.
(APA/red.)