Der neue Innsbrucker Klinikdirektor für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie, Stefan Schneeberger, sieht die Chirurgie an einem Wendepunkt. Dies sei vor allem Behandlungsfortschritten bei Krebsbehandlungen geschuldet, sagte er bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Zudem sieht der Transplantations-Experte große Chancen in der Untersuchung von Organen außerhalb des Körpers und einen nächsten Schritt in einer „Organbank“.
Während es früher bei Tumoren nur eine Behandlungsmethode gegeben habe, gibt es heute eine „sehr viel größere Auswahlmöglichkeit“, berichtete Schneeberger zum aktuellen Stand. Mittlerweile würde Krebs durch den Einsatz von Immuntherapien oft zu einer „langfristigen Erkrankung“ , die auch heilbar sei. Derzeit sei ein gemeinsames Projekt mit dem Immuntherapie-Unternehmen Vira Therapeutics am Laufen, das auf die Krebsbehandlung mit onkolytischen Viren spezialisiert ist. Dabei soll Tumorgewebe entfernt und dann außerhalb des Körpers getestet werden, ob die onkolytischen Viren gegen die vorliegende Krebserkrankung eingesetzt werden können. Bei Erfolg könne die Therapie dann am Patienten direkt angewendet werden. Dies sei noch „Zukunftsmusik“, von der man sich aber viel erhoffe, hieß es.
Trotzdem ist die chirurgische Entfernung des Tumors oft die einzige Möglichkeit. Von jährlich 7.890 operativen Eingriffen werden über 700 davon im Bereich der Onkologie vorgenommen. Wesentlich ist für Schneeberger – auch bei der Behandlung von Krebspatientinnen und Patienten – die fächerübergreifende Zusammenarbeit. „Die Interdisziplinarität muss auch gelebt werden“, gab er als Devise aus.
Untersuchung außerhalb des Körpers
Schneeberger war bisher Leiter der Transplantationschirurgie und Hepatobiliären Chirurgie. In der Vergangenheit konnte der 49-Jährige, der auch in den USA gearbeitet hatte, Erfolge bei der Untersuchung von Lebern außerhalb des Körpers aufweisen, mittlerweile sei dies sogar für mehrere Tage möglich. Künftig wolle er so auch die anderen Organe untersuchen. Durch diese Vorgangsweise könne man „in die Organe hineinschauen“ und etwa „erkennen, was der Tumor im Organ macht“. „Der nächste Sprung wäre eine Organbank“, blickte er in die Zukunft. Als wenig erfolgversprechend haben sich dagegen Organe aus dem 3D-Drucker erwiesen, berichtete er. Zellen müssen nämlich „miteinander wachsen und entstehen“, erklärte der Tiroler.
Als Klinikdirektor habe er allerdings auch mit dem Dauerbrenner „Ressourcenknappheit“ zu tun. Die größte Herausforderung sei die personelle Situation bei der Pflege, die Ärzteschaft sei dagegen gut ausgestattet. „Es ist ein bisschen Fahren auf Sicht“, meinte Schneeberger. „Das größte Übel sind die Verschiebungen von Operationen“, dies betreffe momentan 15 Prozent der Fälle. Man müsse nämlich die Akutversorgung und onkologische Eingriffe gewährleisten, hielt er fest.
Der Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck, Wolfgang Fleischhacker, streute Schneeberger jedenfalls Rosen und bezeichnete ihn als „ambitionierten Mediziner und Forscher“. „Ich bin sehr froh, dass er den Ruf an unsere Universität einem an die Medizin Uni Wien vorgezogen hat“. Alois Obwegeser, Ärztlicher Direktor der Innsbrucker Klinik, lobte Schneeberger als „treibenden Motor der Transplantationschirurgie“, nun könne er die künftige Entwicklung der gesamten Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie neugestalten.
(APA/red.)