Das sogenannte Peer Counseling, also die Beratung von Betroffenen durch andere Betroffene, ist eines der zentralen Anliegen der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e. V. (FGQ). Gerade in den ersten Monaten nach Eintritt einer Querschnittlähmung fehlt den Betroffenen und ihren Angehörigen meist eine Perspektive, wie es weitergehen soll. Hier setzt die Hilfe der FGQ an. Denn erfahrene Querschnittgelähmte können glaubhaft aufzeigen, dass es sehr wohl ein gutes Leben und eine Zukunft mit einer Querschnittlähmung gibt.
Rund 150 ehrenamtliche Peers der FGQ engagieren sich bundesweit für eine solche direkte Hilfe für Querschnittgelähmte: Wobei die Ursachen der Querschnittlähmung sich im Zuge der Demografie erheblich verschoben haben. „Früher war es häufig der klassische Motorradunfall junger Männer, der zu einer lebenslangen Schädigung des Rückenmarks führte, heute sind die Ursachen der Querschnittlähmung zu über 50 Prozent krankheitsbedingt“, fasst Kevin Schultes, ehrenamtlicher Vorstand der FGQ zusammen. „Neben ins Rückenmark metastasierenden Tumoren sind dies Entzündungen im Rückenmark, Rückenmarkinfarkte, Bandscheibenvorfälle sowie degenerative Erkrankungen, die vor allem im Alter zu einer Querschnittlähmung führen. Entsprechend ändern sich auch die Aufgabenstellungen unseres Vereins.“ Der 53-Jährige, selbst seit 26 Jahren Paraplegiker, ist als Unternehmensberater in der Medizintechnik tätig, und kennt daher die Branche, aber auch die Nutzenden.
140,000 Betroffene in Deutschland
„Etwa 2.500 neue Querschnittgelähmte im Jahr werden in den spezialisierten Zentren behandelt, insgesamt sprechen wir von fast 140.000 Menschen mit Querschnittlähmung in Deutschland.“ Für diese große Gruppe Betroffener wurde vor 40 Jahren von engagierten Paraplegikern und Mitarbeitern der Querschnittgelähmtenzentren ein Verein gegründet, der fachliche Expertise und Betroffenen-Selbsthilfe vereinte. Die Fördergemeinschaft war auch von Anfang an bei der REHAB dabei und hat ihren festen Platz auf der Messe: Dabei geht es darum, Informationen weiterzuleiten, sich mit Hilfsmittelherstellern, Therapeuten, Ärzten zu vernetzen, aber vor allem um den Austausch der Betroffenen und deren Angehörigen … Inzwischen ist die FGQ mit hauptamtlicher Geschäftsführung – auch Dank der Unterstützung der Manfred-Sauer-Stiftung – professionell aufgestellt, um die Aufgaben für ihre 4000 Mitglieder zu bewältigen.
Beim „REHAB Peer Event“ der Fördergemeinschaft am Samstag, 25. Juni 2022 werden etwa 30 Peers aus der weiteren Umgebung von Karlsruhe erwartet. Hier wird gefachsimpelt und sich ausgetauscht. Auch die ehrenamtlichen Peer Beratenden durchlaufen eine umfangreiche Aus- und Fortbildung, dazu hat die FGQ eigens einen Peer Koordinator eingestellt. In mehreren Wochenend-Kursen werden die angehenden Peers geschult, in ihrer eigenen „Bewältigung“ der Querschnittlähmung begleitet, sie erlernen viele Grundlagen des Sozialrechts, um bei Hilfsmittelversorgung, Wohnraumanpassung, Arbeitsintegration ihre Klientinnen und Klienten mit frischer Querschnittlähmung zu unterstützen.
Dabei waren es früher vor allem „prominente“ Parasportler, oder anderweitig „berühmte“ Menschen mit Querschnittlähmung, die als „Peer-Vorbild“ gesehen wurden, inzwischen sind es Frauen und Männer, die in ganz „normalen“ Familien, Berufen und Konstellationen leben, so ist die Beratung auf Augenhöhe am besten und glaubwürdigsten möglich. „Natürlich ist ein weltbekannter Rollstuhlskater wie David Lebuser, der uns als Peer unterstützt, ein attraktives „Role Model“ für junge Betroffene, aber den Familienvater oder die Seniorin erreichen wir eher mit Peer Beratern aus ihrer Altersgruppe und mit vergleichbaren Lebensumständen“, fasst Kevin Schultes die Arbeitsergebnisse aus 40 Jahren FGQ zusammen.
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