Leukämie-Behandlung bei Kindern 2022: wo wir stehen und was es braucht

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) ist die häufigste Krebsart bei Kindern und die Heilungschancen sind generell sehr gut. Wird die Erkrankung jedoch als Hochrisiko-ALL eingestuft und eine Stammzelltransplantation notwendig, so ist eine Ganzkörperbestrahlung immer noch die Therapie der Wahl als Vorbereitung vor der Transplantation. Zu diesem Ergebnis kam die FORUM-Studie, die in 35 Ländern auf fünf Kontinenten durchgeführt wurde (Peters et al., Journal of Clinical Oncology 2020).

„Es handelt sich um die bisher größte Studie zu diesem Thema. Als wir die Ergebnisse im bekannten Journal of Clinical Oncology veröffentlicht hatten, lud Frontiers uns – das internationale Transplantationskonsortium für ALL – ein, eine ganze Sammlung an Übersichtsarbeiten zur ALL bei Kindern herauszugeben“, berichtet Christina Peters, affiliierte Klinikerin an der St. Anna Kinderkrebsforschung und Oberärztin am St. Anna Kinderspital. Als HerausgeberInnen dieses „Research Topic“ fungieren neben Christina Peters, auch Assoc.-Prof. Dr. Adriana Balduzzi (University of Milano Bicocca, Italien) und Prof. Dr. Peter Bader (Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland).

Leben um den Preis von Langzeitfolgen?

Obwohl die Bestrahlung und Stammzelltransplantation von gesunden Spendern lebensrettend sein können, sind es Langzeitnebenwirkungen, die manchmal die Lebensqualität der Kinder und jungen Erwachsenen massiv beeinträchtigen. Dazu zählen Organschäden, Wachstumsverzögerung und die Entstehung weiterer Krebserkrankungen im Lauf des Lebens. Daher waren die erwähnten Arbeiten dringend notwendig, um aktuelle und zuvor veröffentlichte Ergebnisse übersichtlich darzustellen sowie Lösungsansätze zu diskutieren.

„Eine der brennendsten Fragen für mich ist, ob wir in der Ära moderner Immuntherapien wirklich noch eine Stammzelltransplantation brauchen“, erklärt Christina Peters. Ersatzweise kämen in Zukunft CAR-T-Zell- oder auch Antikörpertherapien in Frage, die Leukämiezellen direkt bekämpfen, führt die Forscherin weiter aus, was auch in drei der genannten Übersichtsarbeiten thematisiert wird. DDr. Jochen Büchner und Kolleg:innen beschäftigen sich etwa mit der Frage, ob und wann eine CAR-T-Zelltherapie als Überbrückung der Zeit bis zur Transplantation in Betracht käme und unter welchen Bedingungen sie als Ersatz einer Transplantation denkbar wäre. Assoc.-Prof. Dr. Tony H. Truong und KollegInnen diskutieren in ihrer Arbeit, welche Kinder überhaupt eine Stammzelltransplantation bekommen sollten. Natürlich solle die Transplantation nur für jene PatientInnen in Frage kommen, die mit ‚milderen‘ Therapien keine realistische Überlebenschance hätten. Aber gerade diese Grenzen verschieben sich derzeit.

Über 59.000 Aufrufe

Die meisten Aufrufe in dieser Online-Sammlung hatte bisher der Artikel von DDr. Bianca A. W. Hoeben und KollegInnen, der sich mit neuen Methoden der Ganzkörperbestrahlung befasst. „Insgesamt haben wir mittlerweile über 59.000 Aufrufe unserer Artikel. Es scheint demnach viele Menschen zu beschäftigen, ob und wie wir die Transplantationsmethoden verbessern können, um Nebenwirkungen zu reduzieren“, so Christina Peters. Beispielsweise haben verschiedene Bestrahlungszentren unterschiedliche Methoden entwickelt, um eine geringere Strahlendosis in bestimmten Organen zu erreichen. Die Grenzen solcher Techniken liegen darin, dass eine ausreichende Strahlendosis notwendig ist, um die Leukämie zu bekämpfen und das eigene Immunsystem stillzulegen, damit die transplantierten Zellen nicht abgestoßen werden.

Neben den genannten Langzeitfolgen von Bestrahlung und Transplantation, spielen auch akute Nebenwirkungen der Transplantation eine große Rolle, wie etwa Infektionen in der Zeit, in der sich das Immunsystem erst wieder aufbauen muss (Olga Zajac-Spychala et al.), oder Komplikationen, weil die Spenderzellen gesundes Gewebe der PatientInnen angreifen. Mit der Vorbeugung und Behandlung der sogenannten Graft-Versus-Host-Erkrankung beschäftigen sich sechs der Artikel in diesem Forschungsthema (Steven J. Keogh et al., Anita Lawitschka et al., Jacob Rozmus et al., Agnieszka Sobkowiak-Sobierajska et al., Matthias Wölfl et al., Natalia Zubarovskaya et al.).

„Die Veröffentlichung dieses Forschungsthemas ist ein riesiger Erfolg für die St. Anna Kinderkrebsforschung. Gemeinsam mit den wertvollen Beiträgen einer Reihe von KlinikerInnen des St. Anna Kinderspitals haben wir brandaktuelle und klinisch relevante Manuskripte publiziert, die für die Behandlung von Kindern mit Hochrisiko-ALL von größter Bedeutung sind“, so Christina Peters.

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