Die Pechsträhne für Merck in der Arzneimittelforschung nimmt kein Ende. Bei der Entwicklung eines neuen Krebsmedikaments muss der deutsche Pharma- und Technologiekonzern erneut einen herben Rückschlag verkraften. Merck teilte Montagabend mit, dass sein Krebsmittel Xevinapant in einer entscheidenden klinischen Studie der Phase-3 das primäre Ziel der Untersuchung voraussichtlich nicht erreichen wird.
Die Studie wird deshalb nicht fortgesetzt, ebenso wie eine weitere Phase-3-Studie mit dem Mittel. Die Aktien fielen daraufhin am Dienstag im Leitindex Dax um mehr als zehn Prozent auf 149,35 Euro.
Xevinapant zählte zuletzt zu den größten Hoffnungsträgern in der Pharmapipeline von Merck, Vorstandschefin Belen Garijo traute ihm Milliardenumsätze zu. Es ist gegenwärtig neben dem Krebsmittel Pimicotinib der einzige Wirkstoff, der im späten Stadium der Entwicklung steht. Die restliche Pipeline befindet sich noch in einem frühen bis mittleren Stadium und ist damit noch weit von einer möglichen Marktzulassung entfernt.
Bei der Entwicklung neuer Medikamente musste der Konzern in den vergangenen Jahren einige Rückschläge hinnehmen – zuletzt bei dem Mutiple-Sklerose-Mittel Evobrutinib, das im Dezember in der entscheidenden Phase-3-Studie floppte. Diesem Mittel hatte Garijo ebenfalls Umsätze in Milliardenhöhe zugetraut. Die Pharma-Pipeline will sie nun vor allem mit Einlizenzierungen und ergänzenden Zukäufen stärken.
Xevinapant wurde in der Phase-3-Studie in Kombination mit einer Radiochemotherapie an Patienten mit fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren erprobt. Doch eine Zwischenanalyse der Studie ergab, dass das primäre Ziel einer Verlängerung des ereignisfreien Überlebens der Patienten wohl nicht erreicht wird. Merck betonte, dass es sich um eine schwierig zu behandelnde Tumorart handelt, bei der die Radiochemotherapie seit Jahrzehnten die Standardbehandlung ist.
Längere Durststrecke
„Auch wenn wir über diese Ergebnisse enttäuscht sind, halten wir unbeirrt an unserem Anspruch fest, innerhalb unseres Onkologieportfolios bahnbrechende Arzneimittel für Krankheitsgebiete mit hohem ungedecktem Bedarf zu entwickeln“, sagte Danny Bar-Zohar, Leiter Forschung und Entwicklung im Pharmageschäft. Merck beschloss angesichts der Daten allerdings, auch eine weitere Phase-3-Studie mit Xevinapant in Kombination mit Strahlentherapie bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren zu beenden.
Für den Konzern ist es ein erneuter Tiefpunkt im Pharmageschäft, in dem Merck eine längere Durststrecke hinter sich hat. 2017 konnte das Unternehmen mit der Krebsimmuntherapie Bavencio erstmals seit neun Jahren wieder ein neues Medikament auf den Markt bringen. Insgesamt schafften es in den vergangenen 15 Jahren nur drei Merck-Medikamente bis zur Zulassung – neben Bavencio noch das Multiple-Sklerose-Mittel Mavenclad, ebenfalls 2017, sowie das Krebsmittel Tepmetko 2020.
(APA/ag/red.)