Das Europäische Parlament hat seine Position zum EU-Pharma-Gesetzespaket beschlossen. Noch ist das Paket allerdings nicht besiegelt. Dies wird voraussichtlich erst im Herbst 2025 geschehen. Die Änderungen zum bestehenden Pharma-Gesetzespaket zielen unter anderem auf die Schutzfristen für Daten in der Medikamentenentwicklung ab und auf Anreize für forschende pharmazeutische Unternehmen, damit diese ihre Forschungsaktivitäten erhöhen.
„In Summe ist es ein Gesetzespaket, das in einzelnen Teilen in die richtige Richtung geht, das aber gleichzeitig auch die Gefahr birgt, die Wettbewerbsfähigkeit Europas als Forschungsstandort zu gefährden“, so Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, dem Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs.
Die Reform der EU-Pharma-Gesetzgebung soll den Zugang zu Arzneimitteln fairer gestalten, die Medikamentenversorgung sicherer und Europa wettbewerbsfähiger machen. Dafür hat die Kommission im Zuge der Überarbeitung Änderungen an den bisher geltenden Fristen für den Schutz von Forschungsdaten vorgenommen. Ebenso wurden Anreize für die Entwicklung neuer Therapien überarbeitet bzw. neu entwickelt. Nicht zuletzt gibt es auch Neuerungen bei bestimmten Definitionen.
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Die Länge der Datenschutzfristen war in den letzten Monaten ein heiß diskutiertes Thema. Sie zu kürzen, sollte es in der Folge ermöglichen, dass Nachbauten von Originalpräparaten (Generika) früher auf den Markt gebracht werden können. „Das ist zwar einerseits nachvollziehbar, aber konterkariert gleichzeitig das von der Kommission explizit verfolgte Ziel, forschende Unternehmen zu ermuntern, Arzneimittel verstärkt in Europa zu entwickeln“, so Herzog.
In der Letztfassung hat sich das Europäische Parlament nun für eine Verringerung des gesetzlichen Datenschutzes um sechs Monate ausgesprochen. Dazu Herzog: „Das ist zwar eine Verbesserung im Vergleich zum Vorschlag der Europäischen Kommission, lässt aber trotzdem befürchten, dass Investitionen in Forschungsprojekte in Europa dadurch zurückgehen werden.“ Denn wie lange neu entwickelte Produkte, ob Medikamente oder andere Innovationen, vor der Konkurrenz geschützt sind, ist ein wichtiges Kriterium dafür, ob man in risikoreiche Projekte investiert oder nicht. „Zudem gelangt Europa im Vergleich zu den USA und China jetzt schon immer mehr ins Hintertreffen, was die Erforschung und die schnelle Verfügbarkeit innovativer Therapien betrifft. Dabei trägt dieser Industriezweig mehr zur Handelsbilanz der EU bei als jeder andere Sektor“, sagt Herzog.
Ein wesentlicher Streitpunkt sind weiters die Anreize für mehr Forschung, um Versorgungslücken in jenen Bereichen zu schließen, wo es bislang noch keine oder nur unzureichende Therapien gibt. „Erfreulich ist, dass es hier eine zusätzliche Schutzfrist geben soll. Gleichzeitig aber werden wiederum andere Rahmenbedingungen so eng gesetzt, dass dies letztlich zu einer massiven Bedrohung für die Patientinnen und Patienten werden kann“, warnt Herzog.
Lieferengpässe
Kritisch werden aber auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Medikamentenengpässen gesehen, die im Gesetzespaket festgeschrieben werden und wo fraglich ist, wie sinnvoll und praktikabel diese sind. So ist beispielsweise vorgesehen, die Meldeverpflichtung für pharmazeutische Unternehmen von zwei auf sechs Monate im Voraus auszuweiten, sollten Lieferschwierigkeiten absehbar sein. Dazu Herzog: „Probleme können unerwartet in der Produktion, genauso aber auch entlang der Lieferkette auftauchen. Das macht es generell schwierig, Lieferengpässe vorherzusagen, schon gar ein halbes Jahr im Voraus.“
Neben diesen Inhalten sieht das Gesetzespaket auch Änderungen bei den Arzneimittelpackungen oder auch Maßnahmen zur Verringerung schädlicher Auswirkungen von Medikamenten bzw. deren Herstellung auf die Umwelt vor.
„Das gesamte Paket ist noch lange nicht ausgegoren. Bisher gab es hier schon zahlreiche Diskussionen und Beratungen und es werden hoffentlich noch viele folgen, damit am Ende des Tages wirklich beides erreicht wird, nämlich die Verbesserung in der Medikamentenversorgung als auch die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas“, bleibt Herzog zuversichtlich.
Über die PHARMIG: Die PHARMIG ist die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie. Derzeit hat der Verband ca. 120 Mitglieder (Stand April 2024), die den Medikamenten-Markt zu gut 95 Prozent abdecken. Die PHARMIG und ihre Mitgliedsfirmen stehen für eine bestmögliche Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln im Gesundheitswesen und sichern durch Qualität und Innovation den gesellschaftlichen und medizinischen Fortschritt.
(APA/OTS/red.)